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Kritik: Bring Me The Horizon - "POST HUMAN: NeX GEn"

Lange mussten Fans von Bring Me The Horizon warten, doch dann ging alles ganz schnell! Gerade einmal ein Tag lag ...

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Lange mussten Fans von Bring Me The Horizon warten, doch dann ging alles ganz schnell! Gerade einmal ein Tag lag zwischen der neuerlichen Ankündigung des neuen Albums „POST HUMAN: NeX GEn“ und dem eigentlichen Release am 24. Mai 2024. Ob sich das Warten gelohnt hat und ob die Gruppe um Oli Sykes erneut für ein paar Überraschungen gut war, das erfahrt ihr in unserer ausführlichen Rezension.

Eines kann man vorab festhalten: Mit „POST HUMAN: NeX GEn“ liefern BMTH ein Gesamtkunstwerk. Die einzelnen Songs gehen von Beginn an ineinander über, sodass es sich definitiv empfiehlt den Shuffle-Modus beim Streaming-Dienst auszuschalten und das Album von vorne bis hinten durchzuhören. Aus diesem Grund soll auch in dieser Rezension in chronologischer Reihenfolge ein Auge auf das neue Album der Band aus Sheffield geworfen werden.

Ein erster Schritt in die neue Generation

Generell stellen Bring Me The Horizon eine der wandelbarsten Bands in der aktuellen härteren Musikgeschichte dar. Begonnen in den Tiefen des Deathcores, revolutionierte die Band mit Alben wie „Sempiternal“ und „That’s The Spirit“ kurzerhand den Metalcore, nur um dann weiterzuziehen. Bring Me The Horizon stehen seit eh und je für Fortschritt und dieser bricht auch auf „POST HUMAN: NeX GEn“ nicht ab. Begonnen wird mit „[ost] dreamseeker“. Dem kürzesten Track des Albums, auf dem man primär Schritte hört, sowie einen näher kommenden Sound.

Mit „YOUtopia“ startet dann der erste vollwertige Song. Geboten wird ein Mid-Tempo-Song, der einen stark elektronisch-crunchigen Sound aufweist. Wahrscheinlich können es sich lediglich Bands wie Bring Me The Horizon erlauben, bereits im ersten Song einen gar hymnenartigen Refrain einzubauen. Dabei präsentiert Oli Sykes seine breite Vocal-Range und geht in erstaunliche Gesangshöhen. Generell spielt das Stück mit den Kontrasten und beweist von Beginn an, dass auf diesem Album alles etwas anders läuft! So ist das Spiel der unterschiedlichen Lautstärken auffallend. In den ruhigen Teilen des Songs sind zwischenzeitlich sogar Natur-Geräusche zu hören, während die lauteren, intensiveren Parts von elektronischer Härte geprägt sind.

Ein nahtloser Übergang springt in „Kool-Aid“, eine bereits veröffentlichte Single, die sich nun ausgesprochen gut in den Gesamtsound des Albums einfügt. Erneut ein besonders gelungenes Spiel der Kontraste! Den bedrohlich-harten Strophen stellt sich ein beinahe poppiger Refrain entgegen, der mit einer herausstechenden Melodie bereits seit Veröffentlichung für einen Ohrwurm sorgt. Bereits der Vorgänger „POST HUMAN: SURVIVAL HORROR“ bewies das Gespür der Band für elektronische Einflüsse. „POST HUMAN: NeX GEn“ stellt eine spürbare Weiterentwicklung dar. So umarmt der elektronische Soundteppich Sykes Stimme und findet seinen Höhepunkt in den Breakdowns, die beinahe Drum-n-Bass-artige Auswüchse annehmen.

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Japan, Videospiele und richtig Meddl!

