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Kritik: Bring Me The Horizon - "Post Human: Survival Horror"

Am 30. Oktober 2020 erscheint endlich „Post Human: Survival Horror”, die neue EP von Bring Me The Horizon. Mit neun ...

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Am 30. Oktober 2020 erscheint endlich „Post Human: Survival Horror”, die neue EP von Bring Me The Horizon. Mit neun Tracks fällt diese recht üppig aus, so manches Album hat weniger Tracks zu bieten und nennt sich Longplayer statt Extended Play. Da die Band aus Sheffield zuvor aber schon angekündigt hatte, wahrscheinlich keine Alben mehr veröffentlichen zu wollen und zwei der neun Tracks dann doch eher kurz ausfallen, kann man die Bezeichnung durchaus nachvollziehen.

Die zugehörigen Singles „Parasite Eve”, „Obey” und „Ludens” sind bereits mehr als viral gegangen und begeistern eine breite Fanbase. Die Erwartungen liegen berechtigterweise hoch. Wir haben bereits reinhören dürfen und freuen uns auf neues Material, von dem wir euch berichten wollen.

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POST HUMAN: SURVIVAL HORROR 30/10/20

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Bring Me The Horizon liefern eine vielseitige Platte

Mit „Dear Diary“ setzen die Briten um Frontmann Oli Sykes direkt von Anfang an ein Statement. Ungewohnt hart gehen Bring Me The Horizon mit ihren Kritikern musikalisch ins Gericht. Laute Kritiker, Bring Me The Horizon seien nicht mehr hart genug, sollten hier verstummen. Dennoch hat der Sound nur wenig mit „Count Your Blessings”, „Suicide Season” und Co. zu tun. „Dear Diary” ist in diesem Fall dieses „andere Hart“. „Dear Diary” ist dieses „Erwachsen-geworden-Hart“… Und ja, „Hart“ schreibe ich in diesem Fall groß, denn Bring Me The Horizon geben diesem Wort wieder einen Namen… Und was macht es so heavy? Snare-Gewitter, raue Syntheziser, verzerrte Gitarren mit einem Solo, das nach Metal schreit, und beachtliche Shouts. Glaubt ihr nicht? Ist aber so!

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Und wenn man dann denkt, krasser wird es nicht mehr, dann enttäuschen Bring Me The Horizon uns nicht (zum Glück!). Der Chor im Intro von „Parasite Eve“ ist richtig episch und holt uns auf den Boden der (harten) Tatsachen zurück. Nach diesem Intro begeistern uns fetzige Riffs, die auch aus einem nervenaufreibenden Videospiel stammen könnten. Das ist auch kein Wunder, denn Mick Gordon war maßgeblich am Songwriting beteiligt (u.a. bekannt durch aktuelle „DOOM“ und „Wolfenstein“-Soundtracks).

Okay, hier geht’s ab, aber krass. Ich bin mit vielen anderen Menschen zusammen auch ein großer Fan vom neuen Weg, den die Band mit „Sempiternal”, „That’s the Spirit” und „Amo” eingeschlagen hatte. Ist das jetzt überhaupt noch was für Fans der letzten Stunde? Ich denke ja, es kommen ja noch ein paar Songs und die letzte Single „Teardrops” gibt einem schon eher dieses Gefühl, also DAS Gefühl, dass hier echt viele Stile und Fangruppierungen bedient werden.

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Okay, gut. Wir hören weiter und ich muss sagen: Der Song klingt ein bisschen so, als hätten Papa Roach für Linkin Park einen Song geschrieben (oder anders herum) und BMTH hätten ihn eingespielt. Das ist aber ganz und gar nichts schlechtes! Der „Hybrid-Theory-Nu-Metal-Vibe“ is real, man fühlt sich nostalgisch und gleichzeitig, als wäre das der Beginn einer neuen Ära.

Ein Meilenstein in der Musikgeschichte?

Das ist ein komisches Gefühl beim Hören, aber irgendwie auch geil. Und seien wir doch mal ehrlich: „Hybrid Theory” ist Musikgeschichte und ich bin jetzt mal so mutig und behaupte dazu, dass Bring Me The Horizon für die heutige Jugend gefühlsmäßig bestimmt das sind, was für uns Mitzwanziger Linkin Park gewesen ist, und was für unsere älteren Geschwister oder Cousins und Cousinen eventuell eine Band wie Nirvana gewesen sein könnte. Bevor ich mich um Kopf und Kragen rede: Der Einfluss ist erkennbar da. Gepaart mit ihrem eigenen Stil kommt etwas neues Spannendes dabei heraus, etwas, was eine Generation prägen kann.

Song 3 „Teardrops” ist innerhalb der Tracklist umzingelt von alten Bekannten. Als nächstes bekommen wir (wieder) „Obey“ auf die Ohren, für euch vielleicht schon als Single bekannt, ist dieser Song etwas ganz Besonderes. Durch das Feature von Yungblud nehmen BMTH einen wichtigen Vertreter der nächsten Generation Rock unter ihre Fittiche. Wobei das auch nur so halb richtig ist, denn Yungblud drückt dem Song trotz, oder gerade wegen seines jungen Alters, seinen ganz eigenen Stempel auf. Der Gesang ist catchy und frisch. Erstaunlich ist hier aber vor allem auch, wie ähnlich sich dann doch die Stimmen der beiden Sänger anhören, ergänzen und harmonieren. Der Song ist insgesamt ein erfolgreiches Mash-up von modern Rock und Metalcore.

