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Review

Hardcore

Kritik: Turnstile - “NEVER ENOUGH”

Niemals genug für wen?

VON

Turnstile ist inmitten der Coronakrise etwas gelungen, das jahrzehntelang unmöglich schien: Mit ihrem dritten Album “GLOW ON” (2021) machte die aus Baltimore stammende Band den Hardcore salontauglich. Auf einmal verschlug es die Szenelieblinge aus den Skateparks und DIY-Clubs auf die großen Bühnen, in die Late Night-Shows und auf die Tiny Desk-Konzerte dieser Welt. Ganze drei Jahre lang ist das Quintett nun auf der Erfolgswelle ihrer Jahrhundertplatte geritten, nur um sich im Anschluss der wahrscheinlich größten Herausforderung zu stellen, der man sich als Band überhaupt stellen kann: An den eigenen Erfolg anzuknüpfen.

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Möglicherweise suggeriert aber der Albumtitel schon, dass Turnstile sich voll und ganz bewusst sind, dass sie dabei nicht alle happy machen können. Und doch versuchen sie es und schaffen mit “NEVER ENOUGH” zumindest einen ordentlichen Absprung von ihrer “GLOW ON”-Ära. So kann man ihren vierten Langspieler definitiv als neues, eigenständiges Werk ansehen – auch wenn hier und da ein wenig zu sehr an vertrauten Mustern festgehalten wird. So offenbaren sich klar die Schwierigkeiten des Ansatzes, alle zufrieden stellen zu wollen. Glücklicherweise bringt die Band einen so großen Willen zur klanglichen Weiterentwicklung mit, dass sich die Platte an einem Punkt einpendelt, an dem man sich doch sehr versöhnlich mit ihrem neuesten Werk zeigen kann.

Turnstile bewegen sich auf dünnem Eis

Die Schattenseiten von “NEVER ENOUGH” sind aber leider allgegenwärtig. So ähneln die Songs zu Teilen so stark den zahlreichen Hits des Vorgängers, dass man es kaum ausblenden kann. So erinnert der Titeltrack klar an “MYSTERY”, “DREAMING” an “DON’T PLAY” und “SLOWDIVE” sehr stark an “FLY AGAIN” – nur um ein paar Beispiele zu nennen. Glücklicherweise holen Turnstile auf der Sound- und Produktionsebene noch so viele Spielereien raus, dass die Songs trotzdem Spaß machen und eine schöne Erweiterung zum “GLOW ON”-Material bieten. Alleine der glorreiche Fanfaren-Synth in “DREAMING” markiert einen der ikonischsten Momente der Platte. So wirklich haten kann man solche etwas klassischeren Turnstile-Songs auch einfach nicht.

Wirklich spannend wird es in den Momenten, in denen Turnstile ihrer Experimentierfreudigkeit freien Lauf lassen. So erweitern Songs wie “I CARE” und “SEEIN’ STARS” den damals schon in “NEW HEART DESIGN” angeschnittenen 80er-Einfluss. Auch die zahlreichen Interludes und Übergänge erzeugen eine ganz besondere Atmosphäre und kitten die dreizehn Songs auf schlüssige Weise zusammen. Besonders das von einer Querflöte getragene Outro von “SUNSHOWER”, das loungige Interlude “CEILING” und die tanzbare zweite Hälfte von “LOOK OUT FOR ME” bestechen durch viel mehr als ihre Funktionalität. So sind es die reichhaltigen Klänge und der mittlerweile fest etablierte Orgelsound der Band, die den besonderen Appeal von solchen Spielereien ausmachen.

Herausforderung bestanden?

Im Kontrast zu diesen träumerischen Passagen stehen zügige Punk-Knüppler wie “BIRDS”, “SOLE” und “SUNSHOWER” die teilweise vom Härtegrad sogar mehr an ihr zweites Album “Time & Space” (2018) erinnern. Wie bereits erwähnt – Turnstile versuchen auf “NEVER ENOUGH” wirklich alle glücklich zu machen und schaffen es bis zu einem gewissen Grad auch. So wirklich schlecht reden kann man ein Album nicht, dass am Ende des Tages immer noch wahnsinnig ausgewogen ist, den besonderen Charme der Band einfängt und zahlreiche Momente bietet, die sich im Kopf festsetzen. Und gerade wenn man bedenkt, für welches Album die US-Amerikaner:innen einen Nachfolger liefern mussten, kann man ihnen nur größten Respekt dafür zollen, wie gut sie dabei immer noch abliefern.

Beitragsbild: Atiba Jefferson / Offizielles Pressefoto

ALBUM
Never Enough
Künstler: Turnstile

Erscheinungsdatum: 06.06.2025
Genre: ,
Label: Roadrunner Records
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc

7.5
FAZIT
Mit “NEVER ENOUGH” haben sich Turnstile einer Mammut-Aufgabe gestellt. Ihr viertes Album bildet einen gelungenen Nachfolger ihres Meisterwerks “GLOW ON” und bietet 13 Tracks, die zwar in eine ähnliche Kerbe schlagen, aber trotzdem Spaß machen und vor allem im sorgfältig gestalteten Albumkontext bestens funktionieren. Natürlich muss man der Band ankreiden, dass sie sich stellenweise wirklich ein wenig zu stark selbst zitieren. Was ihnen im Songwriting fehlt, holen sie aber mit ihrer Experimentierfreudigkeit und ihrer Klangvielfalt wieder rein. Das alles hätte auch ganz anders enden können.