Review

Modern MetalProgressive

Kritik: DVNE - "Voidkind"

Mit Superlativen sollte man sich sowohl in der Medienlandschaft als auch in der Musikszene lieber vornehm zurückhalten. Denn bekanntlich sind ...

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Mit Superlativen sollte man sich sowohl in der Medienlandschaft als auch in der Musikszene lieber vornehm zurückhalten. Denn bekanntlich sind beide Bereiche voll davon. Und da, wo Medien und Musik zusammentreffen, ist die Gefahr, dass es irgendwann nicht mehr „höher,schneller, weiter“ geht, besonders groß. Und doch gibt es immer wieder Bands, die so besonders, so außergewöhnlich sind, dass sie es verdienen, sprachlich geadelt zu werden. DVNE gehören dazu – die Schotten sind tatsächlich eine der interessanten Bands der Progressive Metal-Szene.

DVNE legen ohne Anlauf direkt los

Das am Freitag erschienene Album „Voidkind“ ist bereits LP Nummer 3 der Band um Frontman Victor Vicart. Schon Album Nummer 2, das 2021 erschienene „Etemen Ænk“, sorgte für Aufsehen in der Szene. Daran will die Band auf „Voidkind“ anknüpfen – und tut es mit dem starken Opener „Summa Blasphemia“ auch. Ohne Vorlauf geht es direkt zur Sache. Über fünf Minuten Spielzeit sind natürlich direkt eine Ansage. Aber DVNE schaffen den so schwierigen Spagat zwischen Progressivität und Eingängigkeit sehr gut – übrigens nicht zum letzten Mal auf „Voidkind“.

Progressiv, aber nicht überfordernd

In Sachen Länge setzt der zweite Track des Albums – „Elonora“ – mit fast neun Minuten noch einmal neue Maßstäbe. Und selbstverständlich sind wir bei DVNE immer noch im Progressive Metal. Niemand wird erwarten oder behaupten, dass ein solcher Song direkt beim ersten Hören leichte Kost ist. Doch DVNE überfordern die Hörer:innen trotz der komplexen Strukturen nicht. Man bleibt am Ball, auch wenn man sich bisher eher wenig in der Szene herumgetrieben hat. „Elonora“ hält vor allem mit dem ruhigen Mittelteil den Spannungsbogen aufrecht und kann die Spannung dann zum Ende des Songs noch einmal richtig entladen. Auf „Sarmatæ“ zeigt die Band dann, dass man auch in gut vier Minuten progressive Songs schreiben kann. Der Song überzeugt aber vor allem durch den verstärkten Einsatz von Clean Vocals. Die kommen nicht nur szenetypisch daher, sondern passen sich auch perfekt den Instrumenten an. Was die Gesangsmelodie angeht, ist hier aber noch Luft nach oben. Zeitweise gerät es hier doch etwas zu langweilig. Vielleicht ist das der einzige Punkt des Albums, an dem das Pendel etwas mehr in Richtung „Pop“ hätte ausschlagen dürfen.

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Sieben Minuten lange Songs vergehen wie im Flug

Wem es auf „Voidkind“ irgendwann zu anstrengend wird, freut sich sicher über die beiden Interludes. „Path of Dust“ und „Path of Ether“ sorgen mit sphärischen Klängen für die an diesen Stellen des Albums durchaus willkommene Erholungspause. Nach „Path of Ether“ geht es dann mit „Abode of the Perfect Soul“ noch einmal richtig schwungvoll in das Finale der Platte. Auch hier verfliegen die sieben Minuten Spielzeit wie im Flug. Komplexes, aber nicht überforderndes Songwriting ist eine Kunst, die DVNE wie kaum eine andere Band beherrschen. Allenfalls die Clean Vocals bieten hier wieder Anlass für einen Hauch von Kritik. „Cobalt Sun Necropolis“ ist als letzter Song noch einmal ein Statement, wie man es erwarten kann. In fast zehn Minuten zeigen DVNE hier die Quintessenz eines vielseitigen Albums, das man sich auch zur Gemüte führen kann, wenn man bisher noch kein Fan der Band war.

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Dvne mögen es auch lyrisch anspruchsvoll

Wer es schon ist oder mit dem Album geworden ist, sollte sich übrigens auch einmal mit der lyrischen Seite von „Voidkind“ beschäftigen. Denn DVNE verfolgen wie schon auf ihren bisherigen Alben das Thema der Verfolgung einer religiösen Gruppe durch die Generationslinie vom Anfang bis zu ihrem Ende weiter. Es gibt wohl wenige Themen, die über Jahrhunderte so wenig an ihrer Brisanz verloren haben. Einerseits bedauerlich, andererseits können wir so sicher sein, dass DVNE auch in Zukunft noch genügend Erzählstoff für uns haben werden.

Foto: Alan Swan / Offizielles Pressebild

ALBUM
Voidkind
Künstler: DVNE

Erscheinungsdatum: 19.04.2024
Genre:
Label: Metal Blade Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Summa Blasphemia
  2. Eleonora
  3. Reaching for Telos
  4. Reliquary
  5. Path of Dust
  6. Sarmatae
  7. Path of Ether
  8. Abode of the Perfect Soul
  9. Pleroma
  10. Cobalt Sun Necropolis
DVNE Voidkind
DVNE Voidkind
8
FAZIT
„Voidkind“ zeigt viele Aspekte eines typischen Albums einer Progressive-Band. Lange Songs, komplexes Songwriting, ein übergreifendes, lyrisches Thema. Doch während sich andere Bands dieses Genres gerne einmal verzetteln und vor lauter Bäumen in Form von Riffs und Rhythmen den Wald nicht mehr sehen, gelingt DVNE die Balance zwischen Progressivität und Eingängigkeit hervorragend. Hier gibt es wahnsinnig viel zu entdecken – egal, wie sehr man sich bisher mit der Band beschäftigt hat.