Review

Pop-PunkRock

Kritik: Yours Truly - "Self Care"

Schon der Bandname ist eine gereichte Hand in schweren Zeiten. Yours Truly präsentieren ihr Debütalbum „Self Care“ via UNFD. Die ...

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Schon der Bandname ist eine gereichte Hand in schweren Zeiten. Yours Truly präsentieren ihr Debütalbum „Self Care“ via UNFD. Die Pop-Punk-Rockband aus Sydney serviert anderthalb Jahre nach ihrer letzten EP „Afterglow“ nun ihre erste Platte.

Die letzte Zeit war für viele nicht einfach, so auch für das australische Quartett. Mal ganz abgesehen von Pandemie und Lockdown: Unistress, Liebeskummer und Gefühle von Unsicherheit und Zweifel begleiteten die Musiker und all dies verarbeiteten sie in „Self Care“. Probleme, wie sie nunmal fast jeder junge Mensch hat. Aus diesem Grund ist Mental Health ein großes Thema und so widmet die Band dieses Album ihren Zuhörern. Es soll eine Schulter zum Ausweinen sein und die Hand reichen, um aus der Dunkelheit zu steigen.

Yours Truly liefern mit „Self Care“ den Soundtrack des Jahres

Melancholisch sind die ersten Takte des Debüts, bevor es mit treibenden Pop-Punk-Drums direkt zur Sache geht. „Siamese Souls“, eine wundervolle Alliteration, eröffnet das Album. Alleingelassen fühlt sich Sängerin Mikaila Delgado, wenn man ihrem Text lauscht, und man kann sich direkt hineinfühlen. Eine musikalische Brücke zum Ende der vorherigen EP „Afterglow“.

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‚Here you go again‘ beginnt Track Nummer zwei mit schrammelnder Punkgitarre und anders als man vermuten mag, ist dies nicht nur einfach irgendein nächstes Liebeskummerlied auf dieser Welt. In „Composure“ wird niemandem hinterher getrauert. Man wird förmlich von der Stärke, die dieser Song ausstrahlt, angesteckt und wäre am liebsten auch frisch getrennt um noch mehr mitfühlen zu können. Wenn wir nur alle Trennungen so verarbeiten könnten: mit Gelassenheit. Auch Australiens großer Radiosender Tripple J hat diese Stärke überzeugt und so wurde die Band eingeladen, neben einer ‚like a version‘ von „Don’t Look Back in Anger“, auch ihre Single einzuspielen.

„Together“. Textlich gesehen können sich bestimmt viele von uns mit dem dritten Song der Platte identifizieren. Obwohl er beschwingt daherkommt, behandelt er Angst und das Versteckspiel mit den eigenen Emotionen. Das dazugehörige Musikvideo geht Hand in Hand mit der Melodie des Songs, ein cooles Computerspiel, in der die Band als Zeichentrickcharaktere Monster bekämpfen und natürlich siegen. Am Ende gibt es einen Regenbogen über der Blumenwiese – wenn doch nur auch die Monster im Kopf so einfach zu schlagen wären…

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Die Band selbst sagt im Interview: „One night I [Mikaila, Sängerin] turned to Lachlan [Gitarrist] and said, ‘I just feel all the colour has been drained from my brain’ and we both looked at each other with wide eyes, and that’s how the idea of Together came about.“

Das folgende „Vivid Dream“ glänzt mit coolen Gitarrenparts, von denen man aufs ganze Album gesehen, gern mehr gehört hätte. Dazu ein etwas ausgefalleneres Drumpattern und der Track sitzt. Ein starker Song, der auch vor positiver Energie strahlt.

Einen fröhlichen Umschwung gibt das darauffolgende „Undersize“. Dieser zumindest melodische Feelgoodsong hüpft neben uns über die Blumenwiese. Die Akustikgitarren zupfen ein sommerliches Muster und auch die schlicht heruntergebrochenen Drums bringen einen zum fröhlichen Mitwippen. Im Video sitzt die Band in einem mit bunten Blumen gefüllten Raum und auch Mikailas Mic ist verspielt mit Wolle umwickelt. Man sieht außerdem ein Alleinstellungsmerkmal der Band. Neben Frontfrau und dem Drummer Bradley sitzt nämlich kein Bassist, sondern die beiden Gitarristen Teddie und Lachland.

Den sechsten Song des Albums sehe ich vor mir in einem High-School Teeniefilm. Rockige Gitarrenparts und ein Beziehungsende, was braucht man mehr für die Sommerferien? Einfach los- und alles hinter sich lassen, das ist „Ghost“.

Danach wird es wieder melancholischer, was hier auch der Songtitel vermerken lässt: „Funeral Home“. Sehr catchy ist der Refrain mit seinen „Hey!“s und auch die Gitarrenriffs grooven. Das alles trotz der ungewöhnlichen Beerdigungsfeierthematik. Zum Single-Release von „Funeral Home“ durften wir die vier Musiker schon auf einem Playlistcover bei Spotify erblicken: der Song wurde in die New Punk Tracks aufgenommen – vielleicht ist ja auch der Durchbruch in Europa nicht weit.

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Einen mega ansteckenden Beat in typischer Pop-Punk-Manier bringt „Glass House“. Irgendwie erinnert er jedoch, zumindest im Refrain, zu stark an „High Hopes“ aus der Vorgänger-EP „Afterglow“.

Da sind wir auch schon bei der obligatorischen Ballade angekommen. Lange haben sie es herausgezögert und doch haben wir ihn erreicht: den vorletzten, neunten, Track „Half of Me“. Eine Akustikgitarre begleitet Zeilen über Fernbeziehungen und Mikaila beweist eine starke, wunderschöne Stimme.

Der melancholische Bogen des Albums wird zu guter Letzt mit „Heartsleeve“ geschlossen. Nach und nach wird hier aber noch einmal ausgepackt: Halftime Drums im poppigen Refrain und soviel Leidenschaft in der Stimme, dass man sie förmlich greifen kann. Auch thematisch rundet der Song das Album „Self Care“ ab.

Offen mit seinen Gefühlen umgehen und Angst und Zweifel aus den Gedanken verbannen – wenn es nur immer so einfach wäre.

Foto: Georgia Moloney / Offizielles Pressebild zu Yours Truly

ALBUM
Self Care
Künstler: Yours Truly

Erscheinungsdatum: 18.09.2020
Genre: ,
Label: UNFD
Medium: CD

Tracklist:
  1. Siamese Souls
  2. Composure
  3. Together
  4. Vivid Dream
  5. Undersize
  6. Ghost
  7. Funeral Home
  8. Glass Houses
  9. Half Of Me
  10. Heartsleeve
Yours Truly Self Care
Yours Truly Self Care
8
FAZIT
Endlich mal wieder ein rundes Pop-Punk-Album mit weiblichen Vocals und ehrlichen Texten. Yours Truly, die übrigens im Schnitt nicht älter als 21 sind, liefern hier ein überzeugendes Debüt, das Bock auf mehr macht. Falls man immer noch kein Bild im Kopf hat, erinnert man sich am besten an die frühe Kelly Clarkson zurück – oder man hört es sich einfach mal an!

Ihrem Wunsch, sich zu beweisen und ihren Hype wert zu sein, sind Yours Truly nämlich definitiv nachgekommen. Hoffen wir mal, dass es nicht allzu utopisch ist, sie sich in naher Zukunft nach Europa zu wünschen.