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Metalcore

Live bei: Architects in der Royal Albert Hall – Livestream (21.11.2020)

Eine Reise durch die Band-Vergangenheit.

VON AM 25/11/2020

Wer auf den sozialen Medien den Musikern der Band Architects folgt, wird in den vergangenen Wochen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um die Info herumgekommen sein, dass die Band, neben ihren neuen Singles, ein weiteres Schmankerl für ihre Fans bereithält. Um diesen komischen Zeiten ein Stück weit das Gefühl von Livekonzerten einzuhauchen, plante die Band in Zusammenarbeit mit VEEPS, einem amerikanischen Streamingportal, eine Liveshow in der Londoner Royal Albert Hall aufzuzeichnen und online weltweit zur Verfügung zu stellen.

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Foto: Ed Mason (edmasonphoto)

So sollte das Event wie geplant am 21. November um 21 Uhr deutscher Zeit pünktlich starten. Ich denke ich muss nicht viel dazu sagen, dass das Spektakel in diesen Zeiten natürlich ohne Publikum stattgefunden hat. Nichtsdestotrotz war der Prozess, um an ein Ticket zu gelangen, ähnlich wie im Real-Life. Für ca. 20 Euro konnte man im Onlineshop von VEEPS eine Karte käuflich erwerben und bekam im Gegenzug einen Code für den Zugang zum Stream.

Die Architects nehmen uns mit auf eine Reise durch ihre Band-Vergangenheit

Der, ich nenne es jetzt mal „Film“, startete mit Aufnahmen von den menschenleeren Rängen und Hallen der Royal Albert Hall, untermalt mit dramatischer Instrumentalmusik. Das Licht in diesem imposanten, historischen Gebäude ist ausgeschaltet, lediglich das Notlicht leuchtet, was dem Ganzen eine düstere, bedrückende Stimmung verleiht. Genau dieser Zustand und diese Bilder verdeutlichen eindeutig, wie es derzeit um die Kultur und das Musikbusiness steht, still und unbelebt; und das nicht nur bei uns in Deutschland.

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Fotos: Ed Mason (edmasonphoto)

Die Kamera macht einen Schwenk auf die Flure der Location und fährt diese hinauf. Aus einer Seitentüre heraus macht sich Sänger Sam Carter auf den Weg in Richtung des Halleninnenraumes. Dort liegt inmitten ein kreisförmiges Schienensystem, was man auch von Filmaufnahmen für die Kameraführung kennt, auf das er geradeaus zusteuert.

Dort angekommen geht es ohne Vorankündigung los und Architects schmettern uns schonungslos den ersten Song “Nihilist” um die Ohren.

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Fotos: Ed Mason (edmasonphoto)

In einem Trailer zu dieser Show berichtet Bassist Ali, dass die Band zum Großteil dieses Jahr voneinander getrennt war, dementsprechend auch nicht zusammengespielt haben. War dadurch die Performance möglicherweise etwas einrostet? – Fehlanzeige! Die Briten performen von Sekunde 1 an in der gewohnten Professionalität und wirkten stärker denn je.

Das Bühnenbild und ihr Erscheinungsbild sind nüchtern, lediglich ein großer LED-Bildschirm hängt hinter der Band. Sie selbst sind alle in Schwarz gekleidet und stehen auf Podesten verteilt, die terrassenartig zueinander angeordnet sind. Zum zweiten Song “Modern Misery”, begibt sich Sam auf das höchste Podest in der Stage-Mitte.

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Fotos: Ed Mason (edmasonphoto)

Schon beim ersten Songwechsel beschleicht einen die Frage “Irgendwas fehlt hier doch, oder?”. Die Antwort ist naheliegend und simpel: Es ist der Applaus. Dass die Musiker kein Feedback in Form von Klatschen oder Zujubeln bekommen, fühlt sich selbst als Zuschauer ungewohnt und auch irgendwo falsch an, so als würde man den Menschen nicht den verdienten Respekt zollen.

Ebenfalls im Vorfeld wurden zwei brandneue Songs angekündigt, die – offensichtlich – vorher noch nie live gespielt wurden. Drummer Dan gestand, dass auch das ein komplett ungewohntes Geschehen sein wird, da auch hier die Reaktion der Fans fehlen wird.