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Als nächstes sind „Itch For The Cure (When Will We Be Free?)” und „Kingslayer” an der Reihe. Die beiden Songs sind hier auch in einem Atemzug benannt, da ersterer die Rolle als verlängertes Intro von „Kingslayer” einnimmt. Das kurze elektronische Intro steht auch mit D’n’B-Einflüssen ein wenig für sich selbst und kündigt am Ende mit Vocal-Samples von Babymetal auch den J-Pop & Metal-Mix sowie das Feature an, das uns danach erwartet.

Ihr habt richtig gelesen, es ist niemand anderes zu hören als Babymetal. Wer die Social Media-Profile der Londoner Band verfolgt, konnte früher schon immer mal wieder sehen, dass die Jungs große Fans sind. Nun haben sie sich vermutlich einen Traum erfüllt und gemeinsam einen schnellen Song kreiert, bei dem harte Growls auf eine poppige Gesangsmelodien folgen und bei dem harte Gitarrenriffs von elektronischen D’n’B und bassigen oder von Hall besetzten Synthesizern begleitet werden.

„1×1” ist wieder nah an den Stil vom zuletzt erschienenen Album „Amo”. Viel Einsatz von Synthesizern gepaart mit verzerrten Gitarren klingen wieder wie der Sound, den sie mit dem letzten Album zuletzt gefunden hatten. Die Riffs und die Songstruktur sind vergleichbar mit Tracks wie „sugar honey ice & tea” oder „why you gonna kick me when I’m down?”. Das Besondere ist hier, dass die Nova Twins aus der gleichnamigen Heimatstadt der Band Oli Sykes hinter’m Mikro unterstützen. Wer vor allem ein Fan von „Amo” war, der findet mit „1×1” hier wahrscheinlich seinen Lieblingssong.

Zu „Ludens” braucht man eigentlich gar nicht mehr viel sagen, der Song ist schon letztes Jahr im Rahmen eines Videospielsoundtracks erschienen und der breiten Masse schon lange bekannt. Vermutlich nicht besonders notwendig, aber als kleines Extra mit auf der CD gelandet, fügt sich „Ludens” hier stilistisch wirklich gut in die „Survival Horror”-EP ein.

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Kleiner Fun Fact am Rande: Mir hat damals der gesamte Soundtrack von „Death Stranding“ so gut gefallen, dass ich mir das Spiel im Anschluss gekauft habe.

Finalisiert wird die gesamte EP von einem atmosphärischen Balladen-Outro mit einem ganz besonderen Special Guest: Amy Lee von Evanescence und Oli Sykes bilden ein wirklich starkes Duett in „One Day The Only Butterflies Left Will Be In Your Chest As You March To Your Death”.

Oli Sykes hat bereits in einem Interview mit uns sinngemäß gesagt, dass er sich verantwortlich fühlt für den Erhalt der Rockmusik und das hört man auch. Sie greifen Einflüsse auf und entwickeln sie weiter und bleiben sich selbst treu dabei. Vor allem werden die Tracks immer besser je öfter man sie hört. Das ist für mich immer ein Indiz für richtig gutes Songwriting.

Foto: Bring Me The Horizon / Offizielles Pressebild von Sony Music

ALBUM
Post Human: Survival Horror (EP)
Künstler: Bring Me The Horizon

Erscheinungsdatum: 30.10.2020
Genre: , ,
Label:
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Dear Diary,
  2. Parasite Eve
  3. Teardrops
  4. Obey with Yungblud
  5. Itch For The Cure (When Will We Be Free?)
  6. Kingslayer ft. Babymetal
  7. 1×1 ft. Nova Twins
  8. Ludens
  9. One Day The Only Butterflies Left Will Be In Your Chest As You March Towards Your Death ft. Amy Lee
Bring Me The Horizon BMTH Post Human Survival Horror EP
Bring Me The Horizon BMTH Post Human Survival Horror EP
9.5
FAZIT
„Survival Horror” kommt vor allem zu Beginn wieder eine Spur härter daher. Fans der ruhigeren Sparte könnten das als Rückschritt missverstehen. Das ist keine Regression, sondern ein neuer Entwicklungsschritt, besonders mit Hinblick auf die ruhigeren Parts der EP, die auch vorhanden sind. Bring Me The Horizon kommen (ein wenig) überraschend unglaublich vielseitig um die Ecke (irgendwo hat man natürlich etwas Neues erwartet, trotzdem schaffen sie es wieder mit innovativen Inhalten zu begeistern).

Features versorgen die Platte außerdem mit viel Frauenpower, das ist cool und passt unglaublich gut zum Stil der EP. Lediglich der Song mit Amy Lee ist dann doch etwas kurz und bietet bei einem wunderbaren Spannungsbogen irgendwie gefühlt keine Auflösung. Das ist etwas schade, weil es den Gesamteindruck der EP grade gegen Ende ein kleines bisschen schmälert, das Potential für "Mehr" wäre nämlich da gewesen. Nichtsdestotrotz passen die Lieder von „Survival Horror” unglaublich gut zusammen, obwohl eine EP gar nicht diesen Anspruch in sich vereint, im Gegensatz zu einem vollwertigen Album.