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Bands im musikalischen Wandel – Themenreihe „Core-Relations“ (Teil 3)

Es ist Erntezeit im musikalischen Bäumchen-wechsle-Dich-Land.

VON AM 06/05/2020

Hallo und herzlich willkommen zum vorerst letzten Teil der Themenreihe “Core-Relations”. Bisher haben wir in Teil 1 und Teil 2 die musikalischen Entwicklungen von unter anderem Emarosa, Bring Me The Horizon oder Parkway Drive beleuchtet und damit für den ein oder anderen sicher auch ein paar überraschende Infos und Klänge präsentiert.

MoreCore Themenreihe „Core-Relations“ (Teil 3)

Heute schließen wir mit dem dritten Kapitel, in dem wir uns den folgenden Künstlern und ihrer stilistischen Reise widmen: Panic! At The Disco, A.F.I., Linkin Park, Opeth und Thrice.

Core-Relations Analyse: Panic! At The Disco

2004 von vier Freunden aus Kindheitstagen als reine Blink-182 Coverband gegründet begannen Panic! At The Disco ursprünglich mal mit emo-esquen Pop-Punk bzw. Pop Rock-Songs auf ihrem 2005er Album “A Fever You Can’t Sweat Out”, das mittlerweile dreifachen Platin-Status in Amerika besitzt. Die Band um Frontmann Brendon Urie hatte jedoch neben prägnanten Beatstrukturen des HipHops schon immer einen Hang zu Instrumenten der klassischen Musik. So zeichnet sich beispielsweise die in den USA fünffach mit Platin dekorierte Single “I Write Sins, Not Tragedies” durch sein markantes Cello-Motiv aus.

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Nach und nach schieden immer mehr Gründungsmitglieder aus der Band aus, als letzter dann Drummer Spencer Smith Anfang 2015. Nachdem dann auch der 2010 als festes Bandmitglied verkündete Bassist Dallon Weekes zugunsten seiner Band “I Don’t Know How But They Found Me” Panic! At The Disco verließ, war Sänger Brendon Urie das letzte verbliebene Mitglied der “Band”.

Das 2015er Album “Death Of A Bachelor”, bei dem auch Weezer-Frontmann Rivers Cuomo mitwirkte war anschließend das erste Werk, bei dem Urie neben seinem Gesang nahezu alle klassischen Instrumente einer Rockband selbst übernahm (Gitarre, Bass, Keyboard, Drums), begleitet von einer Armada an Gastmusikern an solch illustren Instrumenten wie diversen Saxophon-Arten, Posaunen und Trompeten.

Diese Mischung schlug sich in Songs wie dem Big Band-artigen Titelsong oder auch “Crazy = Genius” wider, der deutliche Anleihen von Rock ‘n Roll-Orchesterkompositionen im Stil von Brian Setzer aufwies. Auf dem 2018er “Pray For The Wicked” perfektionierte Urie, der bekennender Frank Sinatra-Fan ist, dann mit unzähligen Songwritern (darunter R&B-Größen der 50er Jahre) den Sound des Vorgängeralbums und brachte mit “(Fuck A) Silver Lining” oder “High Hopes” perfekt durchkomponierte Songs, die allgemein unter die Kategorie “Barock Rock” fallen und sich durch Einflüsse aus Jazz, klassischer Musik und typischen Rock-Strukturen auszeichnen.

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Core-Relations Analyse: A.F.I.

Als A.F.I. 1991 anfingen Musik zu machen, waren sie eine reine Hardcore Punk-Band (ungleich zu dem, was gemeinhin heute unter Hardcore Punk verstanden wird) mit Ausflügen ins Horror Punk-Genre. Hier wurden am Schlagzeug in bester Skatepunk-Manier Sechszehntel um Sechszehntel weggeprügelt, Powerchords durchgeschrammelt und auch der Gesang war deutlich aufgeregter und von hektischen Stakkato-Rhythmen geprägt. A.F.I. waren roh, schnell, laut und hart.

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Mit dem 2000er Album “The Art Of Drowning”, das überraschend 100.000 Mal verkauft wurde fanden sich Sänger Davey Havok & Co. erstmals in ruhigeren, melancholischeren Welten wieder und schrieben mit “6 to 8” oder “Morningstar” echte Emo-Hits. “The Days Of The Phoenix” war hier die vielleicht populärste Nummer, die neben Airplay im Radio und TV auch in den britischen Singlecharts landete.

Nach und nach fanden immer mehr Elemente aus dem Post-HC, Industrial, New Wave und Alternative Rock Einzug in den Sound der Band, was u. a. auch auf der Vorliebe von Davey Havok für Bands wie The Cure, Joy Division oder Danzig basieren mag. Irgendwie haben es A.F.I. aber immer geschafft, ihren Punkrock-Charakter über den Wandel hinaus zu retten, vielleicht auch durch die prägnante Stimme des Sängers der Band.