Bring Me The Horizon legten dem gesamten Album eine futuristische Grundnote zu Grunde. Dabei schreckte die Band nicht zurück, an vielerlei Stelle Videogame-Sounds zu verwenden und sich gleichzeitig an der japanischen Pop-Kultur zu bedienen. „Top 10 staTues tHat CriEd bloOd“ beweist dies stark! Die anfangs stark hochgepitchte Computerstimme wird durch ein Gitarrenriff aus dem klassischen Metalcore abgelöst. Dem gegenüber steht der cleane Gesang, welcher dem modernsten Rock entsprungen ist. Die Klimax der Refrains sind ein Stilmittel, welche sich durch das gesamte Album ziehen. Gesteigert werden diese durch das Schlagzeug, welches gegen Ende zuhauf aus knüppeligen Blastbeats besteht.

„liMOusIne“ stellt das erste Feature auf „POST HUMAN: NeX GEn“ dar. Bring Me The Horizon holten sich hierfür Sängerin AURORA ins Boot. Die anfangs düsteren und schweren Vocals werden im Verlauf von industriellen Sounds geschluckt. Grundsätzlich erwartet die Hörer:innen hier ein deutlich gradlinigerer Song, der Gedanken an Linkin Park ist hier definitiv nicht weit her geholt. Die Stimmen von Sykes und AURORA ergänzen sich herausragend gut. So liefert der BMTH-Frontmann eine Härte und Crunch mit seinem Sound, während die Sängerin mit Klarheit den Sound durchbricht. Interessant ist außerdem, dass in den Duett-Parts, AURORA die tiefen Tonlagen zu singen scheint, während sich Sykes an den Höhen versucht.

Einer der Songs, der perfekt für den aktuellen Bring Me The Horizon-Sound steht ist „DArkSide“. Von vielen versucht zu kopieren, aber nie wirklich erreicht. Die zahlreichen Layer des Songs treiben diesen voran und überladen ihn zu keinem Zeitpunkt. BMTH beweisen, dass sie ganz genau wissen, was sie tun und das kommt auch an. So geht „a bulleT w/ my namE On“ in eine härtere Richtung. Unterstützt wird der Song von Underoath-Fronter Spencer Chamberlain. Zu Beginn wirken die Effekte des Gesangs etwas übertrieben. Herausragend ist der Refrain des Songs. In feinstem Two-Step-Beat versetzen die Screams jeden in die 2000er Jahre zurück. Den Kontrast dazu (wie sollte es auch anders sein?) liefert der eingängige Breakdown, welcher modern und voller Kraft durchschlägt.

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Bieten Bring Me The Horizon einen Moment zum Durchatmen?

Die Antwort ist: Nein! Denn auch der zweite, interlude-artige Track „[ost] (spi)ritual“ bietet einen trappigen Beat, der durch basslastige, chorale Vocals ergänzt wird. Damit bietet das Stück weit mehr, als blos einen Übergang in den nächsten Song „n/A“. Mit dem cleanen Sound des Gesangs erinnern die Strophen an Werke von Kollege Yungblud. Wenn man in diesem Stück ein Haar in der Suppe finden möchte, so könnten dies durchaus die sehr hart geschnittenen Drums sein, die das Maß des guten Geschmacks auf eine etwas härtere Probe stellen, auf der anderen Seite sorgt das Schlagzeug in gewohnter Manier auch für die Steigerung der Intensität im letzten Refrain.

Fans von Bring Me The Horizon werden bereits vor dem Release des Albums über „LosT“ gestolpert sein. Die Strophen, welche beinahe einen pop-punkigen Grundton aufweisen, werden durch einen äußerst eingängigen Refrain ergänzt. Insgesamt wirkt das Stück gradlinig, auch wenn die Samples ein hohes Maß an kreativem Output beweisen. „sTraNgeRs“ bringt emotionales Drama in das Album. Ein harmonische 3/4-Takt wiegt die Hörer:innen voller Gefühl in seinen Armen. Die mehrstimmigen Screams beweisen außerdem ein hohes Maß an Gesangskunst. Ihr braucht nach all dem Gefühl etwas mehr … Power?! Die bekommt ihr mit „R.i.p. (duskCOre Remix)“. Ein wahrer Song der Kontraste, der den dreifachen Spagat zwischen Elektronik, trappigen und poppigen Strophen und nicht verkennbaren Core-Wurzeln versucht, und ihn meistert. Beendet wird das Ganze mit einer Trauerrede auf einer Beerdigung, welche sowohl zu diesem Songtitel, als auch zum darauffolgenden passt.

