Review
AlternativeRock
Kritik: Shape Of Water - "Great Illusions"
Viele Einzelheiten waren nicht bekannt, als das musikalische Duo von Shape Of Water ihr Debüt-Album „Great Illusions“ ankündigte. Neben der ...
VON
Kevin Postir
AM 13/06/2020
Artikel teilen:
Viele Einzelheiten waren nicht bekannt, als das musikalische Duo von Shape Of Water ihr Debüt-Album „Great Illusions“ ankündigte. Neben der Auskopplungen aus dem neuen Album wurden bereits im vergangenen Jahr zwei Singles veröffentlicht, darunter auch eine Neuauflage des Ultravox-Klassikers „Dancing With Tears In My Eyes“.
So beschert uns das Duo um Rox Capirotti und Luca De Falco nun den ersten Longplayer der Bandgeschichte. Dieser wird zehn Songs enthalten und wurde von uns bereits für euch auf den Prüfstand gestellt.
Vorab ist zu sagen, dass sich die Band selbst auf ihrer Internetpräsenz als Art Rock-Projekt bezeichnet, das keine musikalischen Grenzen kennt und den modernen Rock neu definieren wird.
Shape Of Water stecken sich mit „Great Illusions“ (zu) hohe Ziele
Mit diesen Erwartungen startet der Hörer also in den ersten Song „Mars X“. Dieser beginnt mit einem eher ruhigen und an Dramatik gewinnendem Klavier-Intro und wird dann durch Capriottis Gesang ergänzt, der in seiner Tonlage und Klangfarbe an Muse erinnert (Funfact: Paul Reeve, Produzent von unter andrem Muse und Supergrass, wirkte an diesem Album mit).
Der Beat des Songs wird durch einen 80s-Drum-Computer erzeugt und nimmt den Hörer mit auf eine atmosphärische Zeitreise. Mit dem Einstieg der Gitarren wird ein breakdownartiger Instrumental-Part gestartet, der die Dramatik des Songs weiter steigert und gegen Ende durch hohe Schreie komplettiert wird. Das Stück ist als eine Art Intro zu verstehen, welches eines der Grundthemen, die Loslösung von Irdischem und vermeintlichen Grenzen, einleitet. Dieses Thema wird zusätzlich auch in den Vocals aufgegriffen.
Der darauffolgende Track „Scar“ wurde bereits vor Release des Albums veröffentlicht und geht, von musikalischer Seite aus, in eine ähnliche Richtung. Auch wenn für den Song, ähnlich wie bei seinem Vorgänger, ein etwas schwerfälliges Tempo, gemischt mit einem eher stampfenden Beat gewählt wurde, so macht das Stück auf seine eigensinnige Art und Weise beim Hören Spaß.
Der Aufbau des Songs ist eher klassisch zu sehen. Getrieben wird das Stück dabei, wenn auch recht schwerfällig, durch die kraftvollen Akkorde und den elektronischen Beat. Durch den Einsatz von Synthesizern wirkt der Refrain deutlich breiter und wird auch live, bei der richtigen Inszenierung, definitiv den Nerv der Zuschauer treffen. Hervorgehoben werden sollte außerdem der C-Teil des Songs, der ein gewolltes, instrumentales Wirrwarr aus Synthi-Klängen und Gitarren darstellt.
Dadurch erreicht das Stück eine gewisse Extase, die wahrscheinlich nicht bei allen Hörern zünden wird, vielen jedoch positiv auffallen sollte. Allerdings macht sich bereits bei Song Nummer zwei ein schleichendes Gefühl bemerkbar. Man hat beim Hören den Eindruck, als würde etwas fehlen; als würden die Songs zwar ihren eigenen Charakter besitzen, allerdings eher dahinplätschern. Es macht sich der Gedanke breit, dass in den einzelnen Stücken zu viel gedacht, zu viel geschraubt und gewerkelt wurde und das eigentliche Herz bzw. die Authentizität auf der Strecke blieb.
War das selbstgesteckte Ziel, Rockmusik neu zu definieren, vielleicht doch etwas hoch gegriffen?
Einen ähnlichen Eindruck bekommt man auch bei „Still Karma“. Der wabernde Synthi-Sound in Kombination mit dem stampfenden Beat bilden ein stimmungsvolles Bild, die hohe Kopfstimme von Capirotti wirkt in ihrer Aufführung allerdings ein Stück weit gekünstelt und ein wenig dünn. Bei den Übergängen des Songs verhält es sich so, dass diese äußerst ausladend gestaltet sind und sich dadurch erheblich ziehen.
