Review

Post-MetalRock

Kritik: Russian Circles - "Blood Year"

Bereits mit dem 2016 erschienenen Album „Guidance“ haben Russian Circles ein bombenstarkes Album veröffentlicht. Dass die Diskographie der US-Amerikaner keine ...

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Bereits mit dem 2016 erschienenen Album „Guidance“ haben Russian Circles ein bombenstarkes Album veröffentlicht. Dass die Diskographie der US-Amerikaner keine schlechten Alben kennt, wird auch mit dem Release von „Blood Year“ wieder bewiesen. Mit dem siebten Album seit 2006 schlägt „Blood Year“ aber in eine viel düstere Richtung, als es bei „Guidance“ der Fall war.

Klar; wo Russian Circles drauf steht, ist auch Russian Circles drin. Die Band hat ihren Sound, der oft als Referenz für andere instrumentalen Post Rock, respektive Post-Metal-Bands genutzt werden kann. So sind es die drückenden Klangsphären, die riffbetont agieren und nicht zu sehr in der ätherischen Atmosphäre versinken. Der Beginn von „Blood Year“ verspricht aber ein ungewohnt kaltes Gefühl, das mit den dezent platzierten Gitarren von „Hunter Moon“ erzeugt wird.

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Mit dem Beginn von „Arluck“ sind die Drums zu hören, die erneut mit sehr erdigem und organischem Sound überzeugen. Fast schon einen Ticken zu trocken haut die Snare zum Basslick, das sich zusammen mit den Gitarren langsam und Stück für Stück aufbaut. Ein gewohntes Stilmittel, mit dem Russian Circles gerne arbeiten und durch kleine Variationen (zum Beispiel einen Wechsel im Drumbeat) nach vorne treiben.

Russian Circles im Wechsel zwischen Post-Metal und Post-Rock

Auch „Arluck“ wirkt so, als würden Russian Circles allmählich einen Berg besteigen, auf dem sie vermehrt Hindernissen begegnen, diese aber gekonnt umgehen und den Weg zu einer spannenden Erfahrung machen. All die Mühen bis hin zu den Punkten, die mit einem harten und aggressiven Gitarrensound herausbrechen. „Arluck“ hingegen wirkt stellenweise etwas schleppend, was durch die konstante Taktung der Snare den treibenden Beat angibt. Generell sind die Becken im Mix nur marginal hörbar.

Auf „Guidance“ befand sich ein Track der den Namen „Lisboa“ trug. Möglicherweise als Pendant dazu zu verstehen ist das sludgige „Milano“. „Milano“ unterstreicht die düstere Komponente, mit der „Blood Year“ geschrieben wurde und ist viel mehr im Post-Metal zu verorten, wenn auch der Post-Rock-Drive konstant erhalten bleibt.

Folglich ist die Denunzierung auf eines der Genres falsch, denn was „Blood Year“ musikalisch auszeichnet, ist das Wechselspiel zwischen beiden Instanzen und die generelle Grenzüberschreitung dieser. So ist es oft das Schlagzeugspiel, das im wahrsten Sinen des Wortes den Takt angibt und bei „Milano“ zum Beispiel mit Blast Beats einen klaren Metalsound kreiert, wenn auch der strukturelle Aufbau an Post-Rock-Wurzeln anknüpft.

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Das zweieinhalbminütige „Ghost On High“ überzeugt erneut mit markantem Doom-, fast schon Drone-Elementen und leitet flüssig in „Sinaina“ über, das sich in schwingender Atmosphäre langsam aufbaut. Auch hier sind im Gitarrenspiel Sludge- und Doom-Elemente nicht zu verkennen. Diese legen sich über die Tremologitarren und den konstanten Schlagzeugbeat in überzeugender und rauer Weise. Fies und düster konstruiert sich der weitere Verlauf des Tracks, der durch die ihm innewohnende Dynamik nicht an Spannung verliert. Auch „Quartered“ kommt mit einer unfassbar düsteren Grundstimmung daher und ist insgesamt sehr rhythmisch ausgelegt. Mit klaren Gewichtungen treibt der Rhythmus den Song an, während atmosphärische Overdubs den Weg durch die Schatten bahnen. Besonders hervorgehoben wird der tief verzerrte Sound des Basses, der dem ganzen Album verdammt viel Wumms verleiht.

ALBUM
Blood Year
Künstler: Russian Circles

Erscheinungsdatum: 02.08.2019
Genre: ,
Label: Sargent House
Medium: CD, Vinyl

Tracklist:
  1. Hunter Moon
  2. Arluck
  3. Milano
  4. Kohokia
  5. Ghost On High
  6. Sinaia
  7. Quartered
Russian Circles Blood Year
Russian Circles Blood Year
7.5
FAZIT
„Blood Year“ ist ein typisches Russian Circles-Album, das auf jeglichen elektronischen Schnickschnack und Chi-Chi verzichtet. Stattdessen fokussieren sich die Mannen auf einen gewohnt erdigen, instrumentalen Sound der durch die Organizität der Produktion voller Kraftt und Energie strotzt. Auch „Blood Year“ fühlt sich in bedrückenden, traurigen und wütenden Emotionen am wohlsten und kitzelt eine gewisse Aggression aus dem Sound der Band, die bisher nur angedeutet wurde.

Es fällt leicht, dem musikalischen Treiben des Albums zu folgen, wenn auch die Geschichte, die „Blood Year“ musikalisch erzählt, eine sehr aufreibende und spannende ist. Wer Bock auf handwerklich gut geschriebenen und gespielten Post-Metal hat und nicht zurückscheut, weil dieser keine Vocals hat, der ist mit Russian Circles ohnehin bestens bedient. Dieses neue Album geht aber noch einen Schritt weiter und wirkt viel fieser und dreckiger, als es die Band bisher in ihrem Sound zugelassen hat.