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Nova Rock Festival 2025: Drei Erkenntnisse zum Kult-Festival in Österreich
Alte Legenden, neue Stimmen und bekannte Probleme.
VON
Tamara Jungmann
AM 22/06/2025
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In Jahren gerechnet feierte das Nova Rock Festival bei Nickelsdorf in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag – halb so viele Jahre auf dem Buckel wie Rock am Ring, dennoch steht das Open Air an der österreichisch-ungarischen Grenze seinen größeren Festival-Brüdern im Ausland in Nichts nach.
Das Nova Rock Festival besticht mit gleich vier Festivaltagen, rund 70 Bandauftritten, Jahrmarkt-Aktivitäten, unzähligen Fressbuden und einer angemessenen Anzahl von Sanitäranlagen und Trinkwasserstationen.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Michelle Serindag (michelle_srndg)
Unglaubliche 220.000 Besucher feierten in diesem Jahr dort (inklusive Tagesgästen, fast 7.000 Gäste waren allein für den Linkin Park-Donnerstag angereist). Dennoch hatte man (bis auf Linkin Park) nie das Gefühl, mit dieser Menge an Menschen überfordert gewesen zu sein. Dafür ließ das Verhalten einiger Gäste zu wünschen übrig.
Festivaltourismus ist immer noch real
Ballermann-T-Shirts, bunte Anglerhüte und patriotische Fußball-Club-Gesänge gehören mittlerweile zur Festival-Experience wie warmes Dosenbier und Dixiklogeruch. Immer weniger Besucher reisen ausschließlich wegen den Bands und der Musik an; dafür immer mehr wegen den feuchtfröhlichen Eskapaden auf dem Campingplatz. Jene fehlende Erfahrung macht sich vor der Bühne bemerkbar – und ist ärgerlich für jeden passionierten Festivalgänger.
Obwohl – bis auf Linkin Park – bei jedem Act noch die Möglichkeit bestand, einen guten Platz im ersten Wellenbrecher zu ergattern, wurde geschubst, gepöbelt und gedrängelt, was das Zeug hält. Einige Besucher schienen nur auf sich selbst, ihre eigene Aussicht und ihr eigenes Vergnügen bedacht zu sein, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ein Konzert auch ein Gemeinschafts-Erlebnis sein kann.
Mädels, die lauter schreien können als Emily Armstrong, Männer, die einen bedrängen, obwohl der nächste Pit meilenweit entfernt ist und Crowdsurfer, die offensichtlich noch nie etwas von Körperspannung gehört haben (sowie Besucher, die Crowdsurfer, wie eine heiße Kartoffel behandeln und einfach wegwerfen), sind nur einige Beispiele, von dem was wir in diesem Jahr erlebt haben.
Aber ist dies ein Problem des Nova Rock Festivals oder von Mainstream-Festivals generell? Liegt es am Line-up, dass neben Metal- und Rock-Größen, auch auf Party-Acts wie Mehnersmoos und The Butcher Sisters setzt?
Vielleicht sind es noch die Nachwirkungen von Corona, das gleich drei Generationen an Party-wütigen Festival-Erstgängern hervorgebracht hat. Was auch immer. Es ist sicher nicht zu viel verlangt, mehr sozialen Umgang vor der Bühne zu fordern – um uns allen wieder ein besseres Festival-Erlebnis zu ermöglichen.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Michelle Serindag (michelle_srndg)
Mehr Diversität
Das Nova Rock-Line up war in diesem Jahr geprägt von seiner Diversität: von Rock bis Rap, von Party bis Pop, war in diesem Jahr eigentlich für jeden Musik-Fan ein gutes Programm zu finden. Aber nicht nur Genre-technisch hat sich das Festival breit aufgestellt – auch was den Mix aus alten Klassikern und gehypeten Newcomern betrifft.
Generationen-Konflikt? Fehlanzeige
Während am Mittwoch gegen 18 Uhr die jungen Mexikanerinnen The Warning auf der blauen Hauptbühne standen und tausende Fans begeisterten, schaffte dies am nächsten Tag, selber Ort und selbe Uhrzeit, der „Godfather of Punk“ Iggy Pop quasi genauso – und das obwohl 58 Jahre Rockgeschichte Pop und die jüngste Villareal-Schwester Alejandra trennen.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Marlon Mayenborn (photobymarlon)
Foto im Auftrag von MoreCore.de: Michelle Serindag (michelle_srndg)
Beide Acts konnten sich über ein durchaus gemixtes Publikum freuen, bestehend aus sowohl Männern als auch Weiblein in unterschiedlichen Altersgruppen. Man sah bärtige Männer in Kutten den Text zu „Automatic Sun“ gleichermaßen mit brüllen, wie junge Frauen bei „Passenger“ druchdrehen – was ein wirklich schönes Bild war, und Hoffnung macht, dass das heutige Festival-Publikum die alten Legenden noch zu würdigen weiß genauso wie, dass es offen dafür ist, neue Künstler zu entdecken.