Jener setzte seine extremeren Ideen dann auch eher außerhalb der Band in Projekten wie der Synth Pop Band Blaqk Audio, der Hardcore Punk Band XTRMST und der New Wave Band Dreamcar fort.

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Core-Relations Analyse: Linkin Park

Die Rock-Charts der frühen 2000er waren geprägt durch den Alternative Metal- und Nu Metal-Sound von Bands wie Chevelle, Drowning Pool, Limp Bizkit, System Of A Down, Deftones, Papa Roach, oder Evanescence. Zu diesem Zeitpunkt veröffentlichten Linkin Park ihr mittlerweile in den USA mit 11-fach Platin ausgezeichnetes Album “Hybrid Theory” und damit auch die erste und bahnbrechende Single “One Step Closer”.

Auch die darauf folgenden Singles wie z. B. “Crawling” und “In The End” verfolgten die Mischung aus groovigen Gitarrenriffs, DJ-Samples, Rap-Vocals und cleanen Gesangsparts.

Und auch das Nachfolger-Album “Meteora” bot mit den Singles “Somewhere I Belong” oder “Faint” weiterhin Material nach diesem Erfolgsrezept. Das stark auf elektronische Elemente aufgebaute “Breaking The Habit” leitete den Fokus dann jedoch sehr deutlich auf Chester Benningtons cleane Gesangsstimme und kann vielleicht als Vorbote für die musikalische Entwicklung der Band verstanden werden.

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Rapper Mike Shinoda, der Mitte der 2000er parallel mit Fort Minor seinen eigenen musikalischen Weg beschritt, rückte als Rapper bei Linkin Park zunehmend in den Hintergrund und übernahm vermehrt Keyboard- und Gitarrenparts. Mit Songs wie “Leave Out All The Rest” vom 2007er “Minutes To Midnight” schufen Linkin Park einen lupenreinen Rocksong und das hymnenartige “Shadow Of The Day” erinnerte teilweise an The Cure.

2012 kollaborierte die Band gar mit dem EDM-Produzenten Steve Aoki und nahm die Dubstep-beeinflusste Nummer “A Light That Never Comes” auf. 2017 veröffentlichte die Band dann ihr bisher letztes Album “One More Light”, bevor Chester Bennington am 20. Juli desselben Jahres verstarb.

Mit der daraus stammenden Single “Heavy”, zu der die Pop-Musikerin Kiiara die weibliche Gaststimme beisteuerte, interpretierten Linkin Park softe Pop Musik-Sounds, die stellenweise an Coldplay und durch ihre elektronischen Drums und Synthies an Owl City erinnerten.

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Core-Relations Analyse: Opeth

Die 1989 in Schweden gegründeten Opeth waren schon immer eher die Sonderlinge in ihrem grundlegenden Genre. Als eher dem Death und teilweise Black Metal zugeordnete Band griffen sie in ihren überlangen Songs auf Elemente des Progressive Metal, Folk, Blues, der Klassik und auch des Jazz zurück. Dabei kam als Instrument nicht selten das Mellotron zum Einsatz, das eher von Bands der Popularmusik wie den Beatles, Genesis oder OMD genutzt wurde.

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2016 veröffentlichen Opeth mit “SORCERESS” ein 70er lastiges fuzzy Rockalbum, das mit perfektem Akustikgitarrenspiel brillierte, mit orientalischen Harmonien akzentuierte, Hard und Progressive Rock-Elemente nutzte und mich positiv gemeint teilweise an das Konzeptalbum “A Change Of Seasons” von Dream Theater erinnerte. Mit der hymnenartige Single “Era” erzählte die Band durch aus der Klassik aufgegriffene Stilmittel akustische Geschichten geprägt durch rhythmische und dynamische Phrasierungen, die jede Rock-Oper blass aussehen lässt.

Mit der zuletzt veröffentlichten Single “Universal Truth” folgen die Stockholmer weiter diesem stilistischen Konzept und setzen hierbei teilweise gar auf Kopfstimmengesangsparts und erschaffen flächige Klangteppiche mit breit arrangierten Streichern.

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Core-Relations Analyse: Thrice

Die 1998 von den zwei Highschoolfreunden Dustin Kensrue (Gitarre, Gesang) und Teppei Teranishi (Gitarre) gegründeten Thrice waren einst eine waschechte Melodic Hardcore bzw. Emocore-Band mit Skate Punk-Einflüssen und progressiven Ansätzen in der Gitarrenarbeit. Ihre erste 1999 erschienene EP “First Impressions” und das Debütalbum “Identity Crisis” sowie das zweite, vom Death By Stereo-Bassisten Paul Miner mitproduzierte Album “The Illusion Of Safety” waren damals an Energie, Ausdrucksstärke und Entschlossenheit kaum zu überbieten.

Hervorzuheben sind hier “Phoenix Ignition”, “Kill Me Quickly” und “Deadbolt”. 2003 veröffentlichte die Band den Meilenstein “The Artist In The Ambulance”, aus dem Songs wie “Stare At The Sun” oder der Titeltrack auch heute noch von keiner Rockparty mehr wegzudenken sind.

