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FolkRock

Kritik: Feuerschwanz - "Das Elfte Gebot"

Ich weiß nicht, ob ich Angst haben sollte oder nicht. Gestern ist das Album „Das Elfte Gebot“ der Band Feuerschwanz ...

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Ich weiß nicht, ob ich Angst haben sollte oder nicht. Gestern ist das Album „Das Elfte Gebot“ der Band Feuerschwanz erschienen. Eine Musikkapelle, die ihr sonst eher auf konventionelleren Metalfestivals auftreten seht, sofern dies euer Alkoholpegel noch zulässt.

Wie kommt es also, dass sich eine solche Band hier wieder findet? Nun, dieser Umstand ist wohl mir zu verdanken, der Hals über Kopf einwilligte, diese musikalische Machwerk für seine erste Review zu wählen. Und nun, da der Tag gekommen ist… überkommen mich gemischte Gefühle. Was wenn ich die nächsten 70(!) Minuten audiovisuelles Chaos über mich ergehen lassen muss? Eine Frage, die mich an diesem Freitagmorgen um 6 Uhr aus dem Bett und vor meinen Laptop gescheucht hat, um endlich Klarheit zu bekommen: Wie ist es um „Das Elfte Gebot“ bestellt?

Die Fakten zu „Das Elfte Gebot“ von Feuerschwanz

Bevor wir uns aber waghalsig in dieses Abenteuer stürzen, hier ein paar Fakten zum Album:

„Das elfte Gebot“ ist das neunte Studioalbum (und das elfte Release insgesamt, wenn man eine Live-Platte und eine Compilation mitzählt) der Folk-Rock Gruppe Feuerschschwanz. Das Album erblickte am 26.06.2020 das Licht der Welt und wird über Napalm Records vertrieben.

Es umfasst (in der Deluxe Version) 18 Songs, wobei es sich bei den letzten sieben um Coverversionen verschiedenster Rock- und Metal-Kapellen handelt, und erreicht eine stattliche Spielzeit von 70 Minuten. Diese 70 Minuten liegen nun vor mir und ich bin gespannt, was sie für mich bereithalten.

Da mir die Band aus früheren musikalischen Reisen ins Land der Drachen- und Metvernichter bekannt ist, hatte ich schon eine grobe Vorahnung, welche Form der Musik mich da überkommen wird: Deutschsprachiger Folk-Rock mit einem ungesunden Schuss an Klamauk und sexuellen Ein- und Zweideutigkeiten. Eine Kombination, die gerade unter ebenso ungesundem Alkoholkonsum ihre diabolische Wirkung entfaltet.

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NEUES MODELL – ORIGINAL-TEILE?

Umso überraschter war ich von den ersten Klängen, die mir der Opener “Meister Der Minne” um die Ohren säuselte. Orientalische Tonskalen, gepaart mit einem beherzt stampfenden Gitarrengespann.

Spätestens ab der zweiten Hälfte der ersten Strophe schimmert aber mit “Enthaltsamkeit ist schon ziemlich schwierig” und dem darauf folgenden (durchaus gelungenen) Singalong-Refrain wieder die bekannte Feuerschwanz-Attitüde heraus – hier jedoch gepaart mit einem Chorus, der durchaus von ernsteren Genre-Kollegen entliehen sein könnte. Es bleibt also zumindest musikalisch spannend.

MEHR ALS FOLKROCK

So geht es auf in den zweiten Track „Metfest“. Ein beschwingter Song, der zum beherzten Tanz mit Körperkontakt anregt, aber sowohl textlich als auch intentional nichts dem Titel hinzufügt. Aber wer braucht das schon? Hebt die Hörner und sauft die Fässer leer, heißt die Devise! Das wird musikalisch von Upbeat-Rock-Rhythmus mit Folk-Instrumenten begleitet.

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In mir erhärtet sich so langsam der Verdacht, dass dieses Album mehr den Fokus auf den Rock, als auf den Folk oder gar den Klamauk-Aspekt legt. Musikalisch wirkt dabei alles stimmig. Alles ist gut produziert und alles solide eingespielt. Für den Solo-Fan gibt es im Song “Kampfzwerg” zudem ein bisschen Shredding-Kunst zu belauschen.

