News

Corelumne

Bands machen Gameboy-Spiele? Ich will mehr davon!

Ambitionen, die sich bezahlt machen.

VON AM 12/03/2024

Da staunt sogar Herr Oli Sykes nicht schlecht: Static Dress, die britischen Screamo-/Post-Hardcore-Shooting Stars haben kürzlich ihr eigenes Gameboy-Spiel in den Verkauf gegeben. Nach zwei Minuten war das Ding in allen drei Editionen ausverkauft. Restlos. Damit beweisen die Briten, dass sie nicht nur Trends verstanden haben, sondern dass sich Kreativität und Mut auszahlen kann. Etwas, was sich andere Bands durchaus zu Herzen nehmen sollten.

Als Musik-Konsum noch romantisch war

Ich war am vergangenen Wochenende auf einem Flohmarkt in Hannover unterwegs. Bei bestem Wetter schlenderte ich an den gut besuchten Ständen vorbei, als mir plötzlich ein Händler für Retro Games ins Auge fiel. Ich bin Jahrgang 90 und beim Anblick der sehr gut erhaltenen PS1-, N64- und Gameboy-Spiele schmolz ich regelrecht dahin. „Oh cool, so ein Ding habe ich auch noch zu Hause!“, sagte ein Mann im Vorbeigehen und zeigte dabei auf einen Nintendo Gamecube. Ich musste lächeln, denn ich erinnerte mich daran, wie ich mich als Kind auf Schatzsuche begab – sowohl nach Videospielen, als auch nach CDs von Bands, die ich bei MTV entdeckt hatte.

Wer, wie ich, noch die Pre-Smartphone und Pre-Streaming-Zeiten bewusst miterlebt hat, wird dieses Gefühl sehr gut nachempfinden können. Keine Sorge: Hier endet schon der Ausflug in die „gute alte Zeit“. Allerdings leben wir mittlerweile in einer Welt in der so gut wie alles irgendwie verfügbar ist – Streaming sei Dank. Jede Woche gibt es die neusten Releases, frisch serviert, in einer Playlist zusammengefasst. Einmal reingehört und bei Gefallen, ab in die Playlist, wo der Song, mit viel Glück, nochmal wiedergefunden wird. Bei aller Liebe, aber Musik- oder, um es polemischer auszudrücken, Kunst-Konsum war auch mal „romantischer“ als heute.

Tony Hawk's Pro Skater (PS1)

Static Dress: Erst Comic, jetzt Gameboy-Spiel

Umso erfrischender ist, wie es Bands wie Static Dress handhaben und die Grenzen des Machbaren immer wieder austesten. Mit „Rouge Carpet Disaster – The Video Game“ kündigten die Briten ein Gameboy-Spiel an, das nicht nur Chiptune Remixe der Songs der gleichnamigen Platte enthalten soll. Vielmehr soll es auch Spielsequenzen geben, die im Rhythmus zur Musik ablaufen, sowie Easter Eggs, die die Story abrunden sollen, die Static Dress rund um das Album kreiert haben. Zur vorherigen EP „Prologue…“ gab es ein begleitendes Comic-Buch. Ein Traum für Fans, die sich in eine immersive Welt stürzen wollen. Ein Graus für all die, die zu spät kamen und keine horrenden Summen bei eBay und Co. bezahlen wollen oder können.

Denn das ist der Nachteil an den limitierten Gütern: sie sind eben endlich und deswegen nicht für jeden erhältlich. Das treibt Preise in die Höhe, unterstreicht aber (in der Regel) auch die Wertigkeit des jeweiligen Artikels. Vinyl-Sammler:innen können ein Lied davon singen. Dabei geht es gar nicht unbedingt um den materiellen, sondern auch um den emotionalen Wert. Doch diesen gilt es überhaupt erstmal zu entwickeln. Genauso wie die Nachfrage nach physischen Produkten, was wiederum jede Band unterschreibt, die noch haufenweise eigene CDs im Keller liegen hat.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Constante (@alexconstante)

Merchandising: Wie Bands die Fan-Bindung erhöhen können

Rund drei Jahre soll die Entwicklung des Static Dress Gameboy-Spiels laut Sänger und Mastermind Olli Appleyard gedauert haben. Die meisten Bands und Artists werden weder die Zeit noch die Mittel besitzen, ein solches Projekt zu stemmen. Zudem hat sich die Band über die Jahre eine sehr treue Fanbase erarbeitet, die ihnen ohnehin alles an Merch aus den Händen reißt, was sie so in den Verkauf geben. Dennoch zeigt es auf, welche Möglichkeiten es gibt, um sowohl die eigene Kunst darzustellen, zum Gesprächsthema zu werden und letztendlich Geld in die Kasse zu spülen. Denn leider reicht es heute selten aus, nur ein paar gute Songs zu präsentieren, um eben dauerhaft präsent zu sein. Das ist ein Problem. Ein sehr großes sogar. Warum dann nicht den Weg über gutes Merchandising gehen?

Es gab schon die seltsamsten Fanartikel: einen Sarg (KISS), Boxhandschuhe (Emmure), gravierte Steine (Superheaven) oder Plüschtiere (Turnstile). Wir hatten schon unzählige Hot Sauces und Kaffee-Sorten. Gin und Bier. Fußball-Trikots und Parfüm. Korn und ihre Adidas-Jogging-Anzüge? Genial! Ice Nine Kills und ihre Graphic Novel? Oh ja! Nennt mich Konsum-Opfer, aber ich liebe gutes Merch und bin auch bereit, auf diesem Wege meine Lieblingsbands zu unterstützen. Limitierte Fotobücher mit persönlicher Widmung? Tour-exklusive Poster? Vintage-Shirts zum Jubiläum des Debüt-Albums? All diese Dinge lassen mein Fanherz höher schlagen und geben mir das gewisse Extra in Sachen Identifikation und Bindung. In Zeiten, in denen fast alles irgendwie digital verfügbar ist und selbst Club-Konzerte live gestreamt werden, macht sich bei mir die Sehnsucht nach solch „einzigartigen“ Dingen immer mehr breit. Ich gehöre zu einem elitären Kreis an Menschen, die ein KMPFSPRT Kölsch-Glas, ein Stück eines Don Broco Tour-Banners oder ein Begleitbuch zur „Love Is Not Enough“-Platte von Casey besitzt. Bald wird ein Static Dress Gameboy-Spiel zu meiner Sammlung stoßen. Ich freue mich drauf!

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Maik Krause (@watchmysound)

Foto im Auftrag von MoreCore.de: Thomas Eger (Blackchester)

Feature

Kid Kapichi

Hastings vorzeige Punkrocker Kid Kapichi haben seit ihrer Gründung im Jahr 2013 eine Mission: auf die Missstände der Welt, aber …

von