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Hardcore

Kritik: Paleface Swiss - "The wilted EP"

Paleface Swiss trauen sich.

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Das Jahr 2025 war für Paleface Swiss ein Triumphzug der Superlative: Ein Album (oder besser: zwei), 180 Millionen Streams, über 70.000 verkaufte Tickets auf restlos ausverkauften Welttourneen und Auftritte bei den größten Festivals. Das Quartett aus der Schweiz hat sich endgültig vom Underground-Geheimtipp zur internationalen Speerspitze des modernen, emotionalen Metal gemausert.

 

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Doch was kommt nach dem Sturm des Erfolgs? Die Antwort liefert uns die Band am 02. Januar 2026 mit der neuen „The wilted EP„. Ist „Cursed“ (veröffentlicht Januar 2025) die Dokumentation des Zusammenbruchs, so ist The wilted der schonungslose Blick in das, was danach übrig bleibt: Erschöpfung, das Echo des Chaos und die zerbrechlichen Versuche, wieder festen Boden unter den Füßen zu finden. Geschrieben im Nachhall eines unaufhörlichen Tour-Marathons, verarbeitet die EP emotionale Brüche und den schwierigen Neuanfang. Die visuelle Gestaltung der EP greift die Symbolsprache der Band auf und führt sie fort: Die einst das Cursed-Cover zierenden Blumen sind nun verwelkt und wirken spröde und brüchig.

Eine emotionale Reise

Die The wilted EP beginnt, wie man es von Paleface Swiss gewohnt ist: Mit einem Intro, das ein Gänsehaut-Moment purer, ungeschnittener Verletzlichkeit ist. Eine Sprachnotiz, schmerzerfülltes Weinen und am Ende ein Schuss, der den Hörer ohne Vorwarnung in das emotionale Chaos der Platte katapultiert. Der erste vollwertige Track „Whitering Flower“ bricht daraufhin mit der ganzen Härte los, die wir von Paleface Swiss erwarten, liefert aber im Chorus die größte Überraschung. Hier entfaltet sich ein experimenteller, kleiner Gesangspart. Er erinnert an die mutigen Clean-Gesangs-Experimente, die bereits auf Cursed (z.B. in „River Of Sorrows“) ihren Platz fanden und zeigt, wie Frontmann Marc „Zelli“ Zellweger seine gesamte Stimmgewalt einsetzt und welch enormes Talent er besitzt. Der Song lebt von seiner dramatischen Grundstimmung und setzt mit zwei aufeinander aufbauenden Breakdowns in einem Track eine neue Messlatte für Nu-Core-Brutalität.

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Wenn der Schlaf zur bitteren Sehnsucht wird

Bereits vorab veröffentlicht, ist „Let Me Sleep“ der verzweifelte Schrei nach Ruhe nach dem Tour-Marathon. Das harte Instrumental und der brachiale Einstieg bilden den klanglichen Ausdruck von Zellis Kampf mit der Schlaflosigkeit: „I don’t think that I can take this any longer“. Der Song liefert alles, was Paleface Swiss ausmacht: kompromisslose Breakdowns und cineastische Wucht. Das Kollabo-Monster, das während der gemeinsamen US-Tour mit Stick To Your Guns entstand, ist „Instrument of War“. Der Titel geht auf ein Zitat von Pablo Picasso zurück, das zur Botschaft beider Bands passt: Die Kunst als „instrument of war for attack and defense against the enemy“. Der Song vereint die Stärken der Schweizer mit der unverkennbaren Stimmgewalt von Jesse Barnett und einem treibenden Schlagzeug. Mit einem zweiteiligen Breakdown und der klaren Charity Message (100% der Einnahmen gehen an karitative Zwecke) ist dieser Track ein musikalisches und moralisches Statement.

Zwischen Wut und Wehmut

Die The wilted EP schließt mit dem für Paleface Swiss-Verhältnisse ruhigsten Song: „Everything Is Fine“. Der Track erinnert fast schon an eine Rockballade und sorgt für einen emotionalen Ausklang. Die EP schließt damit passend zum letzten Album ebenfalls mit Cleangesang und lässt die Zeile „Please don’t say goodbye“ als melancholisches Festhalten am Weitermachen im Kopf des Hörers zurück. Es ist der Beweis, dass Paleface Swiss auch in der Zurückhaltung eine massive emotionale Wucht entfalten können und die Zerbrechlichkeit des Neuanfangs perfekt vertonen.

Foto: Adam Chandler / Offizielles Pressebild

ALBUM
The Wilted (EP)
Künstler: Paleface Swiss

Erscheinungsdatum: 02.01.2026
Genre:
Label:
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Intro
  2. Withering Flower
  3. Let Me Sleep
  4. Instrument Of War
  5. Everything Is Fine
Paleface Swiss The Wilted
Paleface Swiss The Wilted
9
FAZIT
Paleface Swiss trauen sich, ihre brutalste Härte mit einer nie dagewesenen emotionalen Offenheit und klanglicher Experimentierfreude zu paaren. Mit der The wilted EP Collection zeigen sie, dass authentische, ungeschönte Verletzlichkeit die größte Stärke sein kann. Die Platte liefert starke Breakdowns, Gänsehaut-Momente und eine Charity-Hymne, die beweist, dass Metal mehr als nur Musik ist. Paleface Swiss sind 2026 unaufhaltsam.