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Representation Matters: Eine Auswahl der spannendsten PoC-Acts der Szene

Wichtig und richtig.

VON AM 13/09/2022

Es sind schon lange nicht mehr nur weiße Typen in dreckigen Vans, die uns in der alternativen Musikwelt auf Trab halten. Aktuell sind es vor allem Namen wie WILLOW, Meet Me @ The Altar und Nova Twins, die als diverse Vorbilder im großen Rampenlicht der Szene stehen.

Doch bemerkenswerte Bands und Artists of Color, die absolut abgehen in dem, was sie tun, gab es schon immer – nur eben leider nicht so sichtbar.

Die Sichtbarkeit von People of Color (PoC) in der Szene lässt zu wünschen übrig

“We are a few black dots, in a white scene – for the most part”, beschreibt Jason Butler von Fever 333 die Situation in einem von Emo Nite geführten Diskussionspanel über Rassismus in der Szene. Schließlich fühlt man sich nicht nur als PoC-Artist manchmal im doch so weißen Pop-Punk und Metal(-core) Kosmos fehl am Platz. Auch als Fan kann es schwer sein, sich weder mit den Menschen auf der Bühne noch in den Merch-Ads oder Alt-Fashion Inspirationen wiederzufinden. Von Intersektionalität wollen wir gar nicht erst anfangen.

Can’t relate? Überlegt einfach mal kurz, wie viele People of Color wirklich in euren Spotify-Playlisten so vertreten sind… Jap, ganz genau. Daher möchten wir an dieser Stelle die Vielfalt der Community feiern und euch ein paar Bands vorstellen, die dies ebenso tun. Also, Trommelwirbel bitte und Bühne frei für:

Shoreline

Die Emo-Punk-Kombo Shoreline aus dem Münsterland kreidet unverblümt das an, was in der heutigen Welt so schiefgeht. 2015 gegründet und mit ihrer Debüt-LP “Eat My Soul” im Gepäck thematisiert nun ihre aktuelle Platte “Growth” unbequeme, gesellschaftliche Themen wie die Klimakatastrophe, Konsum und anti-asiatischen Rassismus.

Sänger Hansol Seung musste letzteres als Koreanisch-Deutscher selbst mehrfach am eigenen Leib erleben, weshalb er im Track “Konichiwa” von seinen Erfahrungen berichtet und damit den alltäglichen Erlebnissen der asiatischen Diaspora auch hierzulande Ausdruck verleiht. “Zu wissen, dass man nicht alleine ist, hilft sehr.”, erklärt er im offenen Gespräch mit Koreantation, einem Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven.

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Doch auch darüber hinaus setzen sich die Punker für den sozialen Diskurs ein, beispielsweise als Line-Up-Highlight des DECOLONOIZE Festivals 2022. Dabei handelt es sich um eines der vielen Events, welches vom Berliner Kulturkollektiv DECOLONOIZE ins Leben gerufen wurde, um den PoC-Musikschaffenden der Punk/Alt -Community in Deutschland eine Bühne zu geben.

Pinkshift

Ihr einzigartig-wilder Mix aus Grunge, Punk und einer Prise Pop-Eingängigkeit bescherte Pinkshift erst kürzlich einen Plattenvertrag bei Hopeless Records. Das Trio aus Baltimore veröffentlichte voriges Jahr noch in Eigenregie ihre Debüt-EP “Saccharine”, woraufhin die Heavy Music Awards die drei als Best International Breakthrough Band nominierten. Neben schlichtweg guter Mucke liegt es den Uni-Freund:innen ganz besonders am Herzen, den marginalisierten Gruppen in der Crowd ein Gesicht zu geben.

In einem Interview mit Kerrang schildert Vocalist Ashrita Kumar, wie sich sicherlich so manch Fan of Color bereits einmal gefühlt hat:

”When you’re the one brown kid in a venue full of white kids it’s like you’re outnumbered, and you don’t know that there’s so many people out there like you.”

Diesbezüglich habe sich ihrer Meinung nach jedoch in den vergangenen Jahren – mitunter auch durch die kreative Freiheit der Sozialen Medien – einiges getan. Klar ist aber auch, dass Pinkshift selbst ihren lautstarken Teil dazu beitragen, das System kritisch zu hinterfragen und den Wandel voranzutreiben. Auch ihre aktuelle Abriss-Single “GET OUT” tritt patriarchaler Bevormundung und der sogenannten “white supremacy” (dt. “Weiße Vorherrschaft”) auf den Schlips. Wichtig und richtig!

