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Interview

Itchy im Interview: „Wenn wir das hier noch 20, 30, 40 Jahre machen können, sind wir glücklich.“

Gitarrist Sebastian „Sibbi“ Hafner im Talk zum neuen Album „Dive“.

VON AM 09/07/2023

„Dive“ ist bereits Studioalbum Nr. 9 der Punkrocker aus Eislingen an der Fils. Dementsprechend routiniert sollten Itchy eigentlich mit dem Rummel rund um das Releasedatum umgehen. Doch das gelingt nur teilweise, gibt Sebastian „Sibbi“ Hafner im MoreCore-Interview zu. „Die Anspannung ist immens. Wir machen das zum 9. Mal und doch fühlt es sich immer wieder wie beim ersten Mal an.“

Itchy im Wandel der Zeit

Und was hat sich im Vergleich zum ersten Album-Release besonders stark verändert? Da fallen Sibbi gleich mehrere Aspekte ein. Zum einen habe man im Vorfeld zum „Dive“-Release so viele Singles wie nie zuvor veröffentlicht. Das sei dem Wandel der Hörgewohnheiten durch das Streaming geschuldet. „Früher war es so, dass man ein einziges Album auch mal ein paar Wochen am Stück gehört hat. Heute ist es ja eher so, dass mit dem Tag der Albumveröffentlichung die Geschichte zu Ende erzählt ist.“

So bedauerlich man die Entwicklung finden kann, Itchy sind kein Fans davon, nur der guten alten Zeit hinterher zu trauern. Durch die Streamingdienste könne die Band zum Beispiel sehen, dass sie auch eine beständige Hörerschaft in den USA und anderen Ländern fernab der Heimat habe. Und auch das inzwischen omnipräsente Thema Social Media nimmt die Band gelassen hin. Zwar sei keines der drei Bandmitglieder der geborene Influencer, aber so teile man sich die Social Media-Arbeit gerecht auf. Und darüber hinaus – da ist die Band vielleicht wirklich etwas oldschool – lege man Wert darauf, alle Medien, also beispielsweise auch die klassischen Printmagazine, zu bespielen.

Die Kreativität kennt keine Grenzen

Stichwort oldschool: Wie hält man als Band, die seit über 20 Jahren aktiv ist, eigentlich die Kreativität und die Motivation aufrecht? Auch hier gibt es für Sibbi nicht die eine Antwort, sondern viele Aspekte, die zusammenkommen. Und er lässt keine Zweifel daran, dass die Band noch lange nicht ans Aufhören denkt. „Wichtig ist vor allem, dass die Band für uns das Wichtigste ist. Wir können davon leben, Musik zu machen. Wenn wir das hier noch 20,30,40 Jahre machen können, dann sind wir glücklich“, erklärt er.

Und dann gibt es bei Itchy auch noch die Kunst, sich immer wieder neu zu erfinden. Die Band hat zwei Bücher herausgebracht, nimmt inzwischen ihren eigenen Podcast auf. Und das Vorgängeralbum von „Dive“ hieß „Ja als ob“ und war das erste Album der Band auf Deutsch. Für Itchy sei es wichtig, immer auch links und rechts des Weges zu schauen.

Von englisch zu deutsch zu englisch

Doch warum ist die Band nicht bei deutschen Texten geblieben – wie es zum Beispiel die Donots vor einigen Jahren vorgemacht haben. Auch hier – man kann es sich schon denken – gibt es nicht nur einen Erklärungsansatz. An den Kritiken zu „Ja als ob“ habe es nicht gelegen, so Sibbi. Die Resonanz sei positiv gewesen und die Band spiele weiterhin viele der deutschsprachigen Songs gerne. Es habe sich beim Songwriting einfach besser angefühlt, wieder auf Englisch zu singen.

Ob es anders gekommen wäre, wenn „Ja als ob“ nicht zu Beginn einer Pandemie, die die gesamte Musikszene für viele Monate zum Stillstand brachte, erschienen wäre? Wahrscheinlich schon, vermutet Sibbi. Die Tour zum Album hätte schließlich erst im Herbst 2022 stattfinden können, als viele der Songs fürs neue Album schon geschrieben waren. Hätten die deutschsprachigen Songs eine andere Resonanz erhalten, so hätte dies wohl auch das Songwriting beeinflusst. „Letztendlich ist die Sprache aber auch nicht so entscheidend für uns. Die deutschen Songs funktionieren genauso wie die englischen. Und ich kann jetzt nicht versprechen, wie die nächsten Alben werden“, spielt Sibbi die Bedeutung der Sprache herunter.

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Gehen wir also von der Sprache zur Musik. Auch hier fallen Veränderungen auf. Viele Songs auf „Dive“ sind sehr gradlinig. Schnörkeloser Punkrock, der nach vorne geht. Auch das, so Sibbi, habe sich wahrscheinlich unterbewusst vor dem Hintergrund der Pandemie entwickelt. Die Band habe sich schon immer ihren eigenen Sound zurechtgelegt, in dem sie auch offen für neue Ideen abseits des straighten Punkrocks gewesen sei. „Aber durch die ganze Corona-Situation war überall schon genug Chaos. Vielleicht sagt man dann unterbewusst, dass man dann nicht auch noch Chaos in seinen Songs braucht und schreibt wieder ’straightere‘ Songs.“, erklärt Sibbi die Rückbesinnung in musikalischer Hinsicht. In unsicheren und komplizierten Zeiten verzichtet man eben auf Experimente. Die überaus positiven Kritiken in Sachen „Dive“ zeigen der Band, dass sie in dieser Hinsicht offensichtlich alles richtig gemacht hat.

Wovon Itchy träumen

Und wie geht es jetzt nach der Veröffentlichung von „Dive“ weiter? Gibt es ganz konkrete Ziele für die Band? „Natürlich haben alle ihre Träume. In den USA touren, in Stadien spielen und so weiter. Aber das Wichtigste ist, dass wir immer noch total viel Freude haben. Wir sind vor jedem Konzert aufgeregt und freuen uns. Wenn es so weitergeht wie bisher, sind wir glücklich“, gibt sich Sibbi ganz bodenständig. Aber warum sollte es nicht so weitgehen? Die letzte Tour war ein riesiger Erfolg, „Dive“ kommt gut an und im Herbst geht es dann auch mit dem Album auf Tour. Und wer weiß – wenn Anti-Flag-Frontman Justin Sane schon bereitwillig für ein Feature in „Burn the whole thing down“ bereitsteht, dann spricht doch auch nichts gegen eine gemeinsame Tour in den USA oder? Und schon wäre ein weiterer Traum erfüllt.

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Foto: Ilkay Karakurt / Offizielles Pressefoto

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