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AlternativeRock

Kritik: Puscifer - "Existential Reckoning"

Es scheint so, als wären die Aliens gelandet! Zumindest wenn man dem neusten Werk von Puscifer glauben darf. Das neue ...

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Es scheint so, als wären die Aliens gelandet! Zumindest wenn man dem neusten Werk von Puscifer glauben darf. Das neue Platte des Trios um den Tool– und A Perfect Circle-Frontmann Maynard James Keenan trägt den Titel „Existential Reckoning“. Ihr fragt euch, auf welche Reise euch die Band auf dem zwölf Song starken Tonträger mitnimmt? Wir verraten es euch!

Puscifer liefern mit „Existential Reckoning“ tiefgründige Kost

Fünf Jahre zogen ins Land, seitdem das letzte Studioalbum „Money Shot“ veröffentlicht wurde. Fünf Jahre in denen es um Sänger Keenan alles andere als ruhig war, so veröffentlichte er sowohl mit Tool als auch mit A Perfect Circle jeweils ein Album. Um Puscifer, die sich vielmehr als musikalisches Projekt statt einer Band verstehen, wurde es allerdings ruhig.

Im Mai 2020 veröffentlichte die Band mit „Apocalyptical“ ihre erste Single samt Video aus dem neuen Album. Darin enthüllten die Mitglieder erstmals ihre neuen Alter-Ego und werfen sich als Spezial-Agenten in die tiefen der elektronischen Musik. Die kühlen Keyboard-Klänge, gepaart mit der teils minimalistischen Instrumentenutzung in den Song-Passagen passen perfekt zum Musik-Video.

Darin sieht man eine Person im Schutzanzug durch die verlassenen Straßen von Los Angeles auf einer Art Skateboard fahren. Darüber hinaus wird der Sound perfekt durch die Landschaftsaufnahmen von verlassenen Stränden oder dem menschenleeren Walk of Fame visualisiert. Der Sound zieht den Hörer sogleich in seine Fänge, ist einnehmend und fordernd. Die abwechselnd gesungenen Strophen-Passagen von Keenan und Sängerin Carina Round ermöglichen darüber hinaus die notwendige Abwechslung in einem gewollt monoton wirkenden Song.

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Bereits beim Blick auf das Cover von „Existential Reckoning“ zeigt sich, worauf das Album abzielt. Gezeigt werden zwei Aliens mit Kerzen in der Hand, in der Mitte eine Person mit Sonnenbrille, darüber hinaus ein UFO, welches eine Person in die Luft zieht. Wer an dieser Stelle lediglich an künstlerische Ergüsse denkt, liegt falsch. Die gesamte Platte unterliegt einem Konzept, einer Geschichte.

Sie handelt von Billy D, einem Mann, welcher spurlos in Arizona verschwand. Schnell kam die Theorie auf, dass es sich um eine außerirdische Entführung handle. Nun liegt es an den drei Agenten von Puscifer, das Verschwinden aufzuklären. Dafür bedient sich das Kollektiv nach eigenen Angaben einer Mischung aus Kunst und Ordnung, Leidenschaft und Mathematik, Hoffnung und Beweis. Und das hört man auch!

Die Synthesizer-Sounds bauen sich in den einzelnen Songs stringent auf und verfolgen eine gewisse Logik, während die gesamte Songstruktur nicht den klassischen Regeln folgt. Ganz im Sinne Keenans anderer Projekte experimentieren Puscifer mit unterschiedlichen Takt-Strukturen, die beim Hörer eine gewisse Umstellung erfordern. Um eine Ausnahme von der Regel zu erzeugen, ist der Song „Fake Affront“ vollständig im 4/4-Takt gehalten, sticht allerdings auch von lyrischer Seite aus hervor, da Keenan klare Worte findet und dem Song dadurch eine wütende, heißblütige Note auf einem sonst eher kühlen Album verleiht.

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Der Gesang auf „Existential Reckoning“ orientiert sich zu großen Teilen ebenfalls an der kalten, mechanischen Grundstimmung, die das Album versprüht. Wie bereits auf vergangenen Puscifer-Alben ergänzen sich die einzelnen Gesangsstimmen und versprühen dadurch einen a cappella-artigen Flair. Hinzu kommt, dass die Stimmen, besonders die von Maynard James Keenan, häufig durch Filter und Zerrung bearbeitet wurden. Dies wird beispielsweise besonders in „Grey Area“, oder auch in „Personal Prometheus“ deutlich. In anderen Stücken, wie zum Beispiel in „Theorem“, steht der weibliche Gesang eher im Vordergrund, wodurch Abwechslung geschaffen wird.

Auch die Effekte auf den Stimmen wechseln innerhalb der Songs. So ist die erste Hälfte des Stücks „Bread and Circus“ deutlich stärker verzerrt. Dies ändert sich im zweiten Teil, wodurch der Gesang klarer wird und dem Hörer einen direkten Zugang ermöglicht.

Zu guter Letzt soll noch auf die Grundstimmung der einzelnen Songs eingegangen werden. Zwar ist der Haupt-Sound von „Existential Reckoning“ klar definiert und spielt sich hauptsächlich in stark elektronisch geprägten, experimentellen und dennoch minimalistischen Themen ab, die Samples sorgen allerdings trotzdem für eine gewisse Vielfalt im Rahmen des Möglichen.

So wird der Song „Personal Prometheus“ durch eindringliche Ethno-Samples bestimmt und erhält dadurch seinen ganz einen Vibe. „Postulous“ hingegen versprüht eine Grundstimmung, die sich stark an die 80er Jahre rückbesinnt und verleiht dem gesamten Album dadurch eine weitere Note.

Foto: Robin Laananen / Offizielles Pressebild

ALBUM
Existential Reckoning
Künstler: Puscifer

Erscheinungsdatum: 30.10.2020
Genre: ,
Label: BMG/Warner
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Bread And Circus
  2. Apocalyptical
  3. The Underwhelming
  4. Grey Area
  5. Theorem
  6. UPGrade
  7. Bullet Train To Iowa
  8. Personal Prometheus
  9. A Singularity
  10. Postulous
  11. Fake Affront
  12. Bedlamite
Puscifer Existential Reckoning
Puscifer Existential Reckoning
8
FAZIT
Mit „Existential Reckoning“ schlagen Puscifer ein weiteres Kapitel ihrer musikalischen Geschichte auf. Das Album verfolgt ein festes Konzept und spielt mit den darin vorgegebenen Regeln. Der Sound ist druckvoll und dennoch kühl, darüber hinaus interessant, wirkt über die Länge des gesamten Albums allerdings ein Stück weit anstrengend.

Es handelt sich hierbei um Musik, die sich in den Vordergrund drängt und Aufmerksamkeit benötigt. Für eine leichte Hintergrundberieselung eignet sich das künstlerische Werk daher nicht, wer sich allerdings einmal die Zeit nimmt und sich der packenden, musikalischen Reise hingibt, der wird definitiv nicht enttäuscht werden.