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Interview
Yungblud: „Ich konnte meinen eigenen Namen nicht mehr sehen“
Der Sänger im Interview zu „IDOLS“
VON
Anna Seikel
AM 09/07/2025
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Yungblud steht dafür, zu sich selbst zu stehen. Dass das funktioniert, zeigte sich nicht zuletzt darin, dass Ozzy ihn beim finalen Black Sabbath Konzert in Birmingham den Lead bei „Changes“ übernehmen ließ. Um die großen Idole geht es auch auf Yungbluds neuster Platte „IDOLS“, die Ende Juni erschien – so zumindest dem Titel nach. Im Zuge des Albumreleases hat sich Yungblud die Zeit genommen, mit uns über sein neuestes, ambitioniertestes Werk zu sprechen, das nicht weniger als eine Neuerfindung ist.
Yungblud im Interview: „Mit diesem Album komme ich nach Hause“
„Die erste Ausführung von Yungblud ist abgeschlossen“, setzt Dominic „Dom“ Harrison, wie Yungblud bürgerlicht heißt, den Ton zum neuen Album. Mit der neunminütigen Single „Hello, Heaven, Hello“ gab der 27-jährige aus dem Norden Englands ein deutliches Zeichen, dass sich ab jetzt nicht mehr versteckt wird. „Viele Menschen dachten, sie wüssten jetzt, wer ich bin“. Zu der Schlussfolgerung führte nicht zuletzt, dass Yungbluds drittes Studioalbum ein self-titled Projekt wurde. Dass das ein Zeichnen von Selbstakzeptanz war, trügt allerdings: „Ich war zu der Zeit komplett verloren und das hört man auf der Platte“, teilt er. „Indem ich das Album YUNGBLUD genannt habe, habe ich versucht, mich an den letzten Fetzen von Identität zu klammern, die mir langsam verloren zu gehen schien.“
Ganz anders sei es jetzt mit „IDOLS“. Vier Jahre arbeitete er an der Platte, auf die er jetzt mit Stolz blickt. Für das Album ging es für den Musiker nach Hause – sowohl metaphorisch als auch wortwörtlich. Zurück in den Norden Englands, weg von schicken Producern in LA. „Die Musik ist extrem roh, extrem ehrlich. Mit dem Album bin ich zuhause angekommen.“
Doch wie geht das mit einem Albumtitel einher, der mit „IDOLS“ doch geradewegs andere in den Fokus stellt? „Das Album heißt so, weil ich mich das erste Mal von meinen Vorbildern abkehre“, erklärt Dom. „Freddy Mercury, David Bowie, Iggy Pop, sie alle habe ich nie getroffen. Was ich mache, das kommt aus mir selbst heraus“. Zwar seien Idole ein wichtiger Spiegel des Selbst, viel wichtiger sei es jedoch, sich mit sich selbst auseinandersetzen zu können.
Weg vom Bild des Kindes mit den pinken Socken
Yungblud startete als Teenager, der die Wut und Frustration einer jungen Generation auffing und damit ausbrach. „Wenn du 18 Jahre alt bist, gehst du nicht davon aus, plötzlich selbst zum Idol zu werden.“ In Doms Augen sei Yungblud zwischenzeitlich fast zu einer Art Karikatur geworden. „Ich konnte meinen eigenen Namen nicht mehr sehen“, meint er. Die Ironie dessen, dass Dom mit seiner Musik aus Boxen und Käfigen entkommen wollte, nur um dann von seinem Bühnencharakter eingeholt zu werden, ginge an ihm nicht vorbei.
„Wenn du plötzlich zu einer Momentaufnahme, zu einem Poster an der Wand wirst, stellt sich die Frage, wie lange du so jung und gleich bleiben kannst“. In seinen Augen gibt es nur drei Wege, die er in diesem Fall einschlagen konnte. „Entweder stirbst du mit 27. Dann bist du unsterblich.“ Die zweite Option sei, zu sehr an der Jugend zu klammern, und irgendwann mit 50 noch so zu tun, als sei man 18 und ständig über die Highschool zu singen. Dom hat sich für den dritten Weg entschieden: „Oder du wählst die Wiedergeburt, erfindest dich neu. Reiß alles ab und sei ein verdammtes Kunstwerk!“. Und wenn das Album nicht gut ankommt, dann sei das in sich Kunststück genug.
Ein erster Schritt der Veränderung war für Dom auch sein eigenes Festival, das letzten Sommer erstmals stattfand: Bludfest. Es war die erste Abkehr von dem Kind mit den pinken Socken, das so lang seine „Marke“ bestimmte. „Yungblud wurde dadurch wieder zu einer Idee, in der Dom existieren konnte“.
Die eigene Geschichte schreiben
Wer bei der Albumankündigung aufgepasst hat, weiß, dass „IDOLS“ der erste Teil eines Doppelalbums ist. Auch hier gilt für ihn, lieber echt sein als verdaulich: „Ich möchte, dass das Ganze eine 18 Monate lange Reise wird“, so Dom. Musik sei derzeit ein Einwegartikel – sie wird veröffentlicht und ist zwei Sekunden später von der Bildfläche verschwunden. „Hinter dem Album steht eine so tiefgreifende Idee und Bewegung, dass ich nicht 30 Songs auf einmal auftischen konnte“, erklärt er. „Die Geschichte muss wachsen, sich entwickeln“ – so wie auch er und Yungblud es gerade tun.
Und apropos Geschichte: Ganz nebenbei hängt der Künstler noch ran, dass er zu dem Album eine fiktionale Story aufgeschrieben hat. Ob diese je veröffentlicht wird, weiß er aber noch nicht genau, da er nicht zu viel verraten möchte: „Ich wollte eine Idee erschaffen, die es Leuten erlaubt, ihre eigene Geschichte zu schreiben“. Das ist es, was das Album mit den Hörer*innen machen soll: „Es soll die Tür öffnen, sich mit sich selbst zu konfrontieren. Selbst wenn es schmerzt, wenn es triggert. Schau nach Innen und geh auf diese Reise!”
Yungblud mit „IDOLS“ im Herbst in Deutschland
Wir schauen gespannt darauf , wie sich „IDOLS“ in ein Livesetting überträgt. Eins kann Yungblud jetzt schon sagen: „Ich bin wilder und zielstrebiger als ich es je zuvor war. Ich kann es kaum abwarten!“. Bis Oktober müssen wir uns noch gedulden – dann gibt’s in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Chance, das alles live und in Farbe auf den hiesigen Bühnen zu erleben. Hier geht es im Oktober rund:
07.10.2025 – DE – Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle
14.10.2025 – DE – München, Zenith
15.10.2025 – CH – Zürich, Halle 622
20.10.2025 – DE – Berlin, Uber Eats Music Hall
27.10.2025 – DE – Hamburg, Sporthalle
29.10.2025 – AT – Wien, Wiener Stadthalle
Foto: Tom Pallant / Offizielles Pressebild
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