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Live bei: Nathan Gray in Stuttgart (26.02.2020)

Obwohl es Montagabend ist, ist der Club im Wizemann in Stuttgart gut gefüllt und zu meiner Überraschung ist die Bandbreite ...

VON AM 04/03/2020

Obwohl es Montagabend ist, ist der Club im Wizemann in Stuttgart gut gefüllt und zu meiner Überraschung ist die Bandbreite des Publikums wirklich groß. Egal ob Die Hard-Boysetsfire-Anhänger, junge Metal-Fans oder Menschen, die vielleicht noch nie etwas von BSF gehört haben, es ist bei Nathan Gray alles vertreten. Sowas erlebt man wirklich selten und dieses Beispiel zeigt wieder einmal, dass Musik so einiges vereinen kann, was auf den ersten Blick sehr unterschiedlich wirkt.

Norbert Buchmacher

Der erste Act des Abends ist Norbert Buchmacher. Mit diesem Künstler hat Nathan Gray sich einen Support geholt, der selbst eine Punk- und Hardcore-Vergangenheit besitzt. Buchmacher war lange Jahre selbst Roadie und zudem Musiker der mittlerweile aufgelösten Hardcore-Band „One On One“.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (@piaboehl)

Nun spielt er unter eigenem Namen Musik, die mich an alte Songs von Herbert Grönemeyer erinnert und auch Bruce Springsteen als Inspirationsquelle ist zu erkennen. In seiner rauen Stimme liegt sehr viel Gefühl und auch ein bisschen Sehnsucht. Meiner Meinung nach ein gut gewählter Künstler, der das Publikum schon von Beginn an in die richtige Stimmung für einen gefühlvollen Abend versetzt.

Matze Rossi

Matze Rossi greift das zuvor gehörte Konzept des deutschen Singer/Songwriters bei seiner Show wieder auf. Auch hier hören wir einen Mix aus Balladen und etwas dynamischeren Songs. Der Solokünstler begleitet sich selbst auf der Akustikgitarre und präsentiert uns Liebeslieder über seinen Hund, aber auch Songs mit ernsthafteren Themen.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (@piaboehl)

Zwischendurch hält er eine wichtige Ansprache über den aktuellen Rechtsruck in Deutschland und positioniert sich klar gegen Faschismus und Rechtsextremismus. Dafür und auch für seine musikalische Darbietung erntet er viel Zustimmung vom Publikum. Für mich ist es immer schön zu sehen, wenn Künstler ihre Reichweite auch sinnvoll nutzen und nicht nur stumpf ihre Songs herunterspielen.

Swain

Die letzte Vorband des Abends sind Swain. Die Niederländer, die teilweise auch in Deutschland und England leben, spielen eine Mischung aus Indie und Alternative und haben ebenfalls eine Punkrock-Vergangenheit.

Die einfühlsamen Klänge und eingängigen Melodien laden das Publikum zum Mitgrooven ein und manche Drum-Parts, die an ihre frühere Band „This Routine Is Hell“ erinnern, gestalten den Auftritt noch ein wenig dynamischer.

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (@piaboehl)

Nachdem Norbert Buchmacher, Matze Rossi und Swain das Publikum in die richtige Stimmung für Nathan Gray gebracht haben, betritt zunächst die Band und dann der Musiker selbst die Bühne.

Nathan Gray

Das Konzert beginn sehr emotional mit „Refrain“ von Nathan Grays aktuellem Album „Working Title“. Schon von Beginn an bin ich wirklich sehr begeistert vom Sound, der dafür sorgt, dass Nathans Stimme sehr klar und crisp klingt. Die Instrumente unterstützen den Gesang, aber lassen die Stimme definitiv im Vordergrund stehen.

Beim Song „Never Alone“ bekomme ich direkt Boysetsfire-Vibes und fühle mich sofort ein paar Jahre jünger. Nathan Gray und seine Band haben sichtlich Spaß auf der Bühne und lassen auch mehrfach verlauten, wie sehr sie sich freuen, am heutigen Abend für uns spielen zu dürfen.

Nathan Gray

Nathan GrayFotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (@piaboehl)

Sie betonen immer wieder, wie dankbar und glücklich sie sind und das nimmt man ihnen auch ab. Jeder der Musiker hat während dem Konzert ein Strahlen im Gesicht und diese Vibes spiegeln sich auch im Publikum wider. Im Laufe des Abends hat man das Gefühl, dass alle Anwesenden einen unbeschwerten Abend verbringen können und für einen kurzen Moment ihre Sorgen vergessen.

Besonders gut gefällt mir, dass die Akustik-Songs immer wieder live von einem Piano begleitet werden, was die Lieder noch ein Stück emotionaler und tragender macht.

Allgemein ist die Stimmung sowohl bei den Künstlern als auch beim Publikum sehr gelöst und irgendwie hat das ganze Konzert auch eine Art Wohnzimmeratmosphäre. Vielleicht liegt das am kleinen Club und an der eher geringen Zahl an Zuschauern, aber vielleicht auch an der Lichtstimmung, die hauptsächlich in warmen Tönen gestaltet ist.

Nathan Gray

Nathan Gray

Nathan GrayFotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (@piaboehl)

Zusätzlich stehen auf der Bühne auch kleine Tischlampen, die so auch im Wohnzimmer meiner Oma stehen könnten. Durch die lyrisch sehr tiefgründigen Songs, die angenehmen Lichtstimmung und die wenigen Leute, hat man ein bisschen das Gefühl, ein ausgewählter Kreis von Menschen zu sein, denen Nathan gerade etwas bei sich zuhause vorspielt.

Ich finde es sehr beeindruckend, wie offen Nathan über schlimme Erlebnisse in seiner Vergangenheit spricht. Gegen Ende, vor dem Song „Echoes“, wendet er sich mit ernster Miene an das Publikum. Er erzählt, wie er in den beiden nachfolgenden Songs „Echoes“ und „No Way“ sein Trauma verarbeitet. Eigentlich wollte er diese Thematik des sexuellen Missbrauchs nie zur Sprache bringen, aber ihm ist klar geworden, wie sehr er sich und vor allem anderen hilft, wenn er diese Songs spielt und das Thema öffentlich anspricht. Egal welche Art von Missbrauch man erlebt, man muss sich nicht dafür schämen und es ist keine Schwäche das Thema anzusprechen und sich Hilfe zu suchen.

Mit “As The Waves Crash Down” und “Quixote’s Last Ride” geht ein gefühlsbetonter und schöner Abend zu Ende, der den Zuschauer emotional gestärkt und einem warmen Gefühl zurücklässt.

Nathan Gray

Nathan Gray

Nathan Gray

Nathan Gray

Nathan Gray

Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (@piaboehl)

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