Review

AlternativeRock

Kritik: FLOYA - "Yume"

Wir haben uns ja inzwischen dran gewöhnt. Wenn das Release eines neuen Albums ansteht, dann ist oft schon ein nicht ...

VON

Wir haben uns ja inzwischen dran gewöhnt. Wenn das Release eines neuen Albums ansteht, dann ist oft schon ein nicht unerheblicher Teil der Songs vorab veröffentlicht werden. Der von den Streamingdiensten bestimmte Trend, immer mehr Singles zu veröffentlichen, macht vor nahezu keiner Band Halt. FLOYA treiben es in dieser Hinsicht allerdings geradezu auf die Spitze. Denn von den zehn Songs ihres Debütalbums „Yume“ sind neun Songs bereits im Laufe der letzten beiden Jahre veröffentlicht worden. Zum Release des Albums gibt es dann noch den Titeltrack – sozusagen als Zugabe.

FLOYA: Dem Album beim Entstehen zuschauen

Das kann man auf der einen Seite sicher kritisch sehen und den Wert eines solchen Albums in Frage stellen. Auf der anderen Seite ist es eben auch das Debütalbum. FLOYA verfolgen seit ihrer Gründung einen ehrgeizigen und bisher auch sehr erfolgreichen Plan. Die Singles des ersten Albums auf 24 Monate zu verteilen und das Album somit eher als ein „Best-Of“ oder eine Zusammenfassung der ersten beiden Jahre als Band zu sehen, ist keine schlechte Idee. Und nochmal werden es FLOYA ganz bestimmt nicht so machen. Kommen wir also zum Wichtigsten: Der Musik.

Alternative Rock ohne Schmutz und Dreck

Bei der Tracklist des Albums geht die Band aus NRW übrigens nicht streng chronologisch vor. Das Album startet mit dem im Herbst 2023 als Single veröffentlichten „Stay“. Ohne Frage keine ganz schlechte Wahl. Denn „Stay“ ist eingängig und hat einen Refrain, der schnell im Ohr bleibt. Außerdem gibt der Song gerade Hörer:innen, die sich bisher wenig mit der Band beschäftigt haben, einen guten ersten Überblick darüber, was man bei FLOYA erwarten kann.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Letzteres gilt auch für den folgenden Track „Willows“. Gerade hier wird klar, dass FLOYA keine typische Alternative Rock-Band ist. Man könnte sich den Song auch gut mit weniger Synthie und mehr Gitarren vorstellen, denn das Songwriting würde auch funktionieren, wenn sich der Sound der Band mehr am klassischen Stil orientieren würde. Wer also drückende Gitarren sucht, wird bei FLOYA etwas länger suchen müssen.

Typische Strukturen in untypischem Sound

Die Suche wird aber zu einer der unzähligen anderen Bands im Genre führen, die sich nicht so viel trauen wie FLOYA. Denn – das zeigen auch die weiteren Songs auf „Yume“ – die Band hat sich im Laufe der letzten zwei Jahre einen ganz eigenen Stil, eine ganz eigene Nische geschaffen. Wie bereits erwähnt, finden sich gerade im Songwriting immer wieder klassische Ansätze. Aber die Band hat es geschafft, ihre Songs in ein Gewand zu gießen, das es so zumindest in Deutschland nicht gibt. Einen nicht unerheblichen Anteil an eben diesem ganz besonderen Sound hat Produzent Christof Kempe, der auch in das Songwriting involviert wird. Kennt man ihn ansonsten vor allem aus Post Hardcore- oder Metalcore-Produktionen wie Elwood Stray, zeigt er bei FLOYA die ganze Breite seiner Fähigkeiten. Beeindruckend, wie stimmig das Soundkonzept schon in diesem frühen Stadium der Bandgeschichte ist.

Eine Band, wie es sie noch nie gab

Floya ist übrigens nicht nur in Sachen Sound eine besondere Band. Auch die Besetzung ist alles andere als typisch. So besteht die Band nur aus Gitarrist Marvin Bruckwilder und Sänger Phil Bayer. Live wird das Duo zwar von einem Schlagzeuger unterstützt, ansonsten ist aber auch die Besetzung ein Statement. Und auch hier gilt: 5 Dudes mit bösen Blicken, abgelichtet in einem Wald hatten wir auch schon oft genug. Außerdem machen die beiden die Personalknappheit mit reichlich Erfahrung wieder wett. Phil Bayer hat bis 2018 bei Time, The Valuator gesungen und Marvin Bruckwilder wird vielen noch aus seiner Zeit als Gitarrist von Alazka im Gedächtnis geblieben sein. Schon damals waren seine Lead-Melodien ein wichtiger Baustein der Songs – dies gilt bei FLOYA erst recht.

FLOYA können es auch verspielt und vielschichtig

Auch wenn FLOYA in vielerlei Hinsicht untypisch sind, gibt es auch bei Ihnen ganz Gewöhnliches. Zum Beispiel die Tatsache, dass es die eingängigeren Songs eher auf die vordere Albumhälfte geschafft haben und es im hinteren Teil dann auch schon einmal etwas weniger leicht verdauliche Kost gibt. Das ist aber überhaupt nicht negativ gemeint. Songs wie „Florescent“ oder „Lights Out“ sind ganz einfach etwas verspielter und vielschichtiger. FLOYA zeigen hier, dass sie musikalisch voller spannender Ideen stecken. Langweilig wird es so schnell nicht werden!

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Foto: Aurélien Mariat / Offizielles Pressebild

ALBUM
Yume
Künstler: FLOYA

Erscheinungsdatum: 08.03.2024
Genre: , ,
Label: Arising Empire
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Stay
  2. Willows
  3. Wonders
  4. Drift
  5. The Hymn
  6. Weaver
  7. Epiphany
  8. Florescent
  9. Lights Out
  10. Yume
FLOYA Yume
FLOYA Yume
8.5
FAZIT
Wer FLOYA in den letzten beiden Jahren aufmerksam verfolgt hat, konnte mit jeder neuen Single dem Debütalbum „Yume“ beim Entstehen zuschauen. Ein spannender Prozess, der aber mit sich bringt, dass das Release des Albums wenig Neues mit sich bringt. Das ist aber kein großes Problem, wenn man „Yume“ als Zusammenfassung oder Zeugnis der ersten beiden Jahre als Band versteht. Und was ist die Zusammenfassung der Zusammenfassung: „Yume“ ist für ein Debütalbum wahnsinnig ausgereift, lässt aber genug Platz, um Neues zu entdecken. Auf Floya muss man sich einlassen – aber wer es tut, wird es nicht bereuen.