Review

Death Metal

Kritik: Benighted - "Obscene Repressed"

Da ist es, das nunmehr zehnte Album von Benighted, der Deathgrind-Truppe aus Balbigny, Frankreich. Es hört auf den Namen “Obscene ...

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Da ist es, das nunmehr zehnte Album von Benighted, der Deathgrind-Truppe aus Balbigny, Frankreich. Es hört auf den Namen “Obscene Repressed” und kommt mit zwölf Songs sowie zwei Bonus-Tracks daher. Die Jungs scheinen also auch nach 21 Jahren Bandgeschichte kein bisschen müde zu sein.

Benighted bleiben sich und ihrem Genre auf „Obscene Repressed“ treu

Ich bin das erste Mal 2011 mit dem damaligen Album “Asylum Cave” und vor allem dem Song “Let the blood spill between my broken teeeeeeeeeeeeeeeeeth” auf die Band aufmerksam geworden. Bei meinem 18-jährigen Ich ebbte so langsam die Begeisterung für die damals sehr präsenten Core-Genres rund um Bands wie Suicide Silence, Killswitch Engage, All That Remains und Co. ab. Ich war auf der Suche nach neuem, “richtig bösen Zeug”.

Zu meiner Freude, aber mit Sicherheit dem Leidwesen meiner Eltern, fand ich recht schnell den Zugang zu den, ich nenne sie mal, Extrem-Metal-Genres. Die Core-Breakdowns, in denen meine Eltern zumindest noch einen Rhythmus ausmachen konnten, wurden durch brachiale und extrem schnelle Blastbeats von Bands wie Aborted, Katalepsy und eben auch Benighted ersetzt. Für meine Eltern nur noch “Krach”, für mich dagegen die Endstufe des komponierten Chaos und die höchste Dosis der musikalischen Reizüberflutung.

Das Album beginnt mit dem Titeltrack “Obscene Repressed” und der startet mit leisem Knacken und undefinierbaren Geräuschen. Beim ersten Hören im Auto auf dem Weg zur Arbeit, hatte ich an der Stelle etwas unglücklich die Anlage lauter gedreht. Was ich da nicht wusste: Die Geräusche und das Knacken werden nur kurze Zeit später durch einen, in der Situation, unerwartet infernalisch lauten Schrei durchbrochen. Auf den ersten Kaffee am Morgen konnte ich danach definitiv verzichten.

Das Album beginnt nach dem Schrei dagegen genauso, wie ich es erwartet hatte. Es ist Deathgrind, wie man ihn sich vorstellt, mit schnellen Blastbeats, noch schnelleren Gitarrenriffs und einem Julien Truchan in Höchstform. Ich spare es mir hier ausnahmsweise mal auf jeden Song einzeln einzugehen, da das Album sehr gradlinig geschrieben ist und ich es daher als sinnvoller erachte, den Fokus auf die Sachen zu legen, die aus dieser Gradlinigkeit herausstechen.

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“Brutus”, der dritte Song auf dem Album, beginnt mit einem unerwartet ruhigen Intro, das einen sehr atmosphärischen Hauch hat. Eine ähnliche Atmosphäre findet man in der Bridge von “Muzzle”, wobei diese noch durch ein technisch anspruchsvolles Solo mit Anleihen aus dem Jazz untermalt wird. Danach geht’s in beiden Fällen dann aber auch wieder direkt weiter wie gewohnt: mit knackigem DeathGrind.

Eine weitere Besonderheit ist der Song “Implore the Negative”. Hier findet man ein wirklich gut gelungenes Feature von niemand geringerem als Jamey Jasta, bekanntlich Sänger bei Hatebreed, einer der wohl größten Hardcore-Bands weltweit. Jasta und Truchan harmonieren hier stimmlich wirklich ausgesprochen gut und der Mix des Songs, der auch einen gewissen Hang zum Hardcore aufweist, ist eine angenehme Abwechslung auf dem Album.

