Song
30/09/2025
Review
Mathcore
Kritik: Pupil Slicer - "Fleshwork"
Mal hart, mal zart - aber immer volle Bandbreite.
VON
Markus Seibel
AM 05/11/2025
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Genau vier Jahre ist es her, dass das britische Mathcore-Monster Pupil Slicer ihr Debüt auf die Welt losließen. Und was für ein Erstling das war: „Mirrors“ ist „Wahnsinn“. Zwei Alben später muss man zwar zugeben, dass das Trio ein wenig Wucht verloren hat, aber noch immer weiß, wie verdammt gute Alben fabriziert werden. „Fleshwork“ ist eine Platte, die einem keine Verschnaufpause gönnt – jede der neun Nummern hat die Zündkraft von ungefähr zwanzig illegalen Feuerwerkskörpern. Sängerin/Gitarristin Kate Davies erreicht fast unmögliche Tiefen, bringt jedoch trotzdem ausreichend Abwechslung ins Spiel.
Pupil Slicer liefern – kraftvoll, konzentriert, kompromisslos
Es gibt Songs mit „normaler“ Stimmlage, wie „Gordian“, und natürlich auch solche, in denen er seine außergewöhnliche Tonlage richtig rausholt, wie etwa bei dem Mitgröler „Fleshwork“. Wer auf noch mehr Diversität steht, wird mit „White Noise“ seine Freude haben. Dort probiert sich Kate sogar an einer kurzen Post-Hardcore-Einlage. Aber, keine Sorge, trotz solch modernem Schnickschnack ist die Platte eher oldschool. Mit Kate Davies’ messerscharfen Gitarren-Riffs sowie dem knüppelharten Drumsound kommt auf der Platte ein gewisses Painkiller-Gefühl auf. Für eine „Wahnsinn“-Rezi reicht es aber trotzdem nicht.
Die Zeiten, in denen man nicht genau wusste, ob Pupil Slicer nicht zu sehr mit dem Death-Grind zu flirten beginnen, gehören (zumindest aktuell) der Vergangenheit an. Speziell klanglich kommt „Fleshwork“ angenehm hemdsärmelig rüber, ist nicht in jeder Minute hochklassig, beweist aber die richtige Mischung aus Rotz, Charme und Chuzpe, welche die Vorbilder (Nine Inch Nails, The Dillinger Escape Plan) in Perfektion beherrschen. Dazu verfügen die Briten mit Kate über eine charismatische Stimme, welche sowohl Selbstverliebtheit als auch Aggression und Melancholie vermittelt. Wer Pupil Slicer anno 2025 einlegt, bekommt keine hybride Veranstaltung, sondern eine geballte Ladung Matchcore verpasst. Welchen Grund liefern die Briten, sich bei der kurzen Spielzeit genau ihre Platte anzuhören? Die leichten Death-Elemente wären ein Argument: Sie verleihen den Liedern Aggressivität und Dramatik, die besonders in den härteren Parts zur Geltung kommen. Metalcore-Fans, denen moderne Vertreter zu lasch oder poppig sind, können hier aufatmen – „Fleshwork“ hätte auch vor 20 Jahren erscheinen können und bleibt weitestgehend puristisch
Mathcore im Gleichgewicht
Zusammen ergibt das Ganze aber einen vollen Sound, wobei der energische Gesang oftmals die Härte wieder eindämmt und gegen einen Hauch Disney eintauscht. In den besonders melodischen Anteilen erinnert das an The Dillinger Escape Plan („Nomad“); setzt Kate mehr Volumen ein, klingen hingegen Converge durch (etwa gegen Ende von „Black Scrawl“). Wer sich beide Bands in etwas härterer Version gut vorstellen kann, wird an Pupil Slicer Gefallen finden. Allen anderen könnte es möglicherweise zu kitschig werden.
Dennoch haben sich Pupil Slicer für ihr Drittwerk viele Gedanken gemacht und diese zu einem runden Gesamtbild zusammengefügt. Der Mix aus verschiedenen Core-Stilen wirkt stimmig und greift gut ineinander. Zwar könnte noch etwas mehr im Gedächtnis bleiben, doch die Platte lässt sich – auch dank der sehr guten, organischen Produktion – von Anfang bis Ende ohne Ausfall hören. Ich bin gespannt, wohin der Weg der Band noch führt.
Foto: Derek Bremner / Offizielles Pressebild
Fleshwork
Künstler: Pupil Slicer
Erscheinungsdatum: 07.11.2025
Genre: Mathcore
Label: Prosthetic Records
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc
- Heather
- Gordian
- Sacrosanct
- Innocence
- Black Scrawl
- Nomad
- Fleshwork
- White Noise
- Cenote
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