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HardcoreMetalcore

Live bei: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ (10.07.2021)

... mit direktem Vergleich zur richtigen Show von 2019.

VON AM 19/07/2021

Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zu gewandt entführten uns die Jungs von The Ghost Inside noch einmal in eine Zeit vor… Naja, ihr wisst schon. Und das natürlich nicht mit irgendeiner Live-Show, sondern genau mit DER SHOW, auf die die Jungs seit ihrem verheerenden Unfall Anno 2015 gemeinsam hin gearbeitet hatten.

Der Livestream

Die Show, die allen zeigen sollte: “Wir haben es geschafft, wir sind wieder da!” Und ob es die Jungs aus LA auch geschafft haben, dieses unvergleichliche Live-Gefühl von damals durch Zeit und Raum in unsere Wohnzimmer zu transportieren, das klären wir nun auf den folgenden Absätzen.

Nostalgischer Einstieg

Der knapp 2 3/4h lange Livestream begann standesgemäß mit einer Pre-Show. The Ghost Inside nahmen uns zu Beginn mit auf ihre Europa-Tour, die im Sommer 2015 zusammen mit Sick Of It All stattfand. Wir erleben die Band um Frontmann Jonathan Vigil in einer Zeit vor Virusvarinten und Traumabewältigung auch mal abseits der großen Bühnen und bekommen in gesetzten, wenn auch akustisch nicht ganz einwandfrei verständlichen O-Tönen, die Gedanken und Beweggründe der einzelnen Musiker zu hören.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)
The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Musikalisches Warm-Up

Nach 15 Minuten Tour-Recap verwandelt sich die Pre-Show in ein kleines musikalisches Warm-Up. Jedes Bandmitglied ergreift die Chance und präsentiert mit 2 – 3 Begleitsätzen und fun facts jeweils ein Musik Video aus der bandeigenen Historie. So bekommen wir schon vor der eigentlichen Show bereits die Songs „Pressure Point“, „Between the lines“, „Engine 45“, „the great unknown“, „move me“, „dear youth“ und „Aftermath“ auf die Sinnesorgane. Ein passendes 30 Minuten Warm-Up, bevor es dann endlich mit der eigentlichen Live show los geht.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)
The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

ES GEHT LOS!

Nun geht es ENDLICH los! Die Spannung steigt, die TGI-Rufe der damals anwesenden Showgäste werden immer lauter, bis die gesamte Band in Nebel gehüllt die Bühne betreten hat. Sogleich ertönt der Erste Song – „Avalanche“. Und ganz ehrlich, während ich hier sitze, diese Zeilen Tippe und an exakt diesen Moment zurück denke, spüre ich wie sich ein Kloß im meinem Hals bildet und meine Tränendrüsen auf Hochtouren kommen… und ich war damals nicht vor Ort!

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)
The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Inklusive Setlist

Auf „Avalanche“ folgen insgesamt 18 weitere Songs, die TGI im laufe der knapp 2 Stunden (!) langen Show zum Besten geben. Dabei legen sie den Fokus ganz klar auf ihre (anno 2019) letzten beiden Alben, wobei aber auch das 2010er Album „Returners“ mit „Unspoken“ und „Greater Distance“ bedacht wird. Sogar ihr Debüt Album „Fury and the fallen ones“ ist mit einem Song (der auf diesem Konzert sogar sein Live-Debüt erlebte) vertreten. Um welchen Song es sie hierbei handelt und was die restliche Setlist für den geneigten Zuschauer bereithält, lasse ich an dieser Stelle einfach mal unerwähnt, schließlich sollt ihr die Show auch selbst schauen. Seite auch aber versichert: Hier kommt jeder auf seine Kosten!

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)
The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Übrigens: Einen Vorgeschmack auf das 2020 erschienene Selftitled-Album findet man hier lediglich in einem Beisatz, den während einem der vielen Intermezzi fällt. Also wer hier auf ein Live-Debüt von damals noch unveröffentlichten Songmaterial gehofft hat, den muss ich leider enttäuschen.

