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Kritik: Lamb Of God - "Lamb Of God"

Gute fünf Jahre ist es nun her, dass Lamb Of God zuletzt mit dem Album „VII: Sturm und Drang“ von ...

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Gute fünf Jahre ist es nun her, dass Lamb Of God zuletzt mit dem Album „VII: Sturm und Drang“ von sich hören ließen. 2018 zeigte sich die Band zudem unter dem einstigen Namen Burn The Priest wieder von ihrer ursprünglichen Seite. Nun melden sie sich ganz verheißungsvoll mit einem „Selftitled-Album“ passend zum Dekadenstart zurück.

Lamb of God machen da weiter, wo sie aufgehört haben

Schon seit Februar haute die fünfköpfige Band aus Virginia erste Singles als Vorgeschmäcker heraus. Unter anderem wurde uns auch der Introsong des Albums „Memento Mori“ präsentiert. Bereits dort zeigt sich, dass die Künstler großen Wert darauf legen, die beschriebenen Szenen mittels authentischer Geräuschkulisse in ihrer gesamten Atmosphäre einzufangen. So geht es in dem Song zu Beginn relativ verhalten, geheimnisvoll und düster zu. Der Hörer wird auf eine Sinnesreise geschickt, die vorzugsweise unter der Wasseroberfläche beginnt: Blubbernd und mit verzerrten, zugleich hauchenden Stimmen, die warnend „Wake up!“ rufen, werden alleinig die Gitarren begleitet, während Randy Blythe mit müder Stimme das Geheimnis des Szenarios lüftet: „I think I’m drowning, this dream is killing me“.

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Knapp 100 Sekunden später erwacht die Band mit einem Wake-Up-Scream des Sängers wahrhaftig aus dem geschilderten Albtraum. Wenn es jemand mit Leichtigkeit schafft, Reize und Empfindungen aus den Hörerinnen und Hörern herauszukitzeln, dann sind es keine anderen als Lamb of God, die schon seit immerhin 26 Jahren fest im Geschäft sind. Als hammerhart wie eh und je erweisen sich vor allem die Strophen, wobei der Refrain dank der rhythmischen Gitarre stufenweise melodischer daherkommt. Auch das atmosphärische Intro findet im Mittelteil erneut seinen Einsatz, was dem Track seinen Wiedererkennungswert verleiht und deshalb einen durchaus gelungenen Albumeinstieg darstellt.

„Checkmate“ wurde ebenfalls vorab veröffentlicht und catcht von der ersten Sekunden an mit den Gitarrenriffs alle Heavy und Thrash Metal-Begeisterte. Mit einem energiegeladenen Blythe lässt der Song alle Synapsen headbangend Pingpong spielen, wie man es nun mal von den Mannen gewohnt ist.

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Trotz der musikalischen Härte will die Band auch lyrisch ein Statement setzen und über dem gesamten Album hinweg einmal mehr auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen: „Checkmate“ thematisiert einen „american nightmare“ mit zu deutenden Seitenhieben gegen die aktuellen politischen Entscheidungen im eigenen Land: „Make america hate again and bleed the sheep to sleep.“

„Gears“ haut ähnlich rein wie der vorige Track. Tongebend sind die beiden Gitarristen Mark Morton und Willie Adlers zusammen mit Bassist John Campbell: Aggressiv, fesselnd und rasend wie ein Schwarm wildgewordener Wespen schreiten sie indes zur Tat. Ganz nach dem Motto „Wer rastet, der rostet“ schaffen sie es, nach all den Jahren ihre technischen Fertigkeiten noch immer wirkungsvoll unter Beweis zu stellen.

Die gesangliche Darbietung sticht hierbei weniger hervor, da die Varianz des Screams erst einmal ausbleibt. Auch der vierte Song des Albums, genannt „Reality Bath“, startet mit einem kurzen, aber eindrücklichen und orientalisch wirkenden Gitarrensolo, welches einen einsamen Gang durch eine trockene Wüste suggerieren könnte.

Mit dem Einsatz Randy Blythes weiß der Song die stimmliche Spannbreite des Frontsängers, im Vergleich zu „Gears“, gekonnt in Szene zu setzen. Erneut werden die Hörer mit unangenehmen Themen der Realität konfrontiert, weshalb der Titel einmal mehr deutlich macht, worum es der Band in ihrem neuen Album tatsächlich geht.