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Thrice waren schon immer eine Band, der Hilfsbereitschaft wichtig war. So spendeten sie Teile der Einnahmen ihrer ersten Alben immer wieder an karitative Projekte. Diese basischristlichen Gedanken sollten sich auch in ihrer zukünftigen Musik widerspiegeln. 2005 veröffentlichte die Band “Vheissu”, eine Platte, die den musikalischen Wendepunkt der Band einläutete. Zwar war die erste Single “Image Of The Invisible” (die die Band sogar bei “Jimmy Kimmel Live” performte) noch vergleichsweise hart, aber die biblischen, spirituellen und abstrakten Themen fanden sich mehr als je zuvor auch in der Musik wieder.

Kaum verwunderlich kündigte Kensrue, der sich immer weiter dem christlichen Glauben annäherte, nur wenige Monate später die Veröffentlichung seines ersten Solo-Albums “Please Come Home” über das Krishna-nahe Label Equal Vision Records an. Mit jenem auf Folk und Country basierenden Album öffnete der Sänger z.B. über religionsnahe Songs wie “I Believe” und “Weary Saints” weiter die Türen für die zukünftige musikalische Marschroute seiner Hauptband.

“The Alchemy Index” ab 2006, eine Serie aus vier EPs, behandelte z.B. jeweils ein Naturelement. Über die gesamte Strecke der nachfolgenden Alben hinweg widmeten sich Thrice der Entwicklung ihrer Interpretation von Alternative- und Art Rock mit atmosphärischen Einflüssen aus dem Post Rock. Die ursprüngliche Aggressivität und das Tempo wurden im Zuge zahlreicher Labelwechsel durch experimentelleres, gemäßigteres Songwriting verdrängt.

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Eine Band ist eine Korrelation aus Kommunikation, Verständnis und Rücksicht

Auch Ausreißer wie Korns “The Path Of Totality”, das einst von Skrillex produziert wurde oder die musikalische Entwicklung der Red Hot Chili Peppers weg vom Crossover-Funkrock zum Alternative Pop Rock wären einen Absatz wert gewesen. Oder Muse, die einst auf einer Progressive Alternative Rock-Basis starteten und dann im populären elektronisch unterstützen Art Rock/Pop ankamen sowie Paradise Lost, die einstigen Doom- und Gothic Rock-Helden, die sich irgendwann im schwermütigen Synth Pop Rock und Dark Wave wiederfanden hätten in der Core-Relations Analyse Erwähnung finden können.

Dass es aber nicht zwangsweise langweilig oder uninspiriert werden bzw. klingen muss, wenn Künstler ihrem Genre und/oder Sound treu bleiben, zeigen uns immer wieder Bands wie Silverstein, Boysetsfire, Blink-182, While She Sleeps, Bury Tomorrow, Bad Religion, Killswitch Engage, Pearl Jam uvm. mit jedem neuen Release.

Am Ende sind es Schubladen, die irgendwann überlaufen, quietschen oder verstauben. Die einen ölen die Führungsschienen dann und stellen die Schrauben etwas nach, sortieren den Inhalt und alles läuft wieder reibungslos. Die anderen rufen den Sperrmüll und richten sich gleich komplett neu ein, vielleicht ein Teil auf dem Speicher versteckend, von dem sie sich einfach nicht trennen können, wollen oder dürfen.

Eine Band ist ja auch eine Art Beziehung und die funktioniert nur mit einer guten Korrelation aus Kommunikation, Verständnis und Rücksicht. Und manchmal braucht es eben etwas frischen Wind, sei es, um sich selbst zu motivieren, sich auszuprobieren, wieder zueinander zu finden oder sich ein neues Umfeld zu schaffen.

Wie man es auch dreht, am Ende ist gute Musik eine Kunst. “Kunst kommt von Können. Käme es von Wollen, so hieße es Wulst.” sagte einst Friedrich Nietzsche. Und Können basiert auf Übung, Talent, Routine und Verständnis der Sache. So mögen einige musikalische Ausflüge subjektiv etwas ungelenk wirken, die aber schon in der nächsten Generation deutlich kompakter erscheinen.

Es liegt nun an jedem selbst, eine Toleranz für seinen Lieblingskünstler zu entwickeln und ihm eine Testphase zuzugestehen oder für seine innere Ruhe weiterhin auf Altbewährtes seiner Lieblinge zu setzen und einen Schlussstrich zu ziehen. Ich mache je nach musikalischer Tendenz einer Band Beides und fahre damit sehr gut. Probiert für euch selbst einfach aus, womit ihr euch am besten fühlt. Und Entscheidungsfreiheit müssen Bands in ihrem Wandel nicht nur sich selbst sondern auch ihren Fans zugestehen.

Ihr seid an einer Fortführung der Core-Relations Themenreihe interessiert? Schreibt es uns gerne als Kommentare in unseren Socials.

Beitragsfoto im Auftrag von MoreCore.de: Karoline Schaefer (Cat Eye Photography)

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