„AmEN“ wurde gemeinsam mit Lil Uzi Vert sowie Daryl Palumbo von Glassjaw realisiert und stellt einen der herausstechenden Hits der vorab veröffentlichten Songs dar. Besonders der Rap von Lil Uzi Vert bereichert das Portfolio auf Bring Me The Horizons neuster Platte. Darüber hinaus greift das Stück die Stimmung der vorangegangenen Songs auf und behält sie bei, ebenso wie den 3/4-Takt.

Letztes Level!

„[ost] p.u.s.s.-e“ läutet den letzten Teil von „POST HUMAN: NeX GEn“ ein. Zu hören sind Zusammenschnitte unterschiedlicher Medien. Diese werden von einem hektischen, tiefgehenden Drum-Pattern abgelöst, welche erneut in eine DnB-Richtung münden. Insgesamt wirkt dieser Track ein Stück zu lang und reißt die Hörer:innen damit kurzzeitig aus der Erfahrung des Albums heraus. „DiE4u“ wirkt wie der passende Song, um den musikalischen BMTH-Sog wieder aufzubauen. Der erlösende Schrei zu Beginn des Songs wird mit gleich mehreren Schlagzeugbeats aufgefangen; spannend ist zu hören, dass allein die Drums mehrere Stile vereinen – und das im gleichen Moment. Darüber hinaus wirkt der Track sehr persönlich, spürbar und trifft genau den richtigen Punkt. Und das bei einem Album, das so inszeniert und durchdacht wirkt.

Das Finale stellt „DIg It“ dar. Die Computerstimme aus den vorangegangenen Stücken taucht zum letzten Mal auf. Musikalisch haben wir es hier mit einer akustischen, sehr verletzlichen Strophe zu tun, welche im Verlauf stetig verzerrter wird. Dies mündet in wiederkehrenden, elektronischen Störgeräuschen; es scheint beinahe so, als würden Bring Me The Horizon in den Tiefen des Cyberspace versinken. Der daran anschließende Breakdown summiert beinahe alle Stilelemente von „POST HUMAN: NeX GEn“ auf. So sind sowohl Industrial-Sounds, genauso wie kirchliche Geräuschkulissen vereint. Nach einer langen Stille erscheint dann eines der Easter Eggs des Albums. Die Computerstimme „EVE“ erscheint erneut und stellt der Community ein Rätsel. Dieses, genauso wie die sonderbare Schreibweise stellen die Bring Me The Horizon-Fanbase derzeit auf eine harte Knobel-Probe.

Foto: Bring Me The Horizon / Offizielles Pressebild

ALBUM
POST HUMAN: NeX GEn
Künstler: Bring Me The Horizon

Erscheinungsdatum: 24.05.2024
Genre: , ,
Label: Sony Music
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. [ost] dreamseeker
  2. YOUtopia
  3. Kool-Aid
  4. Top 10 staTues tHat CriEd bloOd
  5. liMOusIne (feat. AURORA)
  6. DArkSide
  7. a bulleT w- my namE On (feat. Underoath)
  8. [ost] (spi)ritual
  9. n/A
  10. LosT
  11. sTraNgeRs
  12. Rip (duskCOre RemIx)
  13. AmEN! (feat. Lil Uzi Vert, Daryl Palumbo & Glassjaw)
  14. [ost] puss-e
  15. DiE4u
  16. DIg It
Bring Me The Horizon POST HUMAN: NeX GEn
Bring Me The Horizon POST HUMAN: NeX GEn
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FAZIT
Fans von Bring Me The Horizon sind es schon lange gewohnt, dass sich die Briten stets neu erfinden. Mit „POST HUMAN: NeX GEn“ liefern BMTH genau das, was man sich erhofft hatte. Ein epochales, durchdachtes und nahezu makelloses Musikerlebnis. Kaum eine Band schafft es derzeit eine solche Vielzahl an Einflüssen intelligent zu vereinen und sich dennoch treu zu bleiben. Grandios!