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Kritik: Comeback Kid - "Trouble"

Winnipeg, Kanada. 4:50 a.m. Nur allzu gerne wäre man hier der aus dem Morgennebel tretende Zeitungsbote, der beim Hause der Neufelds ...

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Winnipeg, Kanada. 4:50 a.m. Nur allzu gerne wäre man hier der aus dem Morgennebel tretende Zeitungsbote, der beim Hause der Neufelds das zu einer handfesten Rolle gegniedelte Tagesblatt wieder einmal ein wenig zu fest gegen die schon leicht blätternden Fensterläden schleudert, nur damit der Herr des Hauses irgendwann mal wutentbrannt das Haus verließe und einem eine ganz und gar persönliche Widmung hinterher brüllte. Eine Ehre wäre das.

COMEBACK KID IN GEWOHNT STARKER FORM

Ginge es darum, zukünftig einen Live-Avatar für Andrew Neufeld zu entwickeln, zählte diese Aufgabe wohl zu den anstrengendsten schlechthin. Mehr noch, dieser Mann gälte wohl als digital schlicht nicht rekonstruierbar. Immerhin verhalf er Comeback Kid auf den Brettern dieser Welt zu dem Ruf einer der besten Livebands dieses unseren Planeten.

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Andrew Neufeld ist eben genau die menschgewordene Bestie, die sich eigentlich jede Band als Fronter nur wünschen kann. Und das liegt nicht lediglich an seiner explosionsartigen Performance oder aber seinen Sangeskünsten, sondern auch an seiner menschelnden Authentizität. Neufeld und seine Band Comeback Kid sind schlicht greifbar wie bodenständig und haben es trotz musikalisch recht überschaubarer Mittel mit an die Spitze des Genres Hardcore geschafft. Und halten sich dort bis zum heutigen Tag.

KEINE ANGST VOR WEITERENTWICKLUNG

Aus dem Posi-Core der Anfangszage ist nicht zuletzt durch „Outsider“ und dem höllischen „Heavy Steps“ längst metallisch geprägter Hardcore geworden, der auch mit der neuen Schule liebäugelt. „Trouble“ ist aufgrund seiner Spielzeit leider nur ein Trittstein hin zum nächsten Langspieler und bietet somit lediglich vier Steilvorlagen für die nächste Livesause der Kanadier.

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CBK BANNEN LIVE-ENERGIE AUF BAND

„Disruption“ gleicht einem melting pot all jener eben erwähnter musikalischer Kompetenzen: das Blut pulsiert und wird förmlich durch die Saiten von Ross und Hiebert gejagt, Jesse Labovitz scheucht die komplette melodische Achse durch unzählige, mal mehr, mal weniger erwartbare  Windungen als auch Tempowechsel und spielt förmlich mit der eigenen Variabilität. Unfassbar, von welch technischem Niveau aus die Kanadier mittlerweile auf den Nachwuchs herab schreien. „Trouble In The Winner‘s Circle“ ist schon weit mehr im Rock beheimatet und genügt dabei den Ansprüchen der Radiokompatibilität dennoch nur in Maßen. Man hat fast den Eindruck, für Neufeld und Co. wäre es – fast wie im Fall der frühen, unverschämt ungehobelten Your Demise – eine Zumutung, den Fuß mal kurzzeitig vom Beschleunigungsriegel zu nehmen. 

Und auch „Chompin‘ At The Bit“ schlägt in jene musikalische Kerbe und nimmt lediglich im Refrain die Zügel spürbar lockerer. Das finale, sogar ganze vier Minuten andauernde „Breaking And Bruised“ nimmt sich im Aufbau mehr Zeit, besteht sogar im Aufbau der Strophe lediglich aus einer Bassline, bis schließlich im Refrain wieder im gewohnten Verbund der Ziellinie entgegen gebrüllt wird. Lediglich für „Chompin‘ At The Bit“ gibt’s qualitative Abzüge allenthalben in der B-Note.

Eines steht fest: Das Leben ist zu kurz für mittelprächtige Live-Avatare! Es bleibt daher weiterhin zu hoffen, dass Neufeld mit eben diesem noch recht lange warten wird. Für eine solch prägnante Leistung gehört das Menschsein einfach dazu.

Foto: Aaron Schwartz / Offizielles Pressebild

ALBUM
TROUBLE (EP)
Künstler: Comeback Kid

Erscheinungsdatum: 15.03.2024
Genre: ,
Label: SharpTone Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Trouble In The Winners Circle
  2. Disruption
  3. Chompin' At The Bit
  4. Breaking And Bruised
Comeback Kid Trouble
Comeback Kid Trouble
8
FAZIT
Selbstverständlich ist es auch bei vier Songs so, dass Comeback Kid anno 2024 gänzlich ohne musikalische lowlights auskommen; vielmehr bündelt der Fünfer seine Energien in unsäglich drückenden Dreiminütern. Live oder aber auf Band gebannt - langweilig wird‘s hier nie. Das genaue Gegenteil ist sogar der Fall: Neufelds pulsierendes Gemüt erweckt eine jede Sekunde dieser EP quasi zum Leben.

In Summe ist „Trouble“ dabei eine lyrisch recht kryptische, in Hinsicht auf seine grundlegende Aussage jedoch recht deutliche Statusmeldung Neufelds zur Entwicklung der Menschheitsgeschichte und dieser unseren Gesellschaft. Eines ist und bleibt dabei bedenklich: hierzu hat selbst der sang- und klangloseste Untergang etwas Heroisches!