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Kritik: END - "The Sin Of Human Frailty"

Auf klassischer Hörer- wie Fanakquise waren END tatsächlich nie. Darüber hinaus war die Betitulierung als Supergroup in gleich zweierlei Hinsicht ...

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Auf klassischer Hörer- wie Fanakquise waren END tatsächlich nie. Darüber hinaus war die Betitulierung als Supergroup in gleich zweierlei Hinsicht stets bedenklich: Einerseits hatten es eben diese zu keiner Zeit nötig, mit Referenzen hausieren zu gehen, andererseits wurde die blanke romantische Vorstellung eines All Hit-Wonders, bestückt mit reichlich Billboard-Trophäen, in gleich jeder Hinsicht regelrecht mit Füßen getreten. Und das sogar noch aus Überzeugung.

END GEHEN BEREITS VON BEGINN AN IN DIE EXTREME

Nach dem 2020er Full Length-Einstand „Splinters From An Ever-Changing Face“ präsentieren Brendan Murphy (Counterparts), Gitarrist Will Putney (Fit For An Autopsy), Gregory Thomas (Shai Hulud), Bassist Jay Pepito (Reign Supreme) und schließlich Drummer Matt Guglielmo heuer ihren Nachfolger „The Sin Of Human Frailty“. Und dieser fällt in gleich mehrfacher Hinsicht nicht minder umwerfend aus.

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Allein schon mit dem eröffnenden „A Predator Yourself“ spielen END in gerade einmal 1,37 Minuten alles an die Wand, was dem hier vollumfänglich Gehör schenkt. Man bekommt es mit nicht weniger zu tun als in Summe 82 Sekunden kompakt verpresste Tempowechsel, Disharmonien und Brachialität, final verpackt in einen direkt eingespielten Gitarrensound, der fast gänzlich ohne Hall auszukommen scheint und der immer dann, wenn Putney die Saiten so richtig kräftig auf die Aufnehmer drückt, auf unfassbare Weise an den Nerven zerrt. Murphys Organ wird dabei sogar noch gezerrt, was allein schon dem Opener zu einem Gesamtbild verhilft, das allen Vergleichen trotzt.

TECHNISCH LASSEN END KEINE FRAGEN OFFEN

„Gaping Wounds Of Earth“ walzt sich zuerst noch tonnenschwer in Richtung Mittelteil, bei dem man dann fast schon meinen könne, Matt Guglielmo trete seine Bassdrum buchstäblich in Grund und Boden. Das eigene Gehirn wehrt sich zu jenem Zeitpunkt noch komplett, auch nur in Ansätzen musikalische Strukturen erfassen zu wollen. Und Murphy? Der kehlt sich derart monströs durch alle Taktungen, dass man ihm nicht mal bei Tageslicht unter die Augen würde treten wollen.

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DIE BAND LIEFERT INTENSITÄT BIS ANSCHLAG

Im dem direkt darauf folgenden Titelsong „The Sin Of Human Frailty“ vermag Guglielmo sogar einen Blast in den Breakdown als solchen einzudreschen, der somit innerhalb eines Songs das zu Tage fördert, was END als Band und eben dieses Werk in Gänze auch ausmacht: Auf Spannungsbögen wartet man hier vergeblich, da End schlicht keine Bögen erschaffen, sondern linear vorgehen, und das auf fast schon toxisch hohem Niveau.

Mit „Thaw“ gelingt Putney und Konsorten dann der nächste Jab und zeigt, dass die Band heuer auch das umzusetzen weiß, was Hits Hero is Gone in Sachen Intensität seinerzeit nicht viel besser hinbekommen haben. END setzten erstmals elektronische Elemente ein, dies jedoch derart wirkungsvoll, dass einem nach nicht einmal 15 Minuten erneut der Atem stockt. Putney und Thomas schrubben ihr Plektron förmlich über ihre Saiten, dass man meinen könnte, diese sollten auf ihre Strapazierfähigkeit hin getestet werden.

Beschlossen wird dieses Monstrum mit Debbie Gough (Heriot) auf fast schon balladeske Art und Weise, wobei es zu bemerken gilt, dass END dieser waschechte Drahtseilakt auch vollends gelingt.

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BIS ZUR LETZTEN MINUTE EIN INTENSIVES UNTERFANGEN

Ihren zweiten WTF-Moment setzen END bereits wenig später mit dem darauf folgenden „Embodiment Of Grief“. Nach durchdringenden Blasts und an den Nerven zerrenden Tempowechseln folgt ein packender Tapping-Refrain, der die musikalische Wandelbarkeit dieser Ausnahmemusiker unter Beweis stellt. Bei Songs wie diesen merkt man eindringlich, woran es gelegen haben mag, dass diese Band mit Andrew McEnaney und Billy Rymer in der jüngsten Vergangenheit bereits 2 Drummer verschlissen hat.

Auch „Twice Devoured Kill“ wird im Downtempo bestritten und unterstreicht abermals, dass END gerade bei gedrosseltem Tempo all ihre musikalische Brachialität zu entfalten wissen. Mit „Hollow Urn“ präsentiert das Quintett dann den zweiten, sich langsam aufbauenden Ausnahmesong, der im Aufbau vergleichsweise als fast schon zu konstruiert auffällt, bis man mit dem finalen Fünfminüter „Leper“ in Hinsicht auf dessen Intensität gleich wieder alles dem Erdboden gleichmacht.

Der einzige Punkt ist, dass der direkte Longplay-Vorgänger in Hinsicht auf seine Produktion eine ganze Ecke organischer klang als nun „The Sin Of Human Frailty“. Rein musikalisch bleibt jedoch eine nicht wenig gewichtige Erkenntnis: Das machen nicht einmal Converge besser.

Foto: END / Offizielles Pressebild

END News

ALBUM
The Sin Of Human Frailty
Künstler: END

Erscheinungsdatum: 27.10.2023
Genre:
Label: Closed Casket Activities
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. A Predator Yourself
  2. Gaping Wounds Of Earth
  3. The Sin Of Human Frailty
  4. Thaw (feat. Debbie Gough)
  5. Embodiement Of Grief
  6. Twice Devoured Kill (feat. J. R. Hayes)
  7. Worthless Is The Lamb (feat. Dylan Walker)
  8. Hollow Urn
  9. Infest
  10. Leper
END The Sin Of Human Frailty
END The Sin Of Human Frailty
9
FAZIT
Sowohl die enorm auffallende Musikalität aller hier Beteiligten als auch deren komplex arrangiertes Zusammenspiel zeigen, dass man es hier mit einer der begnadetsten Bands unserer Zeit zu tun hat. Es ist tatsächlich kaum möglich, musikalisch auf viel höherem Niveau zu musizieren. Vom schieren Effektgehalt und der Intensität kaum zu schweigen. END schaffen es mit „The Sin Of Human Frailty“, die Sparte des gehighspeedeten Hardcore bzw. Grind völlig klischeefrei auf links zu drehen.

Zur Hölle, da geht’s zweifelsfrei hier lang. Und egal, wo du gerade auch immer sein magst - END, die sind schon next level.

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