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Warum Konzerte teurer werden müssen – ein Kommentar

Eine ganz einfache Rechnung.

VON AM 21/08/2022

Erst kürzlich haben Mantar angekündigt, dass sie einige Konzerte ihrer kommenden Tour absagen oder verschieben mussten. Der Grund dafür: Die Ticketverkäufe sind zu gering. Gerade mal 30 bis 50 Prozent der Tickets, die zu gewöhnlichen Zeiten verkauft wurden, sind bisher verkauft, was das Risiko schlichtweg zu hoch werden lässt, die Tour in Gänze zu spielen.

Diese Situation ist jedoch kein Einzelfall. Viele Bands haben ihre Konzerte abgesagt und verschoben, weil sie durch gestiegene Preise nicht mehr rentabel sind. Die meisten Touren sind knapp kalkuliert und mit den Kosten auf Null rauszukommen, ist meist keine Selbstverständlichkeit. Stattdessen sind es Merchverkäufe, die Touren für Bands rentabel werden lassen.

Bands haben weiter zu kämpfen…

Um ein Konzert stattfinden zu lassen, benötigt es viel Planung. Neben den Musiker*innen, gibt es verschiedene Teammember, die dafür sorgen, dass die Show stattfinden kann. Tourmanager*innen, Fahrer*innen, Mercher*innen, Fotograf*innen, Tontechniker*innen, Lichttechniker*innen, Stage Hands und weitere Beteiligte sind Kostenfaktoren, die bezahlt werden müssen und damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Wie groß das Team ist, hängt von der Größe der Produktion ab.

Darüber hinaus sind es Mietkosten für Tourbusse, Vans, Sprinter und Kosten für Treibstoffe, die von Seiten der Band finanziert werden müssen, um die Tour fahren zu können. Eventuell kommen Maut, Vignetten oder ähnliche Kosten für private Straßennetze hinzu.

…Veranstalter*innen aber auch

Auf Seiten des Veranstalters sind es ebenfalls Personal wie Tontechniker*innen, Lichttechniker*innen, Stage Hands, Kassenpersonal, Thekenpersonal, Bandbetreuungskräfte, Veranstalter*innen und weitere Beschäftigte, die dafür sorgen, dass ein Konzert reibungsfrei über die Bühne läuft. All diese Personen sind Kostenfaktoren, die bezahlt werden müssen.

Dazu gesellen sich GEMA-Kosten, Beiträge in die Künstlersozialkasse, Ausländersteuer, respektive Mehrwertsteuer, Kosten für Catering, Kosten für Übernachtungen und Unterkünfte, Kosten für Parkplätze, Promomaterialien, Supportbands und Werbung.

Konzerte: Ein bipolares Bild

Auf der einen Seite sehen wir große Live-Events, Open Air-Veranstaltungen und Festivals. Die sozialen Medien sind voller Menschen, die Spaß haben und das Leben genießen. Für Besucher von Festivals wie Rock am Ring und dem Wacken Open Air ist es selbstverständlich, einen Bierpreis von 12 Euro pro Liter zu zahlen. Dazu kommen Ticketpreise im dreistelligen Bereich. Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei größeren Konzerten von weltbekannten Bands ab. Die Events sind weitestgehend ausverkauft und spüren oft nur wenig davon, wie es um die Musikszene in der jeweiligen Nachbarschaft steht.

Auf der anderen Seite gibt es etliche Musiker*innen, Bands und Veranstaltende, die nach wie vor Konzerte, kleinere Festivals und Touren absagen müssen, weil der Vorverkauf nicht anzieht, das finanzielle Risiko zu groß ist, oder die Bands aus denselben Gründen bereits im Vorfeld abgesagt haben. Dort nämlich trifft es viele kleinere Bands, Selbstständige, Einzelunternehmen und Venues, die über die letzten zweieinhalb Jahre schon viel zu kämpfen hatten, und das obwohl die Preise noch viel geringer sind. Aber auch hier zeichnet sich ein neues Bild ab …

Konzerte müssen teurer werden

Auch für Veranstalter*innen ist die Pandemie noch nicht vorbei. Der Krieg in der Ukraine, die Inflation und auch die Erhöhung des Mindestlohns sind Faktoren, die die Preise auch für Venues, Clubs und Veranstalter*innen nach oben treiben und nur eine Schlussfolgerung zulassen: auch Konzerte müssen teurer werden. Zusätzlich könnten teurere Ticketpreise den Break Even (also den Punkt an dem ein Veranstalter / eine Band die Produktionskosten wieder eingenommen hat) schneller erreichbar werden lassen, sodass ein Konzert auch mit wenigen Zuschauer*innen noch rentabel genug werden könnte.

