Review

Modern Metal

Kritik: Tenside - "Come Alive Dying"

Neues Jahr neues Glück, oder doch noch an bekannten Problemen arbeiten? Da fehlen dem einen oder der anderen vielleicht noch ...

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Neues Jahr neues Glück, oder doch noch an bekannten Problemen arbeiten? Da fehlen dem einen oder der anderen vielleicht noch der passende Soundtrack zu. Mit ihrem neuen Album „Come Alive Dying“ versuchen die Herren von Tenside genau diesen Spagat zu meistern. Auf zwölf vollwertigen Songs begibt sich die süddeutsche Band auf der einen Seite auf eine musikalische Neuerfindung, auf der anderen Seite mahnt sie altbekannte globalpolitische und -ökologische Brandherde. Wie das Album, das am 19. Januar 2024 erscheint, klingt, das haben wir für euch herausgefunden.

Für die Produktion von „Come Alive Dying“ scharrte die Band wahre Hochkaräter um sich. So wurde das gesamte Album von Joseph McQueen gemixt (Bad Wolves, Bury Tomorrow, etc.) und anschließend von Ted Jensen gemastert, der bereits für Bands, wie Gojira, Korn und Bring Me The Horizon aktiv war. Die Zeichen für Tenside stehen demnach nicht schlecht, an den Erfolg des vergangenen Albums „Glamour & Gloom“ (2020) anzuknüpfen, mit dem die Gruppe ihre erste Top 100 Platzierung in Deutschland feiern konnte.

Tenside: „Keine Wiederholungen!“

Ja, ihr habt richtig gelesen. „Come Alive Dying“ sollte keine musikalischen oder lyrischen Wiederholungen enthalten, so der ausgesprochene Vorsatz der Band. Insgesamt kann sich die Gruppe allerdings nur zu Teilen davon freisagen. Besonders das Tempo bzw. der Grundvibe der Songs weist vermehrt eine starke Schwerfälligkeit auf. Dies wird besonders in der ersten Hälfte des Albums deutlich. Gleich der Opener und Titeltrack „Come Alive Dying“ besitzt eine auffallende Schwere, die man zur Eröffnung eines Albums so nur selten gehört hat. Was positiv in dem Stück auffällt, ist der kratzige, crunchige Sound der Vocals, welcher dem Gesamtmix eine gewisse Rohheit gibt und den sonst recht glatten Sound des Stücks bestmöglich ausgleicht.

Auch „Darkness To Blight“ besitzt eine tiefsitzende Schwere, welche durch den verwendeten 3/4-Takt noch einmal potenziert wird. Der Versuch der Auflockerung wird dabei durch den hymnenartigen Refrain und einen beinahe djent-artigen Breakdown vorangetrieben. Beides passt ganz gut und stellt Highlights innerhalb des Songs dar.

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Songs, die darüber hinaus zum einen eine Schwere und zum anderen eine Eintönigkeit besitzen, sind „Silence Is Betrayal“ und „Dust Of The Bereaved“. Beiden Tracks fehlt der nötige Tiefgang, wodurch sie recht oberflächlich wirken und beinahe einen Füll-Charakter aufweisen. Aber wer sagt schon, dass ein gutes Album ausschließlich aus Top-Songs bestehen muss?

Weiterentwicklung oder Neuausrichtung?

Mit Blick auf das Vorgängeralbum zeigen Tenside durchaus eine Entwicklung. Es wirkt dabei allerdings so, als würde sich die Band auf ihre Wurzeln rückbesinnen. War „Glamour & Gloom“ recht Metalcore-lastig, so sind die Songs, bzw. die einzelnen Parts der Songs auf „Come Alive Dying“ klarer unterschiedlichen Genres zuzuordnen, für die die Band steht. Das birgt in so weit Vorteile, als dass Songs wie „Pretty Lonesome“ oder „Impending Doom“ sehr vielseitig aufgestellt sind, ohne überladen zu wirken. Letzterer erhält darüber hinaus Vocal-Support von Darkest Hour-Frontmann John Blakemore Henry.

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Neben den Gitarrenriffs sind es besonders die Drumspuren, die einen Stilmix in die Stücke gibt. Ein gutes Beispiel dafür ist „Vengeance“. Trotz des recht eintönigen Intro-Riffs wird der Song im Anschluss vornehmlich durch die Drums attraktiver gestaltet. Darüber hinaus sorgt das Zusammenspiel aus dem Stroytelling-Charakter und der Gitarre im Refrain für eine Dramatik, die die emotionale Seite des Liedes hervorhebt. Ausgeglichen wird diese Emotionalität durch ein treibendes, hartes Zwischenspiel. Vielseitigkeit und Spannung in Perfektion!

Ein Druckproblem?

Mit der Ausdifferenzierung einzelner Song-Parts legen Tenside vermehrt einen Fokus auf einzelne Instrumente und auf den Gesang. Dies gelingt allerdings nicht konsequent. Stücke wie „Pitch & Gold“ oder „Aim For Paradise“ spielen gezielt mit einer instrumentalen Leere um den Gesang in den Vordergrund zu rücken. Dieser Raum wird hingegen gesanglich nicht ausreichend eingenommen, wodurch die Parts vermehrt flach und unausgegoren wirken.

Dass Tenside auch anders können, beweisen sie im Song „Deadweight“. Das moderne Intro erinnert dabei an die Feder von Bands, wie den Architects und steht Tenside insgesamt sehr gut. Auch hier sorgt das Drumspiel für ein Abwechslungsreichtum, ohne überladen zu wirken und auch die Zweistimmigkeit der Vocals bereichert das Lied und das Album in Gänze. Damit liefern Tenside DAS Highlight auf „Come Alive Dying“.

Foto: Severin Schweiger / Offizielles Pressebild

ALBUM
Come Alive Dying
Künstler: Tenside

Erscheinungsdatum: 19.01.2024
Genre: , ,
Label: Ivory Tower Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Come Alive Dying
  2. Shadow To Shine
  3. Pitch & Gold
  4. Darkness To Blight
  5. Impending Doom (feat. John Henry)
  6. Aim For Paradise
  7. Deadweight
  8. Pretty Lonesome
  9. Silence Is Betrayal
  10. Transcend
  11. Dust Of The Bereaved
  12. Vengeance
Tenside Come Alive Dying
Tenside Come Alive Dying
6.5
FAZIT
Mit „Come Alive Dying“ entwickeln sich Tenside spürbar weiter und kehren gleichzeitig zu ihren Wurzeln zurück. Die einzelnen Songs sind klar strukturiert und zumindest einzelne Liedstücke weisen Elemente unterschiedlichster Genre auf, für die die Band bekannt ist. Einzelne gesanglich dünnere Passagen sowie das insgesamt eher mäßige Tempo sorgen hingegen zu zähen Längen. Es bleibt ein modernes, attraktiv produziertes Album mit vereinzelten Staubkörnern. Dieses kann zwar nicht den angekündigten Innovationsanspruch halten, sollte Fans modernen Metals hingegen trotzdem gefallen.