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Fotos: Ed Mason (edmasonphoto)

Einer dieses Tracks ist “Discourse is Dead”, welcher direkt an dritter Stelle der Setlist steht. Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich weitere Vertreter finden, die behaupten, dass dieser Song 1:1 auch auf “Sempiternal” von Bring Me The Horizon hätte landen können, was an dieser Stelle gar nicht wertend gemeint ist. Durch die Backingtracks, die einem Chor nachahmen, die Betonung der einzelnen Sätze und das darauffolgende Echo könnte man diesen Song irgendwo zwischen “Shadow Moses” und “Can You Feel My Heart” wiederfinden.

Grundsätzlich ist die Setlist eine ausgewogene Mischung aus Stücken von “Holy Hell”, “All Our Gods Have Abandoned Us” und einer Prise “Lost Forever // Lost Together”. Anhänger der älteren Werke wie “Hollow Crown”, “Daybreaker” oder “The Here And Now” müssen heute tapfer sein, auch für diese spezielle Aufnahmen kramen Architects nicht nochmal in der Vergangenheitskiste herum und ziehen “These Colors Don’t Run” oder “Early Grave” hervor.

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Fotos: Ed Mason (edmasonphoto)

Was ebenfalls für eine Überraschung sorgen mag, ist dass “Gone With The Wind” nicht wie gewohnt als Schlusslicht kommt und ebenfalls keine Worte über den vor vier Jahren verstorbenen Gitarristen Tom Searle fallen gelassen werden. Allgemein ist Sam sehr wortkarg, was seine Ansprachen an das “Publikum” angeht, lediglich die neuen Songs werden angekündigt und eine kleine Danksagung an die Streamer und Fans geht zwischendrin raus. Das mag zunächst kühl und distanziert rüberkommen, aber mit wem soll in diesem Moment auch mehr interagiert werden?

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Fotos: Ed Mason (edmasonphoto)

Nicht nur die Architects selbst sind absolut on point, ein dickes Shout-Out geht an dieser Stelle auch an die Techniker und das Kamerateam raus. Über die heimische Anlage ballert der Sound nahezu perfekt und die Kameraführungen sind smooth und professionell. So professionell, dass man zwischendurch vergisst, dass es sich hierbei um die Liveaufnahme einer Show handelt. Vielmehr wirkt es an mehreren Stellen wie ein hochwertiges Musikvideo.

Er zweite versprochene neue, noch unveröffentlichte Song trägt den Titel “Dead Butterflies”. Eine Metal-Ballade, mit orchesterartigen Einspielern, die die eher ruhigeren Seiten der britischen Band zum Vorschein bringt.

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Fotos: Ed Mason (edmasonphoto)

Für die Songs “Memento Mori” und “A Wasted Hymn” kamen nochmal die kreisförmingen Schienen zum Einsatz. Die Band versammelte sich innerhalb des Kreises und spielte die beiden Lieder in einer stripped down Version. Gänsehaut pur! Schlagzeuger Dan finden wir hier nicht an einem Cachon oder anderen Percussions vor, sondern am Keyboard.

So einfühlsam und sentimental konnte das Konzert natürlich nicht enden, so begaben sich unsere Lieblings-”Architekten” wieder auf die Bühne und schlossen die Show mit “A Match Made In Heaven”, “Hereafter” und “Doomsday”. Zwischendrin, erwähnt Sänger Sam nochmal, dass ihr neues Album “For Those That Wish To Exist” im Februar 2021 erscheinen wird, worauf wir uns alle schon freuen können.

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Fotos: Ed Mason (edmasonphoto)

So plötzlich wie die Show begonnen hat, so abrupt endet sie auch. Sam bedankt sich im Namen der Band und gemeinsam verlassen sie die Bühne in den Backstage-Bereich.

Für die kommenden Monate wäre es wünschenswert, dass noch weitere solcher Produktionen umgesetzt werden könnten. Auch wenn das alles natürlich auch immer eine Frage der finanziellen Lage ist, so wird es (hoffentlich) für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation werden, egal ob Crewmitglied, Musiker oder Fan und Zuschauer.

Setlist:

Nihilist
Modern Misery
Discourse is Dead
Broken Cross
Death is Not Defeat
Royal Beggars
Gone With The Wind
Mortal After All
Gravedigger
Animals
Holy Hell
Dead Butterflies
Memento Mori (stripped down)
A Wasted Hymn (stripped down)
A Match Made in Heaven
Hereafter
Doomsday

Beitragsfoto: Ed Mason (edmasonphoto)

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