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Review

Alternative Rock

Kritik: Scars On Broadway – "Addicted To The Violence"

Ein Meisterwerk.

VON

Daron Malakian mag die Musik seiner Hauptband System Of A Down, US-Bands der 60er-Jahre, traditionelle Instrumente des Herkunftslandes seiner Vorfahren – Armenien – und Gesangsstrukturen aus dem Morgenland. All das mixt er seit Jahrzehnten erfolgreich als Hauptsongschreiber von SOAD und seit 2008 auch mit seiner eigenen Band Scars On Broadway sehr erfolgreich zusammen. Nun ist er mit seinem Soloprojekt mit dem dritten Album „Addicted To The Violence“ am Start und bleibt sich durchweg treu, womit er ohne zu übertreiben ein Meisterwerk geschaffen hat.

Ein Multitalent

Im Jahr 2008 ging das Debütalbum von Scars On Broadway direkt in die Top 20 der Billboard-Charts und in die Top 30 der deutschen Charts, damals wirkten noch John Dolmayan, Drummer von System Of A Down, und Musiker der Metalband Pulse Ultra aus Kanada mit. Inzwischen benannte er sein Projekt in Daron Malakian and Scars On Broadway um, denn bei jedem Album gibt es eine neue Besetzung an den Instrumenten. Im Grunde ist es sowieso ein Soloding von Malakian, der zusätzlich auch noch als Produzent auftritt. Das ist auch gut so, denn bekanntlich verdirbt ein Koch den Brei ja eher selten.

Unangenehme Wahrheiten

Na gut, jeder Song auf „Addicted To The Violence“ erinnert schon sehr an System Of A Down, aber im Grunde klaut er ja bei sich selbst und das kann ihm keiner übel nehmen. Trotzdem gelingt es Daron Malakian, sich nicht immer wieder zu kopieren, sondern seinen ganz eigenen Stil in immer neuen Songs aufblühen zu lassen.

Das beweist schon der Opener „Killing Spree“ mit seinen treibenden Drums, die mitsamt seinem typischen stakkatomäßigen Gesang in der Strophe wie ein Trommelfeuer wirken, bevor dann ein punkiger Refrain folgt. Mit diesem Song setzt er den Ton des gesamten Albums, auf dem er unangenehme Wahrheiten ausspricht.

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In dem Song ginge es laut Malakian um Tabuthemen, über die niemand reden wolle. Er meint damit Jugendliche, die ihre Mitschüler:innen in der Schule erschießen oder Gaffer, die nur mitfilmen, anstatt zu helfen, wenn eine Frau in der U-Bahn angegriffen wird. Rebellion und automatische Waffen habe es schon vor 50 Jahren gegeben, aber die heutige Generation und die ganze Gesellschaft sei unempathisch geworden.

Und plötzlich wird es Deutsch

Das ist harter Tobak genau wie die wild zusammengeschrammelten Akkorde, die das Gerüst von „Satan Hussein“ bilden. Hier nimmt sich das Multitalent die verschiedenen Religionen vor. Am Ende wird dann im Refrain aus „Jesus Christ“ ein mit bemüht deutschem Akzent ausgesprochenes „Jesus Christus“. Und spätestens hier wird klar, was jeder eigentlich schon wissen sollte, der sich mit den Texten von System Of A Down auseinandergesetzt hat: Das Album ist durch und durch politisch.

Vertraute Melodien

Auch „Done Me Wrong“ macht da keine Ausnahme mit der Anklage, dass die Zukunft – vorsichtig ausgedrückt – düster ist und Machthaber keine netten Menschen sind. Erneut gibt es ein Gemisch aus Drums und Gitarre, das wie das Marschieren von Truppen wirkt. Alles klingt so vertraut, dabei sind die Songs brandneu, aber man ist beim ersten Ton sofort drin. Und bei „The Shame Game“ treibt er es mit den Referenzen dann auf die Spitze, denn man könnte schwören, dass „Aerials“ von SOAD beginnt.

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Allerdings ist dieser Irrglaube nach wenigen Sekunden vorbei, denn nun ist ein eher ruhiger Song zu hören, der auch aus den 60er-Jahren von The Zombies stammen könnte. Ein wirklich gelungener Überraschungsmoment und eine tolle Komposition, bei der es darum geht, dass sich manche Menschen, vornehmlich aus Regierungsapparaten, offenbar für den Mist, den sie fabrizieren, nicht schämen, frei interpretiert. Hier sind Radioqualitäten hörbar, auch wenn der Titel viel zu lang dafür ist, aber er könnte auch nach drei Minuten beendet werden, denn danach folgt nur noch ein in die Länge gezogenes Outro.