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Also: Auschecken, supporten und auf das Debütalbum „Love Me Forever“, das am 21. Oktober 2022 erscheinen wird, freuen. Cool to know: Ashrita wird als Feature-Gast auf dem kommenden Album von Punk-Legenden Anti-Flag zu hören sein.

UnityTX

Den Sound von UnityTX mag man wohl am ehesten irgendwo zwischen Hardcore, Hip-Hop und Nu-Metal einordnen. 2014 gegründet serviert die vierköpfige US-Kombo rund um Frontmann Jay Webster bereits seit ihrer Entstehung heftiges Material ohne Genregrenzen.

Ihre 2021er EP “HELLWAY” handelt vom strukturellen Rassismus und Websters persönlichen Erfahrungen mit Polizeigewalt in den USA. Als schwarzer Leadsänger einer Band, die aktuell als Support-Act für Szene-Ikonen Silverstein und The Amity Afflicition unterwegs ist, ist Repräsentation eine Herzenssache.

“I hope to create a culture for kids of all ethnicities. I want kids in the black community who grew up like me — who want to get into punk or heavy music but don’t feel comfortable because they’re not being represented — to know it’s possible. I want every single person who comes to our shows to feel free. If we can do that, everything else will work itself out.”

In gewohnter Manier überzeugt aktuell auch ihr frischester Output “Burnout”.

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Magnolia Park

Obwohl Magnolia Park erst seit knapp drei Jahren bestehen, droppen die Pop-Punk-Newcomer kontinuierlich neuen Content. Neben ihrer letzten EP „Heart Eater“, die dieses Jahr erschien, hat die Formation in den vergangenen Monaten bereits so einige Standalone-Singles veröffentlicht.

Mit ihrer energiegeladenen, frischen Herangehensweise an Pop-Punk landeten die aufstrebenden Musiker aus Orlando schließlich auf dem Labelroster von Epitaph Records. Auf der Liste der Dinge, von denen sie sich dabei nicht aufhalten lassen, stehen neben vermeintlichen musikalischen Grenzen vor allem der primär von weißen Perspektiven geprägte Pop-Punk ganz weit oben.

Somit betont die Gruppe beispielsweise ganz klar ihre Intention hinter dem Track “Don’t Be Racist”:

„We hope this song brings awareness to racism in the music industry, rock and pop-punk so the next generation of POC musicians are better off.“

Denn auch Fronter Joshua Roberts musste sich schon den ein oder anderen diskriminierenden Kommentar im Internet anhören, worauf die Kombo auf kreative Art und Weise auf ihrem TikTok-Kanal aufmerksam macht.

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… and the list goes on.

Natürlich kann unsere kleine Auswahl noch um einiges erweitert werden, weshalb wir euch die MoreCore „Representation matters“ Spotify-Playlist kuratiert haben. Denn da draußen gibt es unzählige weitere großartige PoC-Acts, die für eine inklusive und diverse Alt-Music Szene stehen und den Weg für marginalisierte Gruppen in der Branche weiterhin ebnen. Der erste Schritt besteht immer darin, das Problem als solches zu erkennen und erkennbar zu machen.

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Schließlich ist es die gemeinsame Leidenschaft für Musik, der Spaß am Moshen und die geteilte Freude an harten Breakdowns, die uns als Punk- und Core-Community zusammenschweißen – und da hat, wie auch sonst irgendwo, Rassismus einfach keinen Platz.

Foto im Auftrag von MoreCore.de: Hanna Wollny (sonderbar.fotografie)

GLOSSAR
Da in diesem Beitrag einige für den Diskurs sehr spezifischen Begriffe verwendet werden, folgt hier nun eine kleine Wortkunde:

Person of Color/ People of Color ist „eine internationale Selbstbezeichnung von/für Menschen mit Rassismuserfahrungen“ (siehe hierfür das Glossar von Amnesty International hierzu).

Intersektionalität beschreibt das gleichzeitige Wirken mehrerer Diskriminierungskategorien, wie sie beispielsweise eine Frau of Color erlebt (Sexismus und Rassismus).

Schwarz/ weiß grenzen sich durch die Schreibweise von den beschreibenden Adjektiven ab und bezeichnen eine durch Rassismus geprägte, ideologische Zuordnung.

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