Album
05/09/2025
Review
Crossover Hardcore
Kritik: Deez Nuts - "Saudade"
Alles neu und doch so vertraut.
VON
Daniel vom Bruch
AM 27/10/2025
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Mehr als fünf Jahre ist es her, seit Deez Nuts ihr Abum „You Got Me Fucked Up“, ihre bisher zweiterfolgreichste Platte in Deutschland, herausgebracht haben. Seitdem hat die Band aus Australien den Verlust ihres Bassisten und Gründungsmitglied Sean Kennedy verarbeiten müssen. Dies ist ihrem neuen Album „SAUDADE“ deutlich anzumerken. Während es in ihren früheren Texten aus Hits wie „Band of Brothers“ eher um Kumpelhaftigkeit und Selbstfeierei ging, handelt das siebte Studioalbum der Band um Verlust und Trauer.
Internationale Einflüsse
Das Line-up der Band ist internationaler geworden, denn neben Sänger und Bandgründer JJ Peters und Gitarrist RealBad sind nun Bassist Apolinário Correira (Devil In Me) aus Portugal und Drummer Jesse Labovitz (No Warning) aus Kanada neu dabei. „Auf der Bühne hat es sich mit diesem Line-Up sofort sehr gut angefühlt und wir haben gehofft, dass sich das auf die Arbeit im Studio überträgt“, sagt Peters. Und diese Hoffnung ging voll auf. Mit „Saudade“ bringen Deez Nuts ein sehr erwachsenes Album an den Start, dass an die Wurzeln der Band erinnert, aber auch eine klare Weiterentwicklung ist.
Leicht unbehaglich, dennoch gut
Mit höchster Aggressivität gehen Deez Nuts direkt beim Opener „ICU“ ans Werk. Die Drums sind unglaublich kraftvoll, aber auch irgendwie auf unbehagliche Weise steril. Die Songstrukturen erinnern auf der gesamten Platte an Hardcore oder Rapcore der früheren 90er von Bands wie Biohazard. Aber es gibt einen klaren Unterschied, der nichts damit zu tun hat, dass inzwischen mehr als 30 Jahre vergangen sind. Es geht eher um die Art des Sprechgesangs von JJ Peters, denn der klingt ausgesprochen offen und freundlich, was einen fast schon einzigartigen Gegensatz zu der aggressiven Instrumentalbegleitung bildet.
Schöne Melodien
Erst im dritten Song „5 GOLD CHAINS“ wendet sich die Band vom reinen Sprechgesang ab und setzt erstmals einen gesungenen Refrain ein. Dazu wird es in den nächsten Songs ein wenig melodischer, was Deez Nuts auch sehr gut zu Gesicht steht. Vor allem „RUSSIAN ROULETTE“ besticht durch eine sehr feine und wohlige Melodie im Refrain. Dass die Band aus Melbourne beim Songwriting nicht nur draufknüppeln kann, beweist sie zwar nur vereinzelt, aber dafür dann umso eindringlicher. Laut Peters sei dies dem Einfluss und der Songwriting-Skills der neuen Mitglieder zu verdanken.
Ein Feature, das auffällt
Aufgenommen wurde „SAUDADE“ in den Eyeball Studios in Portugal, erneut unter der Produktionsleitung von Andrew Neufeld, der bereits zum vierten Mal mit Deez Nuts zusammenarbeitet. Der Sänger von Comeback Kid und enger Freund der Band ließ es sich dann auch nicht nehmen, auf einem Song selbst zu hören zu sein. Und „HANG THE HANGMAN“ sticht wegen seiner Beteiligung auch heraus, denn es ist das einzige Stück auf dem Album, bei dem eindeutig gescreamt wird. Das düstere, tief verankerte Screaming harmoniert eindrucksvoll mit einem klaren, präzisen Sprechgesang des Deez Nuts-Frontmanns. Aber dass JJ Peters seine Stimme noch vielseitiger einsetzen kann, beweist er mit dem Track „GOD DAMN“. Nach einem punkigen Beginn baut er in den Strophen überraschende Wendungen in seinen Sprechgesang ein und rundet den Song dann mit einem gesungenen Refrain ab. Das Ergebnis klingt spannend, vielschichtig und kreativ.
Ungewohnte Klänge
Das Quartett aus Australien versteht sich aber nicht nur als reine Hardcore-Band, es sind auch immer wieder waschechte, fast schon antik anmutende Metalriffs zu hören. Die Überraschung ist, dass dieser Mix aus den verschiedenen Stilen wie Hardcore, Punk, Rap und Metal sehr gut funktioniert. Und am Ende packen Deez Nuts dann das ganz große Besteck aus, denn der letzte Song „COLD SWEAT“ beginnt episch und man fragt sich, ob man aus Versehen auf ein Album von Muse umgeswitcht hat. Aber dann geht es doch wie gewohnt rund und die harten Gitarren mit muskelspielenden Drums setzen ein. Trotzdem bahnt sich hier ein besonderes Lied an, denn plötzlich wird es doch orchestral, bevor dann ein in der Musikszene wohl inzwischen sehr beliebter Abschluss gewählt wird. Zu eher ruhiger Musik wird mehrstimmig ein bestimmter Catchphrase wiederholt gesungen, bis es immer ruhiger wird. Und wenn dann der letzte Ton verklingt, ist klar, dass wir uns mit den neuformierten Deez Nuts längst angefreundet haben.
Foto: Deez Nuts / Offizielles Pressebild
Saudade
Künstler: Deez Nuts
Erscheinungsdatum: 31.10.2025
Genre: Hardcore, Rap
Label: Century Media Records
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc
- ICU
- Kill This Shit
- Gold Chains
- Russian Roulette
- Uncut Gems
- Miss Me With That
- Hang the Hangman (feat. Andrew Neufeld of Comeback Kid)
- God Damn
- Give ‚em Hell
- Cold Sweat
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