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Review

Hardcore

Kritik: Drain - "...Is Your Friend"

Eine lauthals herausgeschriene Freundschaftsanfrage

VON

Neben unserem Plattenregal steht die Ziffer „1“ in Klammern, denn wir haben eine neue Freundschaftsanfrage. Von Drain. Wie nett, denken wir. Aber zunächst hören wir mal in die neue Platte rein, um zu entscheiden, ob wir diese auch annehmen. Denn die Hardcore-Band aus Santa Cruz steht mit ihrem dritten Longplayer „…Is Your Friend“ in den Startlöchern, um neue Freunde zu gewinnen.

Große Festivals, kleine Clubs

Gegründet im Jahr 2014 haben Drain mit ihrem Mix aus Hardcore und Punk sowie mit energiegeladenen Liveshows ihre Fangemeinde stetig vergrößert. Sie eröffneten bereits für große Acts wie Blink-182 oder Neck Deep und standen im Oktober 2025 beim jetzt schon legendären When We Were Young-Festival neben Acts wie Panic! At The Disco, Knocked Loose, All Time Low oder The Offspring auf der Bühne. In Deutschland tourten sie im letzten Jahr durch die kleinsten Clubs der Republik und erspielten sich dabei auch hierzulande einen Namen, wenn auch bisher nur einen kleinen. „Wir haben 30 Minuten und in dieser Zeit bin ich der Boss und ich verwandele jede Location in ein Kriegsgebiet“, sagt Frontmann Sammy Ciaramitaro und meint dies natürlich positiv, selbst wenn es etwas martialisch klingt. „Es kommt alles von einem guten Ort in unserem Herzen“, fügt er an und meint damit auch ihr neues Album, auf dem er zum ersten Mal am Bass zu hören ist.

Rasante Achterbahnfahrt

Als Chef ließ er es sich dann auch nicht nehmen, den dritten Longplayer des Trios beim ersten Track „Stealing Happiness From Tomorrow“ mit einem Basslauf zu eröffnen, bevor Drums einsetzen und schließlicht die Gitarre in einem sehr massenkompatiblen Gewand ertönt. Also ein perfekter Weg, um jeden Musiker einzuführen und den Zuhörenden zu suggerieren, dass es nun genauso seicht weiter geht. Aber weit gefehlt: Nach einer Minute wird hochgeschaltet und der Hardcore-Punk, der sich durch das komplette Album zieht, nimmt direkt Fahrt auf. Ab diesem Zeitpunkt ist es eine Achterbahnfahrt bis zum Schluss, bei der es immer wieder zu unverhofften Tempowechseln kommt und von dem Screamo-Sprechgesang von Sammy Ciaramitaro unterstützt wird, der ebenso aggressiv klingt, wie die dazugehörige Musik.

Unglaubliches Tempo und Energie bei Drain

Genau das wollten Drain mit ihrem neuen Album erreichen. Es sollten „the heaviest mosh parts, the catchiest choruses, the tastiest thrash riffs, and the most scream-able lyrics” sein, was ihnen gelungen ist. Dabei muten Drain ihren Hörer:innen mit ihrem zehn Songs umfassenden Album eine Menge zu. Bereits in der ersten Hälfte jagt ein Song den nächsten und man kommt einfach nicht zur Ruhe. Vor allem die reinen Punksongs, die natürlich nie länger als zwei Minuten dauern, gehen ziemlich nach vorn. “Living In a Memory” besticht dabei neben seinen schnellen Drums und simpel gehaltenen Gitarrenriffs im Refrain mit etwas klarerem Gesang. Dagegen fällt bei “Can’t Be Bothered” der Refrain im Hardcore-Stil auf, dazu kommt ein sehr schräges Gitarrensolo, das mit seichten Drums und dunklen Synthietönen in ein ungewöhnliches Ende des Songs mündet.

Live eingespielt

Die enorme Energie des Albums ist auch auf die besonderen Aufnahmebedingungen zurückzuführen. Unter der Produktionsleitung von Jon Markson, der schon für The Story So Far oder Drug Church tätig war, haben Drain alle Songs komplett live eingespielt. Ohne Metronom oder andere technische Möglichkeiten, die eine Aufnahme sehr clean halten würden. “Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir im Laufe jedes Songs vor dem Refrain immer schneller werden”, sagt Ciaramitaro. “Aber genau das haben wir dann gefühlt, es fühlte sich lebendig an.”

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Zweite Hälfte etwas massenkompatibler

Mit hallenden Tiergeräuschen, offenbar aus einem Regenwald oder einem anderen Naturgebiet, beginnt “Loudest In The Room” und leitet die zweite Hälfte von “…Is Your Friend” ein. Diese wirkt insgesamt massentauglicher, ohne jedoch Fans des härteren Hardcore-Punks zu verprellen. Drain verzichten von nun an weitestgehend auf verwirrende Tempowechsel. Es wirkt, als sei das Songwriting nun weniger von spontanen Ideen getrieben. Bei den folgenden Songs gibt die Gitarre noch viel mehr als zuvor das Leitmotiv bei den immer noch sehr typischen Hardcore-Songs vor, wobei der krächzende Sprechgesang von Ciaramitaro weiterhin das Epizentrum der sehr kraftvollen Musik von Drain ausmacht.

Überraschend poppig

Anschließend folgt ziemlich unvermittelt ein krasser Einschnitt. Eine klare Stimme singt immer wieder “Sometimes I Feel Like I’m The Only One” und leitet den Track “Who’s Having Fun” ein, der beinahe poppige Alternative-Rock-Vibes versprüht. Spätestens hier muss nun auch der letzte Skeptiker zugeben, dass Drain es verstehen, Melodie und Härte zu verbinden. Damit aber niemand zu viel Spaß hat, wird in der letzten Minute der Stressfaktor wieder erhöht, denn der screamige Rapcore setzt mitsamt schnellen Drums und simplen aber brachialen Gitarrensounds wieder ein.

Ciao, man hört sich

Zum Abschluss heißt es dann “Until Next Time”, bei dem uns die Gitarre durch den Song führt, bis diese immer leiser wird und dann verklingt. Bis zum nächsten Mal, denken auch wir, etwas überwältigt von dem doch sehr heftigen Sound der Platte. Dennoch verbleiben wir recht angetan von Drains Energie und nehmen den Friend Request auf jeden Fall an.

Foto: Atiba Jefferson / Offizielles Pressebild

ALBUM
…IS YOUR FRIEND
Künstler: Drain

Erscheinungsdatum: 07.11.2025
Genre: , ,
Label: Epitaph Records
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Stealing Happiness From Tomorrow
  2. Living In A Memory
  3. Scared Of Everything And Nothing
  4. Nothing But Love
  5. Can’t Be Bothered
  6. Loudest In The Room
  7. Nights Like These
  8. Who’s Having Fun?
  9. Darkest Days
  10. Until Next Time
7
FAZIT
Niemand kann Drain vorwerfen, dass sie sich irgendwelchen Konventionen unterwerfen, auch wenn zumindest ein Song auf dem Album sehr glatt gebügelt klingt. Aber genau das war ein kluger Schachzug und eine willkommene Verschnaufpause inmitten einer Platte, die unglaublich aggressiv und dennoch positiv daherkommt. Die Band macht es Menschen, die kaum Zugang zu Hardcore-Punk haben, nicht einfach, sie auf Anhieb zu mögen. Dennoch werden sie mit ihrem neuen Release neue Fans dazu bekommen, so viel ist sicher. Aber für jedermann ist “...Is Your Friend” nicht geeignet, dafür ist die Platte dann doch zu sperrig.