Review
Melodic HardcorePunkrock
Kritik: A Wilhelm Scream – "Lose Your Delusion"
Zwar haben A Wilhelm Scream in den letzten Jahren immer mal wieder davon gesprochen, an neuer Musik zu arbeiten, doch ...
VON
Mauritz Hagemann
AM 15/04/2022
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Zwar haben A Wilhelm Scream in den letzten Jahren immer mal wieder davon gesprochen, an neuer Musik zu arbeiten, doch nun hat es tatsächlich fast 10 Jahre gedauert, bis mit „Lose Your Delusion“ Studioalbum Nr. 7 und damit der Nachfolger des 2013er-Albums „Partycrasher“ in den Startlöchern steht.
In der Zwischenzeit hat sich nicht nur die Welt einige Male weitergedreht, auch innerhalb der Melodic Hardcore-Band aus Massachusetts gab es Veränderungen. So verließ Leadgitarrist Mike Supina die Band vor vier Jahren und wurde durch Jason Milbank ersetzt.
So klingt das neue Album „Lose Your Delusion“ von A Wilhelm Scream
Als wären neun Jahre Wartezeit nicht schon genug gewesen, gönnt sich die Band im Opener „Acushnet Avenue At Night“ – besungen wird eine Straße in New Bedford, dem Heimatort der Band – auch noch ein zwei Minuten langes, recht monotones Intro. Die restlichen drei Minuten gehen dann aber so druckvoll nach vorne, dass man der Band die lange Pause in keiner Sekunde des Songs anhört. Für einen ersten Song hätte es aber sicher auch ein etwas strukturierter, eingängiger Song getan.
Der wird dann aber unmittelbar im Anschluss mit „The Enigma“ abgeliefert. Der Band gelingt es hier, sowohl durch das Gitarrenriff als auch durch den Gesang deutlich mehr Akzente zu setzen ohne dabei zu abgedroschen zu wirken. Das bereits als Single veröffentlichte „GIMMETHESHAKES“ lässt die Stimmungskurve dann aber nochmals nach oben steigen, was vor allem an den eingängigen Gangshouts im Refrain liegt.
Dass sich die Band, die im Vergleich zu anderen Bands ihres Genres immer schon als progressiv galt, in der langen Zeit seit der letzten Veröffentlichung weiterentwickelt hat, zeigt sich im Folgenden vor allem an Songs wie „… And Big Nasty Was It_s Name-O“. Schon der Songtitel zeigt die Experimentierfreude, die sich dann auch im Songwriting zeigt.
Stichwort Experimente: Ein Song wie „Figure Eights in My Head“ hat gesanglich und instrumental so viele Skatepunkelemente zu bieten, dass man beinahe vergisst, dass nicht Kalifornien, sondern Massachusetts die Heimat der Band ist. Fast könnte man meinen, A Wilhelm Scream hätten jedes Subgenre zumindest in Ansätzen auf dem Album verewigen wollen, denn während „I_m Gonna Work It Out“ eher in eine Folk Punk-Richtung tendiert, geht es in „Apocalypse Porn“ deutlich rauer in einem Oldschool Hardcore-Gewand daher.
Ein solches Gesamtkunstwerk verschiedener Stilrichtungen und Elemente würde bei vielen Bands sicher schnell nach hinten losgehen, doch A Wilhelm Scream schaffen es mit all ihrer Erfahrung sehr gut, ein stimmiges Gesamtbild zu schaffen.
Dass „Lose Your Delusion“ dennoch gerade beim ersten Hören das eine oder andere Ohr überstrapazieren dürfte, ist gleichwohl nicht auszuschließen. Doch auch für die radio-verwöhnten Hörerinnen und Hörer hat die Band noch etwas in der Hinterhand. Wer es durch den ziemlich anspruchsvollen Mittelteil des Albums geschafft hat, wird mit einem Song wie „Be One To No One“ belohnt, der musikalisch trotz oder gerade wegen des Themas – die Überwindung von Depressionen – mit vielen Gitarren- und Gesangsharmonien sehr positiv daherkommt.
Dies gilt auch für die letzten beiden Songs der Platte – den Titelsong sowie „Downtown Start II“ – wer ein versöhnliches Ende gebraucht hat, der findet es in jedem Fall im Gitarrensolo von „Downtown Start II“ und ist dann auch bestimmt bereit für eine weitere Runde „Lose Your Delusion“, denn die braucht es sicher, um alles zu entdecken, was A Wilhelm Scream in die knapp 35 Minuten Spielzeit hineingepackt haben.
Foto: Sean Reilly / Offizielles Pressebild
Lose Your Delusion
Künstler: A Wilhelm Scream
Erscheinungsdatum: 15.04.2022
Genre: Melodic Hardcore, Punkrock
Label: Creator-Destructor Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- Acushnet Avenue At Night
- The Enigma
- Gimmetheshakes
- ...And Big Nasty Was Its Name-O
- Yo Canada
- Figure Eights In My Head
- I'm Gonna Work It Out
- Apocalypse Porn
- Be One to No One
- Lose Your Delusion
- Downtown Start II
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