Review
Hardcore
Kritik: Sharptooth - "Transitional Forms"
In der aktuellen Zeit wünscht man sich doch gerne in die Clubs und Hallen des Landes zurück. Zurück zu Konzerten ...
VON
Kevin Postir
AM 07/07/2020
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In der aktuellen Zeit wünscht man sich doch gerne in die Clubs und Hallen des Landes zurück. Zurück zu Konzerten und Festivals, die das Publikum in ihren Bann ziehen und nur den Moment wichtig erscheinen lassen. Genau das ist ab dem 10.07.2020 wieder möglich. Mit ihrem neuen Album „Transitional Forms“ veröffentlichen Sharptooth über Pure Noise Records ein zehn Song schweres Brett, das euch direkt zu dieser Zeit zurückbringt, als die wichtigste Frage war, welcher Song der nächste ist. Also, macht den Becher leer, schnürt noch einmal die Schuhe, denn heute geht’s in den Pit!
Sharptooth lassen „Transitional Forms“ das Herz des Hardcore-Fans höherschlagen
„Transitional Forms“ knüpft genau dort an, wo der Vorgänger „Clever Girl“ aus dem Jahre 2017 aufgehört hat. Mit „Say Nothing (In The Absence Of Content)“ beginnt die Platte mit einem bereits veröffentlichten Song, der zusätzlich mit einem Video daherkam.
In diesem parodieren Sharptooth bekannte Pop-Songs weiblicher Künstlerinnen, beispielsweise von Katy Perry, Kesha oder Lady Gaga. Generell beweist die Band um Sängerin Lauren Kashan sowohl Humor als auch eine kritische Stimme in Richtung der parodierten Pop-Songs, denen sie den Tiefgang abspricht. Dies wird gleich in der ersten Zeile „This is a song about nothing; Oh no, not a single thing“ deutlich.
Doch auch für die eigene Szene gibt es einen kleinen Seitenhieb. Zur Vorbereitung des Breakdowns sind folgende Worte zuhören, die das Gesamtthema des Stücks noch weiter auf die Spitze treibt: „So this is the part of the song, where we gonna slow shit way down for you so that you can all kill each other, it doesn’t even matter what i’m saying here anyway“.
Von musikalischer Seite wirkt der Song durch die Akkorde der Gitarren bedrohlich, ist hauptsächlich im klassischen Two-Step-Beat gehalten und erinnert, bezogen auf die Klangfarbe der Vocals, zu Teilen an Bands wie Emmure.
Auch „Mean Brain“ ist ein Hardcore-Song, der alles besitzt, was das Fan-Herz höherschlagen lässt. Eingeleitet wird das Stück mit einer Kinderstimme, die im nächsten Moment durch die schweren Gitarrenriffs abgelöst wird. Der Einsatz des Schlagzeugs gibt dem Ganzen den Rest. Das Highlight des Songs, der ansonsten eher einem klassischen Schema á la First Blood, oder Varials folgt, sind die Kleinigkeiten.
Hier ist beispielsweise die Verwendung der Becken im C-Teil des Stücks zu nennen, die in der gradlinigen Songstruktur ein verspieltes Element einbringt.
Der stampfende Beat von „Hirundinea“ wird durch die Verwendung von dissonanten Tönen ergänzt, die passend wirken und den sonst recht brachialen Sound um ein Element erweitert. Der gesamte Drive des Songs wird maßgeblich durch die unterschiedlichen Schlagzeug-Beats und den Wechsel zwischen gesprochenen und gescreamten Vocals bestimmt und machen das Stück dadurch vielseitig, ohne überladen zu klingen.
Hinzu kommt ein überraschender Breakdown, der sich aus der Stille des ausklingenden Songs bildet und live die letzte Energie aus den Fans kitzeln dürfte. Hierzu passt ebenfalls der nachfolgende Song „The Gray“.
Mit seinem hohen Tempo kann man sich beim Hören im heimischen Wohnzimmer bereits den wirbelnden Circlepit vorstellen. Hervorzuheben ist zum einen der clean gesungene Mittelteil, der wie eine Art Einschub funktioniert und bei dem Sängerin Lauren unter Beweis stellt, wie viel Talent sie über die Screams hinaus besitzt. Zum anderen gibt es einen weiteren, clean gesungenen Teil des Songs, dem durch einen Gesangsfilter ein mystischer Touch verliehen wird.
Generell kann gesagt werden, dass diese Elemente die Songs definitiv bereichern und nicht vereinnahmen. Sie sind als Ergänzung zu verstehen und für den Transport von Stimmungen gedacht, ohne die Handschrift der Band, die jedem Song auf „Transitional Forms“ innewohnt, zu verfälschen.
Die Songs „The Southern Strategy“ und „M.P.D.B. (Manic Pixie Dream Bitch)“ sind beide an Intensität und Härte nur schwer zu überbieten, fallen darüber hinaus durch eigensinnige Taktstrukturen auf, die über den gewöhnlichen 4/4-Takt hinaus gehen.
Auch mit „Evolution“ gelingt es Sharptooth den Nagel auf den Kopf zu treffen. Trotz des schnellen und wild-klingenden Blastbeats wird durch die Verwendung der Gangshouts und den gesprochenen Gesangspart (der nicht von Sängerin Lauren stammt) ein besonders deutlicher Flow erzeugt, der an den klassischen Vibe des Westküsten-Hardcores erinnert und in den restlichen Songs nicht vertreten ist.
Das Finale des Albums stellt „Nevertheless (She Persisted)“ dar. Von soundtechnischer Seite ist das Stück am breitesten aufgestellt und bekommt durch die hohen Gitarren im Hintergrund eine besondere Dramatik und emotionale Schwere verliehen.
Diese Schwere wird auch im verträumt-mystischen C-Teil des Songs aufgegriffen. Intro und C-Teil werden durch treibende, schnell gespielte Hardcore-Parts unterbrochen, wodurch der Song, die Vielseitigkeit betreffend, maximal ausgereizt wird.
Bild: Sharptooth / Offizielles Pressebild
Transitional Forms
Künstler: Sharptooth
Erscheinungsdatum: 10.07.2020
Genre: Hardcore, Metalcore
Label: Pure Noise Records
Medium: CD
- Say Nothing (In The Absence Of Content)
- Mean Brain
- Life On The Razor's Edge
- Hirudinea
- The Gray
- Evolution
- 153
- The Southern Strategy
- M.P.D.B. (Manic Pixie Dream Bitch)
- Nevertheless (She Persisted)
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