Brachiale Songtitel

Textlich wenig subtil geht es mit dem Titel „Destroy The Power“ weiter, bei dem Daron Malakian seine Vorliebe für Old School Metal-Riffs ausleben kann. Stoisch bleibt er bei seinem Lyrics auf einem Ton, so dass es schon eher ein hypnotisierender Sprechgesang ist und wieder kommen schöne Erinnerungen an Songs auf, die er in anderen Jahrzehnten für eine andere uns sehr vertraute Band komponiert hat.

Der schrägste und gleichzeitig mit unter zwei Minuten kürzeste Song auf dem Album ist „Your Lives Burn“, bei dem er gesanglich seinen Kumpel Serj Tankian, seines Zeichens Sänger von immer wieder angeführter Kapelle System Of A Down, mit plötzlich eingeworfenen ganz hohen Tönen nachahmen möchte, was ihm auch einigermaßen gut gelingt. Aber der Refrain zeigt, dass es sich hier eher um einen Punksong handelt, der auf den Soundtrack jedes Autorennspiels für die Konsole passen würde.

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Viele Zeitreisen

Wie aus einem anderem Jahrhundert fängt dagegen „Imposter“ an. Es schrammelt und grunget schon sehr, als wären die frühen Stone Temple Pilots am Werk, aber sobald Malakian anfängt zu singen, ist man wieder voll bei seinem Sound. Seine Gesangsparts sind deshalb so catchy, weil er schon immer Notenstrukturen aus der arabischen Musik einbaut und diese auf Rockmusik jeglicher Art überträgt. Das klingt manchmal schräg für den Zuhörer aus dem Abendland, aber genau das macht es ja so hörenswert.

Und bei „You Destroy You“, das mit einer Akustikgitarre beginnt und vom Gesang her sehr an „Lonely Day“ von System Of A Down (sorry für das ständige Wiederholen) erinnert, baut er dann auch traditionelle Zupfinstrumente mit ein.

Auch mit diesem Song versetzt er seine Fans wieder in die goldene Zeit von US-Band wie The Monkees und beweist seine kompositorische Vielfältigkeit. Dazu bietet er hier nun auch noch den zweiten radiotauglichen Song an, was die Plattenfirma sicherlich erfreuen wird, aber für den sich Daron Malakian keineswegs verbiegen oder entschuldigen muss.

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Hymnisches Ende

Etwas schwerfällig beginnt dagegen „Watch That Girl“, aber kurz bevor man den Glauben daran verliert, dass sich etwas Gutes entwickeln kann, entwickelt sich tatsächlich etwas Gutes. Leider wird der Anfangspart in der Mitte und am Ende wiederholt, so dass es ein ständiges Hin und Her ist, aber der Rest des Titels entschädigt dafür reichlich, denn es geht zwischendurch richtig ab.

Das kann man vom Namensgeber des Albums „Addicted To The Violence“ nicht behaupten. Es handelt sich eher um einen epischen Song, dem allerdings etwas die Wucht fehlt, um mit Hymnen von Bands wie Radiohead mithalten zu können. Dennoch ist es ein schöner Abschluss eines gelungenen Albums.

Foto: Travis Shinn / Offizieles Pressebild

Scars On Broadway News

ALBUM
Addicted To The Violence
Künstler: Scars On Broadway

Erscheinungsdatum: 18.07.2025
Genre: ,
Label: Scarred For Life
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Killing Spree
  2. Satan Hussein
  3. Done Me Wrong
  4. The Shame Game
  5. Destroy The Power
  6. Your Lives Burn
  7. Imposter
  8. You Destroy You
  9. Watch That Girl
  10. Addicted To The Violence
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FAZIT
Mit „Addicted To The Violence“ hat Daron Malakian mit seiner Band Scars on Broadway komplett überzeugt. Natürlich erinnert vieles an System Of A Down, aber er beweist in Zeiten, in denen Metalcore seine absolute Hochphase hat, dass es immer noch möglich ist, hervorragende Songs im Stile des Alternative Rocks zu produzieren. Es sei ihm auch verziehen, dass seine Stimme nicht so ikonisch und einzigartig wie die von Serj Tankian ist, aber seine Kompositionen sind es auf jeden Fall. Dieses Album ist absolut empfehlenswert, nicht nur wegen der vielen Denkanstöße und Aussagen in solch wirren Zeiten mit von Machthabern angestacheltem Hass und Gewalt gegenüber Minderheiten oder Schwächeren, aber vor allem wegen der grandiosen Songs.