Intermezzi

Wo ich gerade schon die vielen Intermezzi erwähnt habe, möchte ich zu selbigen noch ein paar Worte verlieren. The Ghost Inside waren schon immer eine Band, die viel Wert auf ihre Worte gelegt haben. Das stellen sie während dieser Show einmal mehr unter Beweis. So unterbricht Frontmann Vigil alle 2 – 3 Songs das Musikgeschehen, um einige Worte über verschiedenste Themen, die die Band während der Zeit ihrer Bühnenabstinenz beschäftigt haben, zu verlieren. Das gibt nicht nur der Band, sondern auch der Zuschauerschaft die Gelegenheit neue Energie zu sammeln, sodass beide Parteien beim nächsten Track wieder vollen Einsatz geben können.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)
The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Einige könnten das störend finden. Ich für meinen Teil halte diese Intermezzi aber für eine willkommene Abwechslung vom musikalischen Dauerfeuer. Manchmal muss man eben kurz durchatmen und The Ghost Inside geben damit sich selbst und dem Zuschauer die Möglichkeit dazu, ohne die Show künstlich in die Länge zu ziehen.

(K)eine „gewöhnliche“ Live-Show

Apropos Show: Zu der eigentlichen Live-Performance habe ich ja noch gar nichts gesagt. Kein Grund zur Sorge, das liegt NICHT daran, dass sie eventuell nicht der Rede wert ist. Man muss aber stets bedenken, dass man es hier nicht mit einem Big Budget AR-Set Lockdown-Konzert, sondern noch mit einer waschechten Liveshow ohne viel Schnickschnack zu tun hat. Man bekommt die Band auf einer Bühne inklusive amtlich viel Licht, Nebel, ein bisschen Pyro und fertig.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)
The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Soweit, so „gewöhnlich“. Man muss eben bedenken, dass dieses Konzert als eben solchen erdacht und umgesetzt wurde. Jedoch haben es Die Band und ihr Team an Licht- Ton- und Videotechnikern geschafft, sowohl für die Leute vor Ort, als auch für uns daheim Gebliebene das optimale Erlebnis herauszuholen. So sind die Jungs auf der Bühne stets in Bewegung, Licht und Nebel sorgen für ein optimales Live-Feeling und nahe, interessante Bilder sowie ein exzellenter Live-Ton runden das optimale Konzertmitschnitterlebnis ab.

Zudem wird an vielen Stellen das Publikum sowohl visuell als auch akustisch miteinbezogen was den Grad der Emotionalität des Konzerts erheblich steigert.

Erwartet uns hier also die krasseste Liveshow, die hätte möglich sein können? NEIN, aber genau die Show, mit der The Ghost Inside auf die Bühnen der Welt zurückkehren wollten, die sie 2015 außerplanmäßig verlassen mussten.

Fazit

Mit „Rise From The Ashes: Live From The Shrine“ haben The Ghost Inside anno 2019 genau die Show abgeliefert, die sie immer spielen wollten. Genau dort, wo alles begann, wo sie dachten, nie die Halle zu füllen, spielten sie die Show ihres Lebens. Zum damaligen Zeitpunkt wusste niemand der Anwesenden, wie es nun weiter geht. War das die erste Show auf die noch Hunderte folgen sollten, oder war es die letzte? Somit waren ALLE – sowohl Band als auch Fans – mit voller Energie dabei. Und das merkt man jetzt noch, wenn man sich diese gelungenen Aufnahmen ganze 2 Jahre nach dem Konzert anschaut.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)
The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Also wer dabei war, wer die Band und/oder ihre Geschichte kennt, wer auf Hardcore steht oder wer sich einfach mal wieder ein schön anzuschauendes und gut aufgenommenes Live Konzert der ruppigeren Gangart zu Gemüte führen möchte, ist mit „Rise From The Ashes: Live From The Shrine“ bestens versorgt.

Von Simon „Monsi“ Lehmann

The Ghost Inside Stream vs. Show – Kommentar

Ich sitze auf einem Campingplatz irgendwo in Norditalien nahe Cinque Terre und versuche verzweifelt, das WLAN des kleinen Platzes zum Laufen zu bekommen. Es funktioniert nicht.