Die Headliner zogen erwartungsgemäß gleichwohl junges sowie älteres Publikum an. Zwar waren am letzten Festival-Abend bereits einige Verluste zu verzeichnen (wahrscheinlich waren einige bereits auf Abreise), dennoch schafften es Electric Callboy nochmal alle Kräfte zu bündeln, um dem Publikum einen gebührendes Party-Finale zu bescheren.
Fotos: Robert Nowell (robert_nowell_photography)
Wer sich dagegen gebeutelt von vier bis fünf Tagen Festival-Ekstase einen ruhigeren Abschluss wünschte, konnte das Festival mit den Prog-Legenden Dream Theater ausklingen lassen.
Stärkerer Frauenanteil
Ebenfalls hervorzuheben ist die (in Relation zu anderen Festivals) recht starke Frauenquote auf der diesjährigen Ausgabe des Nova Rock Festivals. Ganz vorne mit dabei: natürlich der Auftritt von Linkin Park mit Sängerin Emily Armstrong (wobei hier vor allem die Gefühle im Publikum eskalierten; Armstrong wirkte eher distanziert und stark konzentriert), sowie der spontane Einsatz von Britta Görtz als Fronterin von Heaven Shall Burn. Letzteren bezeichneten einige Besucher sogar als „besser als das Original“.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Michelle Serindag (michelle_srndg)
Wer hat an der Uhr gedreht?
Wann hat sich eigentlich der Umstand eingeschlichen, dass Bands nicht mehr ihre vollständigen Stage-Zeiten einhalten?
Bereits bei Rock am Ring und Rock im Park konnte man es bei Bring Me The Horizon beobachten; beim Southside Festival waren es Green Day. Bei einigen Bands kommt es aktuell sehr oft vor, dass diese ihre komplette Spielzeit nicht mehr nutzen. Entweder wird später die Bühne betreten oder deutlich früher die Segel gestrichen – in seltenen Fällen sogar beides.
Bei Slipknot hatte man beispielsweise das Gefühl, dass sie Band mit ihrem letzten Soundgewitter nur noch versuchte, etwas Zeit zu schinden, um früher von der Bühne verschwinden zu können.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Michelle Serindag (michelle_srndg)
Auch Thrice beendeten ihren Auftritt frühzeitig. Ein plausibler Grund dafür fällt uns nicht wirklich ein. Möglicherweise sind die Stage-Zeiten auf US-amerikanischen Festivals kürzer, oder die Bands passen sich der schwindenden Aufmerksamkeitsspanne ihrer Zuschauer an.
Ist das schon frech? Ein wenig schon, schließlich rechnet man als Fan mit der Zeit, die auch im Timetable steht. Zusätzlich ist es nicht fair dem Festival gegenüber, dass eine Gage für eine ausgemachte Leistung bezahlt, oder anderen Bands, die entweder gar nicht die Möglichkeit hatten zu spielen, oder die in der Lage gewesen wären, ein längeres Set zu spielen.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Michelle Serindag (michelle_srndg)
Einzig vergeben können wir diesen Umstand natürlich Heaven Shall Burn. Den sächsischen Metalcore-Veteranen ist es hoch anzurechnen, dass sie überhaupt ihre Konzerte und Festivalauftritte in jener Woche möglich gemacht haben. Schließlich ist Sänger Marcus Bischoff nach dem Konzertabbruch bei Rock am Ring bisweilen gesundheitlich außer Gefecht gesetzt. HSB konnten mit Britta Görtz (Hiraes) allerdings spontan einen adäquaten Ersatz anheuern, der sich durchaus hören lassen konnte (s.o.).
Da sich Britta aber verständlicherweise in der kurzen Zeit kein komplettes Set draufschaffen konnte, wurde „Black Tears“ mit einem charmanten Kommentar einfach zweimal gespielt, und knapp eine Viertelstunde früher aufgehört. Wir freuen uns dann in Zukunft auf eine gemeinsame Tour, bei der die fehlenden 15 Minuten einfach mit ein paar Features nachgeholt werden. Was sagt ihr, Heaven Shall Burn und Hiraes?
Foto im Auftrag von MoreCore.de: Michelle Serindag (michelle_srndg)
Nova Rock 2026
Auch im nächsten Jahr wird es wieder ein Nova Rock Festival geben und die ersten beiden Headliner stehen mit Bring Me The Horizon und The Offspring bereits fest. Der Vorverkauf hat bereits begonnen und die Early Bird Festivalpässe sind tatsächlich bereits ausverkauft. Wochenend- sowie Tagestickets könnt ihr euch unter diesem Link sichern.
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