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Der Rest des Albums zeigt, wofür Benighted bekannt sind: Schnelligkeit, Technik, Brutalität und noch etwas mehr Schnelligkeit. Was die Jungs hier an den Instrumenten liefern, beeindruckt und auch die Produktion als solche ist stimmig. Hier sticht gerade das präzise Schlagzeug heraus.

Wo ich bei Julien Truchan schon früher manchmal Probleme hatte, war seine Verständlichkeit. Das liegt zum einen wohl etwas an der Art zu shouten, bis dato hatte ich dies aber auch immer etwas auf die Produktion des Gesangs geschoben. Auf “Obscene Repressed” hat sich das definitiv verbessert, trotzdem gibt es weiterhin Passagen, die aufgrund der einzigartigen Growls von Truchan nicht zu verstehen sind. Ich denke jedoch, dass dies mehr als Stilelement anzusehen ist.

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Heute ist mein Erstkontakt mit Benighted dann etwa 9 Jahre her. Ich bin mittlerweile 26 Jahre alt und durch die Arbeit bei MoreCore hat sich gerade in den letzten 3 Jahren mein musikalischer Horizont noch einmal gewaltig erweitert. Mit 18 war diese Abwendung von jeglichen Konventionen eine riesige Innovation und auch heute bin ich immer noch ein großer Fan von innovativen Bands.

Death und Grind findet sich aber nur noch selten in meinen Spotify-Playlists und auch Benighted habe ich vor dieser Rezension schon lange nicht mehr gehört. Trotzdem ist das Album genau das, was ich erwartet habe: Ein wirklich gutes Deathgrind-Album.

Benighted ist eine Band, die schon seit Jahren exakt weiß, worauf sie Bock hat. Vielleicht überlassen sie dadurch auch ganz bewusst die Innovation in dem Genre jungen Bands wie zum Beispiel Code Orange, die sich mit Sicherheit auch Inspirationen aus dem Death und Grind suchen. Genau sowas macht es für mich sehr schwierig, dieses Album zu bewerten.

Bewerte ich dahingehend, ob Benighted mit diesem Album das erreichen, was sie erreichen wollen, so müsste ich eine Top-Wertung geben.

Die Band liefert mit “Obscene Repressed” ohne Zweifel erstklassiges Material. Doch ich bin der Meinung, dass man den Faktor Innovation und die Entwicklung einer Band auch miteinbeziehen sollte und dann ergibt sich hier ein Zielkonflikt.

Bei Benighted sehe ich keinen innovativen Ansatz oder neue Einflüsse. Das muss aber auch gar nicht sein, gilt doch in der Neuzeit: Apache bleibt gleich! Also warum nicht auch: Benighted bleibt gleich?!

Foto: Season of Mist / YouTube: „Benighted – Brutus (Official Lyric Video)“

ALBUM
Obscene Repressed
Künstler: Benighted

Erscheinungsdatum: 10.04.2020
Genre:
Label: Season Of Mist
Medium: CD, Vinyl

Tracklist:
  1. Obscene Repressed
  2. Nails
  3. Brutus
  4. The Starving Beast
  5. Smoke Through The Skull
  6. Implore The Negative
  7. Muzzle
  8. Casual Piece Of Meat
  9. Scarecrow
  10. Mom, I Love You The Wrong Way
  11. Undivided Dismemberment
  12. Bound To Facial Plague
Benighted Obscene Repressed
Benighted Obscene Repressed
7.5
FAZIT
Für Fans der extremen Genres rund um Deathgrind ist “Obscene Repressed” in jedem Fall ein hörenswertes Album, bei dem sie genau das bekommen was sie erwarten. Leute die dagegen gerne die Entwicklung einer Band verfolgen und bei einem neuen Album auch etwas Neues erwarten, könnte etwas ernüchtert werden. Am Ende ist es nicht mehr und nicht weniger als "nur" ein gutes Deathgrind-Album.