Ich kaufe mir ein überteuertes Datenpaket. Nur noch wenige Stunden verbleiben, in denen ich mir den groß angekündigten The Ghost Inside-Stream der Show vom 13. Juli 2019 aus Los Angeles anschauen kann. Die Show, für die ich damals um die halbe – nein eigentlich die ganze Welt geflogen bin. Auf der Rückreise meines Auslandsjahres in Down Under hätte ich auch einfach straight nach Europa fliegen können, aber nö. Mein Visum lief am 11. Julia aus und für den 15. Juli war das Konzert einer meiner Lieblingsbands angesetzt… Also wieso nicht den Umweg machen?! Karten konnte ich direkt beim VVK Start ergattern. Nach fünf Minuten waren alle ausverkauft. Glück gehabt. Und auch einen Flug fand ich vergleichsweise günstig. Darwin – Sydney – Los Angeles.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)
The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Gänsehaut

Ebenso hibbelig wie damals beim Anstehen mit einer lieben Freundin, die aus Deutschland eingeflogen ist und allerhand Freunden und Bekannten, die man von Shows in Deutschland kennt, bin ich zum Start des Streams. Der Countdown läuft runter, der Pulsschlag steigt. Das Intro zu „Avalanche“ ertönt. Gänsehaut.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Ich sitz kerzengerade in meinem Campingstuhl und muss mich richtig zusammenreißen nicht jedes Wort laut mitzuschreien. Ich fühle mich wie genau wie damals in LA, zwischen all den Menschen, die aus der ganzen Welt angereist sind, um diesen historischen Moment der Gitarrenmusikgeschichte mitzuerleben. Bloß, dass sich niemand in meinen Arm krallt, niemand mitsingt und mir kein Bier über den Kopf fliegt. Und dann fällt der Vorhang und die Show geht los.

Die Show

Die vor Ort aufgetretenen Vorbands und Freunde von TGI sind nicht Teil des Streams. Ich erinnere mich an die damaligen Gerüchte, es würde ein Feature von A Day To Remember geben, welches nie stattfand. Der Sound ist bombastisch, die Lightshow on Point eingefangen. Lediglich die Kameratotale ist nicht mittig gestellt, was mein OCD leicht triggert.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Bildgewaltig und stimmungsvoll geschnitten läuft der Stream über mein iPad, während sich die Mücken an meinen Füßen in Flipflops ergötzen, mir kaltes italienisches Bier in den Rachen läuft und die Sonne im Berg hinter mir untergeht.

Damals vor Ort hatte ich nicht einen so guten Einblick. Ich erinnere mich daran, dass der Sound auch vor Ort super war. Das Licht, Bühnenbild und vor allem die Bandmitglieder selbst sind aber auf dem 19″ Gerät wesentlich besser zu erkennen als damals im Moshpit. Obgleich sowohl ich als auch die Freundin einen Rock als Outfit des Tages gewählt haben, scheuen wir zu Ende der Show das Crowdsurfen nicht. Im Stream kann ich uns selbst sogar bei dieser Aktion wiederfinden. Wie sollte man sich während „Engine 45“ stille stehen?

Mitfiebern

Tatsächlich fiebere ich bei jedem Song mit wie „damals“ vor Ort und erinnere mich an die clever gesetzten Ansagen zwischen den Songs. An die Worte der Dankbarkeit und die Rückblicke in die Geschichte der Band. Einer Band, die mich seit einem kleinen Festival in Schweden und einem Kennenlernen am Getränkeautomatt des einzigen Hotels im Ort immer begleitet hat. Mir musikalisch aus der Seele spricht und deren Geschichte mich damals geschockt hat. Heute beim Anschauen dieses Streams ist die Welt irgendwie okay. Der damalige Unfall, Covid und Hochwasser sind weit weit weg.

The Ghost Inside
Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

Freude im Herzen

Etwas zu plötzlich kommt das Ende der Show. Man hätte noch stundenlang weiterschlafen können. Ich sitze derweil im Kofferraum des Autos, um mitsingen zu können ohne den ganzen Campingplatz auf Trab zu halten. Ich bin froh, damals dort gewesen zu sein. In LA. Im Sonnenuntergang auf dem Parkplatz einer Venue. Mit vielen lieben Menschen und so viel Freude im Herzen.

Dieser Stream ist die perfekte, kleine Realitätsflucht. Die Macher dürfen sich auf die Schulter klopfen. Lange haben sie uns auf dieses Meisterwerk warten lassen. Es war jeden Tag wert.

Von Karoline Schaefer

Bild: The Ghost Inside „Rise From The Ashes“ Livestream (10.07.2021)

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