Die Hauptgründe werden aber gestiegene Kosten sein, die sowohl Veranstalter*innen, als auch Bands treffen. Wenn Bands höhere Gagen benötigen, um ihre Tour zu finanzieren, so müssen Veranstalter*innen diese Kosten auf die Konzertbesucher*innen umverteilen. Werden dann nicht genug Tickets verkauft, um den Veranstalter*innen und Bands eine ausreichende Garantie zu geben, dass die Kosten gedeckt werden können, ist eine Absage meist die Folge.

Die Situation ist eine Zwickmühle

Die Inflation trifft momentan jeden. Gestiegene Preise für Lebensmittel, Energie und andere Produkte machen sich im Geldbeutel spürbar. Menschen, die nur wenig Geld zur Verfügung haben, um Kulturangebote wahrzunehmen, werden vor Problemen stehen. Auch die Getränkepreise werden steigen und könnten Trinkende vor dem Kauf von drei Getränken pro Konzertabend abschrecken, da sie als zu teuer empfunden werden könnten. Doch gerade die Disparität zwischen teuren Mega-Events, die hohe Getränkepreise aufrufen und vergleichsweise günstigen, kleineren Konzerten, die meist auch bezahlbare Drinks bieten, zeigt eine gewisse Doppelmoral in der Konzertbesuchergesellschaft.

Es muss eine Gratwanderung gelingen, die einen Weg findet, die Kosten zu kompensieren, dabei genug Fairness gegenüber den Endverbraucher*innen zu offenbaren und eine Win-Win-Win Situation zwischen Konzertgehenden, Veranstaltenden und Bands zu erzeugen. Dass es für solvente Konzertenthusiast*innen am einfachsten ist, einen Anfang zu machen, ist klar. Dennoch sollte jeder für sich selbst entscheiden, welchen Stellenwert ein Konzert haben kann. Ob es wirklich immer das große Open Air-Konzert für 120 Euro sein muss, oder doch auch mal ein Konzert einer kleineren Band, das vielleicht 20 Euro kostet, dafür aber das Potential hat, ein unvergessliches Erlebnis zu werden.

Mehr Sicherheit, mehr Konzerte?

Mit Ticketkäufen gebt ihr eine gewisse Sicherheit. Zum einen Sicherheit dafür, dass der Veranstalter das Konzert durchführen kann und die Venue auf genügend Getränkeverkäufe zählen kann. Zum anderen, dass die Band vor einem Publikum spielt, das Merch kauft.

Abwarten, ob das Konzert stattfindet, ist definitiv der falsche Weg. Wird ein Konzert abgesagt, bekommt ihr euer Geld zurück. Teilweise geschieht die Abwicklung automatisch, oder erst nach proaktiver Kontaktaufnahme. So oder so steht euch das Geld zu, sollte das Konzert abgesagt worden sein.

Kauft Tickets, Merch und trinkt Getränke

Um eure Lieblingsbands zu unterstützen, ist ein Merchkauf bei einem Konzert immer eine gute Idee. Ihr bekommt so oft nicht nur die Chance, mit der Band selbst ins Gespräch zu kommen, sondern könnt sie auf direktem Wege unterstützen, was helfen kann, eine Tour rentabler zu machen.

Viele Venues und Clubs finanzieren ihre Konzerte mit Parties und Getränken, die Veranstaltungen kompensieren, bei denen die Ticketeinnahmen nicht ausgereicht haben, um die Kosten zu decken. Ein Getränk mehr zu trinken hilft, sofern es euer Geldbeutel erlaubt.

Ich sage es, wie es ist: Der Herbst wird hart. Kauft Konzerttickets solange es geht. Sonst ist es vielleicht das Konzert, auf das ihr unbedingt gehen wolltet, genau das, was als nächstes dem Rotstift zum Opfer fällt.

Foto im Auftrag von MoreCore.de: Karoline Schaefer (Cat Eye Photography)

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