Kritik: Spanish Love Songs - "No Joy"

Wenn ein Album den Titel „No Joy“ trägt, dann muss die ein oder die andere Person eventuell bereits beim Lesen des Titels schlucken. Mit ihrem vierten Studioalbum wollen Spanish Love Songs thematisch allerdings in eine ganz andere Richtung einschlagen. Was sich die Band aus Los Angeles dabei gedacht hat und wie das ganze klingt, das erfahrt ihr in unserer Review.

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Das Album, das am 25. August 2023 via Pure Noise Records erscheint, beginnt mit dem ersten Song, „Lifers“ vermeintlich unscheinbar. Die anfänglichen New Wave-artigen E-Drums werden nach Erklingen des ersten Themas durch eine Komposition aus einem herkömmlichen Band-Set abgelöst. Dabei fällt zum einen die Akustikgitarre auf, die sowohl tonal als auch durch das Anschlag-Pattern den Rhythmus unterstützt, zum anderen beweist Spanish Love Songs-Frontmann Dylan Slocum, dass seine unverwechselbar-melancholische Stimme auch auf diesem Album eine klare Färbung hinterlassen wird.

Spanish Love Songs finden einen Weg, ihre aktuellen Gedanken zu kanalisieren

Es ist ein sehr bodenständiger und dennoch verträumter Ansatz, den Sänger Slocum zu den Hintergründen von „No Joy“ skizziert. „It’s an album about finding happiness in what you have and your current moment. It might be your best moment, or it might not, but you have to find joy in it.“Spanish Love Songs am besten wider. Nicht nur plädieren Musik und Lyrik dafürm den Moment zu genießen, auch das dazu passende Musikvideo spiegelt, mit der dargestellten außerirdischen Person in einer Bar-Szenerie, das Feiern des Momentes und gleichermaßen einen Vergänglichkeitsgedanken wider.

Eine besondere Eigenschaft beweist die Band mit Blick auf die Lyrik von „Haunted“. So zeigt die Zeile „It’ll be this bleak forever, but it is a way to live“ eine Entwicklung der Band. Erinnert man sich nur an vergangene Alben zurück, so wurde im Song „Self-Destruction (as a Sensible Career Choice)“ auf dem Album „Brave Faces Everyone“ mit der Zeile „It can’t be this bleak forever“ eine pessimistischere Grundstimmung angeschlagen.

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Mit ihrem stimmungsgeladenen Rundumschlag, der auch die Visuals einbezieht, setzen Spanish Love Songs auch in den weiteren Singles ein Zeichen. Songs, wie „Marvel“, oder „Clean-Up Crew“ sorgen für Abwechslung. Die dazu veröffentlichten Lyric-Videos sind ähnlich packend und könnten die in die Jahre gekommene Ausdrucksform wieder en vogue machen.

Während es bei „Clean-Up Crew“ kleinere Elemente im Song sind, wie beispielsweise der markante Hall auf der Bassdrum, oder die minimale spürbare Dopplung des Gesangs, die dem Ganzen eine Rundung verleiht, ist es in „Marvel“ vornehmlich die Lyrik, die überzeugt. Spanish Love Songs schaffen es darin, einen Text zu präsentieren, der auf der einen Seite ungemein privat und speziell klingt, auf der anderen Seite für viele Hörende identifizierbar ist. Nebenbei sollten die Claps in der Mitte des Stücks erwähnt werden, die an „I’ll Be There For You“ von The Rembrandts erinnern. Retro? Nostalgie? Man weiß es nicht.

Eine wahre Achterbahnfahrt!

Während Spanish Love Songs an ihrer New Wave gefärbten Melancholie festhalten, sind dennoch Stimmungsunterschiede in den Liedern auf „No Joy“ zu erkennen. So ist „Middle Of Nine“ ein Song mit akustisch-mystischem Beginn, der im Anschluss durch seinen elektronische Schwere und die minimal verwendeten Instrumente sehr modern wirkt. Ähnlich verhält es sich beim schnellen, mitreißenden Drive in „Rapture Chaser“.

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Doch dann gibt es auch die verspielten, raumeinnehmenden Songs. „I’m Gonna Miss Everything“ ist eines dieser Werke. Dabei wirkt der Track, wie eine musikalische Sammlung von Polaroid-Aufnahmen, die in ihrer Summe zu der Person führen, die man gerade ist.

Auch „Mutable“ beginnt deutlich langsamer und schwerer. Dabei ist es beinahe verblüffend, wie viel Wärme und Emotion von den mechanisch-kalten Synthesizern ausgehen. Das ist man so keineswegs gewohnt. Allerdings ist festzuhalten, dass das noisy Outro den Bogen ein Stück weit überspannt, der Track also anders hätte enden können. Als Gegenstück dazu würde man sich in „Here You Are“ neben der lyrischen Story auf musikalischer Seite eine etwas größere Abwechslung wünschen. Alles in allem sind dies jedoch, mit Blick auf „No Joy“ als solches, Randnotizen.

Ein aufbauendes Finale

Mit „Re-Emerging Sings Of The Apocalypse“ schließen Spanish Love Songs „No Joy“. Neben seiner unaufhaltsamen Aufbruchsstimmung versprüht der Song ein positives Gefühl. Die Bilder, die beim Hören in den Kopf schießen, werden unterschiedlicher kaum sein können und so kurbelt das Album mit seinen letzten Klängen die Kreativität noch einmal an und verleitet zum Träumen. „Re-Emerging Sings Of The Apocalypse“ wirkt wie der letzte Hit einer emotionalen Party, ehe der Heimweg im Morgengrauen angetreten wird. Besser könnte ein musikalisches Finale kaum sein.

Foto: Hannah Gray Hall / Offizielles Pressebild