Einen ähnlichen Eindruck erhält man beim Gitarrensolo. Es ist eines dieser Soli, bei dem man anfangs noch mit dem Kopf nickt, sich dann aber doch dabei erwischt, wie man heimlich auf die Uhr schaut und sich fragt, wann es denn endlich fertig ist. Der künstlerische Anspruch von Shape Of Water ist hoch, allerdings trifft weder das Songkonzept noch die Ausführung den Nerv, den es benötigt um „Rock-Musik neu zu definieren“.
„Five Days To Shine“ beginnt mit einer gequälten und wehleidigen Gesangsstimme, die durch die Solo-Gitarre abgelöst wird. Generell ist der Song mit einem sehr niedrigen Tempo versehen. Lediglich der Einsatz des Schlagzeugs nach mehr als der Hälfte des Songs verändert die Dynamik des Stücks ein wenig. Generell plätschert dieser Song allerdings eher dahin, wirkt zu durchdacht und transportiert nicht die Emotionen und Gefühle, die er transportieren könnte.
Das Gleiche zeigt sich bei „In Your Arms“. Zumindest lyrisch greift der Song ein Balladen-Thema auf, beginnt mit einem verträumten Klavier, welches durch einen dunklen Soundteppich ergänzt wird, zusätzlich verhält es sich beim Gesang eher monoton. Was der Strophe eventuell fehlt, besitzt der Refrain dafür in Hülle und Fülle: Mit seinem stampfenden Beat und der Vielzahl an Input wirkt dieser definitiv überfüllt und führt durch seinen kreischenden Sound dazu, dass der ein oder andere die Musik etwas leiser stellen wird.
Auch in diesem Song fehlt es an der Übertragung von Emotionen, selbst die Streicher im ruhigen C-Teil des Songs transportieren Gefühle unzureichend (und Streicher funktionieren sonst immer dafür!). Schlagworte, die hier in den Sinn kommen könnten, wären „generisch“ und „zu verspielt“.
Und dann gibt es da „A Silvia“, der dem Ganzen sicherlich die Krone aufsetzt. Der Song sticht mit seinen 9:05 Minuten Länge definitiv hervor und hat ganz klare Ansprüche. Das Stück beginnt mit einem ruhigen Klavier (wie so einige Songs auf „Great Illusion“) und mündet durch lauter werdende Synthi-Sounds in einem von Gitarren geprägten Rock-Sound. Diese werden von Streichern unterstützt, sodass der Gesamtsound des Stücks stark an eine Ballade der 80er Jahre erinnert.
Den Anspruch einer orchestralen Rock-Hymne, mit ausschweifenden Parts im Stile eines Musical-Stücks, wie man es beispielsweise schon bei Queen oder anderen Bands gesehen hat, wird „A Silvia“ nicht gerecht. Das liegt zum einen daran, dass der Sound so klingt, als hätte man ihn in einer abgewandelten Form schon einmal gehört, vielleicht vor 30 Jahren, aber er wirkt in seiner Art und Weise bekannt.
Zum anderen fehlt auch hier der Transport von Emotionen. Die einzelnen Parts ziehen sich zu lange, ohne ausreichende Variationen aufzuweisen, wodurch die Länge des Songs nur schwierig zu rechtfertigen ist.
„Not All The Things“ ist da ganz anders. es handelt sich um das erste Stück, das etwas schneller ist, ein wenig leichter daherkommt und gleich ins Ohr geht. Das 80s-Thema wird auch in diesem Stück aufgegriffen, hinzu kommen Strophen, die an Call and Response erinnern. Der Spaßfaktor des Songs wird besonders durch die Dynamik hervorgerufen. Diese sticht besonders hervor und wirkt darüber hinaus authentisch.
Foto: Shape Of Water / Offizielles Pressebild
Shape Of Water News
Great Illusions
Künstler: Shape Of Water
Erscheinungsdatum: 12.06.2020
Genre: Alternative, Rock
Label: Eclipse Records
Medium: CD
- MARS-X
- Scar
- Perfect Love
- Still Karma
- In Your Arms
- A Silvia
- Not All The Things
- Five Days To Shine
- The World Is Calling Me
- Great Illusions
Shape Of Water News
More Reviews