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Kritik: Cloud Nothings - “Final Summer”

Wenn es eins gibt, auf das wir uns seit 2010 verlassen können, dann dass wir in der Regel knapp alle ...

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Wenn es eins gibt, auf das wir uns seit 2010 verlassen können, dann dass wir in der Regel knapp alle zwei Jahre ein neues Album von Cloud Nothings erwarten können. Diese Beständigkeit ohne großartige Schaffenspausen ist in der heutigen Musikwelt eher selten oder äußert sich in den auf Streamingservices angelegten Veröffentlichtungsrhythmen gänzlich anders. Das aus Ohio stammende Trio setzt mit ihrer Musik ein klares Statement dagegen, wird dabei aber dennoch nicht ausschweifend. Nur eine halbe Stunde Zeit muss man sich für ihr neuntes Album “Final Summer” nehmen. Aber diese 30 Minuten sind absolut packend.

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Cloud Nothings nehmen uns mit in einen ganz eigenen Klangkosmos, der irgendwo zwischen dem emotionalen Indie Rock der 2000er (Death Cab for Cutie, The Shins) und dem rauen Alternative- und Grungesound der 90er (The Smashing Pumpkins, Pixies) liegt. Die zehn Songs, mit denen sie ihre neue Platte füllen, kommen dabei sehr schnell auf den Punkt und leben von ihrer Geradlinigkeit. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Band keine Überraschungen für uns parat hat. Alleine der Start in die Platte suggeriert wahrscheinlich etwas gänzlich anderes, führt aber absolut sinnig in den bereits als Single ausgekoppelten Titeltrack hinein.

Cloud Nothings auf gewohnt hohem Niveau

Zudem arbeitet das Trio mit teils gewagten Strukturen (“The Golden Halo”) und lässt immer wieder durch geschmackvolle Soli (“Daggers Of Light”) oder ausgedehnte Outros (“Mouse Policy”) aufhorchen. Die größte Meisterleistung, die Cloud Nothings allerdings auf “Final Summer” gelingt, ist ein sehr gekonnter Spagat zwischen Zugänglichkeit und Vielschichtigkeit. Die Hits sind da: Man will sich einfach direkt zu “I’d Get Along” und “On The Chain” die Seele aus dem Leib brüllen und auch die Vorabsingle “Running Through The Campus” setzt sich ohne Umwege direkt im Gehörgang fest. Aber trotzdem gibt das Album mit jedem Hören noch mehr von sich Preis.

“Final Summer” ist nicht bis zum Rand mit Ideen vollgestopft und bietet daher ausreichend Raum, um gelegentlich beim Hören den Fokus zu verschieben. Dabei offenbaren sich immer wieder kleine Details und Nuancen in der Gitarren- und Bassarbeit, in denen man sich vor allem durch die gut gewählten Sounds verlieren kann. Begünstigt wird diese Art des Hörens durch einen transparenten und gut ausbalancierten Mix, der trotzdem mit der für die Band gewohnten Ruppigkeit daherkommt. Hier lässt sich festhalten, wie gut ihre Stärken im Songwriting und ihre instrumentalen Fähigkeiten mit der Produktion der Platte Hand in Hand gehen.

Ohne Umschweife auf den Punkt gebracht

“This is your life, it’s a common mistake. We’ll be alright, just give more than you take.” Auf einer sarkastischen Note entlassen uns Cloud Nothings aus “Final Summer” und haben sich in der vergangenen halben Stunde eigentlich keine Fehltritte erlaubt. Lediglich Sänger Dylan Baldi treibt sich durchgängig in einem relativ schmalen Dynamikbereich herum, aus dem er gerne noch öfter hätte herausbrechen können. So oder so fehlt es LP Nummer neun aber eigentlich an nichts: Und das ist doppelt und dreifach beeindruckend wenn man bedenkt, wie viel die US-Amerikaner aus ihrem Sound rausholen ohne sich an irgendeiner Stelle zu verzetteln.

Foto: Errick Easterday / Offizielles Pressebild

ALBUM
Final Summer
Künstler: Cloud Nothings

Erscheinungsdatum: 19.04.2024
Genre: , ,
Label: Pure Noise Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Final Summer
  2. Daggers Of Light
  3. I'd Get Along
  4. Mouse Policy
  5. Silence
  6. Running Through The Campus
  7. The Golden Halo
  8. Thank Me For Playing
  9. On The Chain
  10. Common Mistake
Cloud Nothings Final Summer
Cloud Nothings Final Summer
9
FAZIT
Geradlinig, facettenreich, packend. Cloud Nothings machen auf ihrem neunten Album fast alles richtig und liefern zehn Songs, die trotz ihrer Schnörkellosigkeit immer wieder durch gewagte Strukturen und markante Details zu überraschen wissen. Man muss definitiv Lust auf den Sound der Band und auch auf die Stimme von Sänger Dylan Baldi haben. Dennoch bleibt “Final Summer” eine Platte, die nach und nach ihre volle Schönheit entfaltet und vor allem vom richtigen Zeitpunkt lebt, an dem man sie hört.