Jedoch fällt mir über das Album hinweg auf, dass sich einige musikalische Aneignungen wohl von anderen Musikkapellen entliehen wurden (man vergleiche zum Beispiel “Lords of Powermet” mit einem beliebigen Song der Band Gloryhammer). Aber ganz ehrlich – Ich finde es gut! Und ein bisschen Powermetal-Einfluss hat noch keinem geschadet.

HIRN AUF SPARFLAMME, JETZT WIRD GELEBT

AUFS LEBEN! Diese Devise zieht sich weiter durch das Album. In moderat langen Songs (3 bis 4 Minuten) besingt Hauptmann Feuerschwanz leicht bekömmlich das Leben, den Met, den Tod, den Met, dass auch Zwerg-Damen Bärte tragen… und den Met!

Dabei bleibt es auch weitestgehend abwechslungsreich und beschränkt sich nicht nur auf das alt-leidige Bienen- und Blüten Thema – ODIN SEI DANK! Jedoch ist des Hauptmanns Leinenweste nicht ganz lupenrein.

Einige lyrische Ausflüge ins finstere Land der Anglizismen und Billigreime (“Hopfensmoothie”, “Lords of Powermet”) gibt es dann doch noch. Diese halten sich aber in Grenzen. Zu diesen Ausrutschern gesellen sich auch einige wenige Musikpassagen, die man eventuell nur einmal über sich ergehen lässt – aber wen kümmert’s, HOCH DAS HORN, weil um nichts anderes geht es hier! Und diese frohe Kunde überbringen Feuerschwanz – wie ich zu meiner Verwunderung feststellen muss – sehr gekonnt; bis zum Ende des aus eigener Feder stammenden Songmaterials.

DIE BONUSTRACKS

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Auf den letzten 7 Songs huldigen Hauptmann Feuerschwanz und seine Kapelle den Helden aus Teils nahen und teils fernen musikalischen Gefilden. Von Powerwolf und Sabaton bis Seeed, Rammstein und Die Toten Hosen ist hier alles vertreten.

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Von Coversongs kann man ja stets halten, was man möchte. Ich für meinen Teil war ganz froh darüber, nichts von dem Cover des Seeed-Hits “Ding” gewusst zu haben, aber ich glaube, so als Zugabe ist das durchaus mal eine amüsante Sache.

Aber alles in allem gibt es hier keinen absoluten Totalausfall. Tatsächlich halte ich das Sabaton- und Rammstein-Cover sogar für ziemlich stimmig.

Ich für meinen Teil bevorzuge aber tatsächlich die selbst geschriebenen Songs. Ein Statement, was ich mir vor knapp 70 Minuten nicht hätte vorstellen können, auszusprechen.

Credit: Nikolaj Georgiew / Offizielles Pressebild

ALBUM
Das elfte Gebot
Künstler: Feuerschwanz

Erscheinungsdatum: 26.06.2020
Genre:
Label: Napalm Records
Medium: CD

Tracklist:
  1. Meister der Minne
  2. Metfest
  3. Das elfte Gebot
  4. Kampfzwerg
  5. Im Bauch des Wals
  6. Mission Eskalation
  7. Schildmaid
  8. Malleus Maleficarum
  9. Lords Of Powerment
  10. Totentanz
  11. Unter dem Drachenbanner
Feuerschwanz Das elfte Gebot
Feuerschwanz Das elfte Gebot
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FAZIT
“Das Elfte Gebot” ist durch und durch ein adrettes Folkrock-Album, das jetzt nichts groß Neues zum Genre hinzufügt, aber auch nichts großartig falsch macht. Und gerade als Album von Feuerschwanz hat es mich doch sehr positiv überrascht. Wo ich anfangs noch von Flöten begleitete Sex-Witze erwartet habe, wurde ich schnell im Regen stehen gelassen und über das Album hinweg eines besseren belehrt.

Klar gibt es hier und da das ein oder andere kleine musikalische oder textliche Defizit und über Cover-Songs lässt sich für mich immer streiten. Aber alles in allem würde ich daran festhalten, dass man für dieses Album einfach mal Fünfe gerade sein lassen sollte und sein Horn auf das Leben, den Met und die Damen der Schöpfung erheben sollte. PROST IHR SÄCKE!