Lamb of God punkten mit einigen hochkarätigen Features

„New Colossal Hate“ besticht (ausnahmsweise) nicht durch ein stimmungsvolles Intro, sondern durch einen Chorus, der hängen bleibt. Daraufhin folgt noch eine andersartige Bridge, die schneller daherkommt und das Stück um ein Vielfaches dynamischer gestaltet. Dabei sollten alle Blythe-Fans auf ihre Kosten kommen, denn hier erleben wir auf eminente Weise, wie sich der Frontmann die Seele aus dem Leib screamt. Einfach weil die Stimmgewalt Blythes so gut zur Geltung kommt und die Vielseitigkeit der Band überzeugt, gehört er zu den signifikanteren Tracks.

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Wie war das noch gleich mit den interessanten Songeinstiegen? Lamb of God bedienen sich jedenfalls nicht zu selten des stilistischen Mittels. Ebenfalls „Resurrection Man“ wird, passend zu dem Albtraum-Thema, durch eine Spieluhrmelodie eingeleitet, wie man es aus manch einem Horrorfilm nur zu gut kennt. Wie „New Colossal Hate“ unterliegt auch „Resurrection Man“ mehrmaligen Veränderungen in Tempo und Rhythmus, weshalb durch die Überraschungselemente die Metal-Dröhnungen so richtig Laune machen.

Aber nicht nur Überraschungen dieser Art halten Lamb of God für ihre Fans bereit: Mit von der Partie sind außerdem zwei Features. In „Poison Dream“ gibt sich Hatebreed-Frontsänger Jamey Jasta zum Besten, der Blythe durch seine typischen Shouts recht gut ergänzt. So richtig verwundert es den ein oder anderen Lamb of God- oder Hatebreed-Anhänger dann auch wieder nicht, da die befreundeten Sänger schon in der Vergangenheit kollaborierten.

Durch das zweite Feature in „Routes“ könnte sich manch einer in den Thrash Metal der 80er Jahre zurückversetzt fühlen, denn Verstärkung holt sich die Band von Chuck Billy, dem Vokalisten der Urgestein-Band „Testament“. Der Song erweist sich somit als Geschmackssache, womöglich auch für einzelne, treuere Hörer.

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„Bloodshot Eye“ erhält nochmal eine ganz besondere Note – und zwar eine cleane. Obwohl es schon im letzten Album stellenweise gesanglich sehr clean zuging, bleibt es bisher eher banduntypisch. Nichtsdestotrotz demonstrieren die Künstler dadurch ihre Wandelbarkeit, was auf der neuen Platte für meinen Geschmack insgesamt leider doch noch zu selten geschieht.

„Bloodshot Eye“ gibt sich zuerst dem Hardrock hin, wird im Chorus härter und zwischenzeitlich sogar wieder sanfter. Ein Spagat, den die Metal-Größen ohne Weiteres meistern. Drummer Art Cruz, der erst seit 2019 Teil der Band ist, legt in seinem ersten Release der Bandhistorie einen ziemlich eindrucksvollen Drum Intensity-Level hin, der nicht zuletzt im finalen Track erkennbar wird: Mit „On The Hook“ will die Band es abschließend nochmal so richtig krachen lassen.

Foto: Travis Shinn / Offizielles Pressebild

ALBUM
Lamb Of God
Künstler: Lamb Of God

Erscheinungsdatum: 19.06.2020
Genre: ,
Label: Nuclear Blast
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Memento Mori
  2. Checkmate
  3. Gears
  4. Reality Bath
  5. New Colossal Hate
  6. Resurrection Man
  7. Poison Dream (feat. Jamey Jasta)
  8. Routes (feat. Chuck Billy)
  9. Bloodshot Eyes
  10. On The Hook
Lamb Of God Selftitled Album 2020
Lamb Of God Selftitled Album 2020
6.5
FAZIT
Fans dürften sich wie Bolle freuen, denn der Name ist definitiv Programm: Lamb of God bleiben ihrem Stil treu, womit der Titel des Albums „Lamb of God“ zu 100% auf die Kreationen aus dem Label-Hause Nuclear Blast zutrifft. Auf ein Neues zeigen die Gitarristen Mark Morton und Willie Adler sowie der ebenso wild gebliebene John Campbell am Bass und Neuzugang Art Cruz, wo der Hammer hängt. Abstriche gibt es dennoch in der B-Note, da die Platte im direkten Vergleich mit den Vorgängeralben weniger Variationen aufweist, wodurch das Binge-Hören des Albums sich stellenweise als kontrastarm herausstellt.

Zwar fängt der Spaß von Song zu Song immer wieder von vorne an, doch folgt aufgrund der fehlenden Dynamik zwischendurch auch mal die Ernüchterung. Nichtsdestotrotz werden unsere Headbang-Gebete erhört: „Lamb of God“ ist – trotz aller Kritik – eine Band mit einem gleichnamigen Album, auf die bzw. auf das man nach wie vor einfach abgehen kann.