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Kritik: You Me At Six - Truth Decay

You Me At Six haben ihrer Karriere, die nun auch schon fast 20 Jahre andauert, in Sachen Albumveröffentlichungen eine ordentliche ...

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You Me At Six haben ihrer Karriere, die nun auch schon fast 20 Jahre andauert, in Sachen Albumveröffentlichungen eine ordentliche Schlagzahl an den Tag gelegt. So verwundert es wenig, dass sich die Süd-Engländer zwei Jahre nach ihrem letzten Release Suckapunch mit Studioalbum Nr. 8 „Truth Decay“ zurückmelden.

„Suckapunch“ bekam seinerzeit vor allem für den Gesamtsound gute Kritiken. Neben dem Songwriting wurde auch die Aggressivität der Songs oft gelobt. Kann „Truth Decay“ hieran anknüpfen? Oder schlagen You Me At Six wieder einmal eine andere musikalische Richtung ein. Das haben sie bekanntlich auch schon das ein oder andere Mal getan.

„Mixed Emotions“ – auch im Songwriting von You Me At Six

Ohne ein großes Intro geht es im Opener „Deep Cuts“ direkt zur Sache. Das einprägsame Gitarrenriff wird dabei zum tragenden Element des gesamten Songs. You Me At Six zeigen schon früh, dass es auch auf „Truth Decay“ mit einer angenehm erfrischenden Portion Aggressivität und Tempo zugehen soll. In „Mixed Emotions“ – insofern ist der Songtitel sehr passend – wird dann aber erst einmal ein Gang zurückgeschaltet.

You Me At Six schreiben also nach wie vor auch gerne typische Popsongs. Das ist keineswegs negativ gemeint. Denn zum einen bricht der Song gerade in der zweiten Hälfte doch noch stark aus seinem braven Korsett aus. Zum anderen war es schon immer eine besondere Stärke der Band, sämtliche Spielarten des großen und weiten Begriffes Alternative Rock zu bedienen.

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Kein Song gleich dem anderen

Tatsächlich fällt früh auf, dass auf „Truth Decay“ kein Song dem nächsten gleicht. Man hört zwar immer wieder typische YMAS-Elemente – vor allem in den eingängigen Refrains – aus den Songs heraus. Doch davon abgesehen bietet die Band auch in Sachen Songwriting viel Abwechslung. Langweilig wird es so in jedem Fall nicht.

Und mit „No Future? Yeah Right“, das mit einem Feature von Enter Shikari-Fronter Rou Reynolds aufwarten kann, befindet sich in der ersten Albumhälfte auch direkt ein echtes Highlight. Die Enter Shikari-Elemente sind auch jenseits der Stimme von Reynolds gut herauszuhören. Nicht nur ein weiteres Element, sondern vor allem auch ein Song, der Spaß macht.

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Eine Best Of-Platte – nur mit neuen Songs

Dass sich die Band auf „Truth Decay“ so vielfältig und variabel wie selten zuvor zeigt, ist übrigens kein Zufall. So berichtet Sänger Josh Franceschi, dass es der Band bei der Entstehung des Albums darum ging, all die Elemente einzubringen, die You Me At Six ausgemacht haben und nach wie vor ausmachen. Die Band wollte ihrem eigenen Stil und Sound eine Art Update, einen neuen Anstrich verleihen.

Und so kommt Truth Decay tatsächlich wie eine Art Best Of-Platte – nur eben mit lauter neuen Songs – daher. Immer wieder tauchen Elemente und Songwritingstrukturen auf, die man so oder so ähnlich schon auf anderen Platten der Band gehört hat. Das ist weder verwerflich noch schadet es dem Hörerlebnis. Vielmehr zeigt es, wie gut YMAS ihren eigenen unverwechselbaren Stil entwickelt haben.

Es hat als Band schließlich auch seinen Reiz, sich einerseits auf bewährte Tugenden zu besinnen und andererseits das Bekannte und Bewährte aufzupolieren. Dass sich dabei der ein oder andere Song eher als Mitläufer durchmogelt, ist wenig überraschend. Auch das war auf anderen You Me At Six-Platten schon der Fall. Ein Song wie „Traumatic Iconic“ wird wohl eher nicht zum absoluten Hit des Albums werden.

„A Smile To Make You Weak(er) At The Knees” ist da schon eher ein Kandidat für den Titel des Ohrwurms. Der Song erfrischt gerade durch seine – im Vergleich zu den anderen Songs des Albums – einfache und klare Struktur und eben durch den eingängigen Refrain. Manchmal ist es ganz schnörkellos eben am besten. Vor allem, wenn der Song dazu auch noch mit viel Energie nach vorne geht.

Zum Ende wird es noch einmal emotional

Während viele Bands in den letzten Monaten auf ihren neuen Album geradezu ein Feature-Feuerwerk gezündet haben, halten sich You Me At Six hier vornehm zurück. Abwechslung bietet Truth Decay schließlich auch so schon.

Für den letzten Song „A Love Letter To Those Who Feel Lost“ haben sie sich dann aber doch noch einmal Unterstützung von Cody Frost geholt. Der Song ist – wie man angesichts des Titels erwarten kann – eher melancholisch. Die sich abwechselnden Gesangsparts von Cody Frost und Josh Franceschi sind aber stimmig und verleihen dem Song noch einmal eine ganz besondere Note.

Ein etwas überraschender, aber gelungener Ausklang. Und noch einmal ein weiteres Beweis der Vielseitigkeit von You Me At Six. Hier ist eben für jede:n etwas dabei.

Bild: You Me At Six / Offizielles Cover zu „Truth Decay“

ALBUM
Truth Decay
Künstler: You Me At Six

Erscheinungsdatum: 10.02.2023
Genre: ,
Label: AWAL Recordings Ltd.
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. DEEP CUTS
  2. Mixed Emotions (I Didn’t Know How to Tell You What I Was Going Through)
  3. God Bless The 90s Kids
  4. After Love In The After Hours
  5. No Future? Yeah Right (feat. Rou Reynolds)
  6. heartLESS
  7. Who Needs Revenge When I’ve Got Ellen Rae
  8. Breakdown
  9. Traumatic Iconic
  10. :mydopamine:
  11. A Smile To Make You Weak(er) At The Knees
  12. Ultraviolence
  13. A Love Letter to Those Who Feel Lost (feat. Cody Frost)
You Me At Six Truth Decay
You Me At Six Truth Decay
7.5
FAZIT
Emo? Punkrock? Alternative Rock? Auf die Frage, mit welchem Begriff sich der Sound von You Me At Six am ehesten beschreiben lässt, gibt auch "Truth Decay" keine Antwort. Ganz im Gegenteil: Album Nr.8 ist so vielseitig wie wohl keines zuvor. Die Idee, all das in ein Album zu stecken, was den Sound der Band ausmacht, wird die Hörer:innen womöglich hier und da (über)fordern. In erster Linie zeigt diese Idee und vor allem aber ihre Umsetzung, wieviel musikalische Vielfalt und wie viel Können in You Me At Six steckt. Wer das Wort Langeweile aus seinem Wortschatz streichen will, sollte unbedingt reinhören.