Review
AlternativePost-HardcoreRock
Kritik: Written By Wolves – „The Lighthouse”
Written By Wolves haben sich in der Vergangenheit noch nie davon abbringen lassen, Musik in alle Richtungen zu produzieren. Sie ...
VON
Cassandra Hillgruber
AM 21/07/2024
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Written By Wolves haben sich in der Vergangenheit noch nie davon abbringen lassen, Musik in alle Richtungen zu produzieren. Sie scheuen sich nicht vor den Reaktionen der Kritiker, in der Couleur des Progressive Cinematic Rock als zu „zart“ für die Szene bezeichnet zu werden. Falls ihr euch nun fragt, was um alles in der Welt es mit dieser Gattung auf sich hat, dann bleibt dran, um euch Licht ins Dunkel des schier unendlich weiten Genreuniversums bringen zu lassen!
Wölfe im Schafspelz – oder gar Schafe im Wolfspelz?
Ganze fünf Jahre trennt „The Lighthouse“ von seinem Vorgänger, dem Debütwerk „Secrets“. Eine Zeitspanne, die sich im direkten Vergleich der beiden Alben überraschend wenig heraushören lässt. Dies ist insbesondere dem beständigen Credo der Formation zu verdanken, eine Spielart ausüben zu wollen, die sich nach keinerlei Regeln der alternativen Künste richtet – damals, wie heute nicht.
Written By Wolves bleiben ihrem Stil aus Debüttagen treu. Ihr Aushängeschild – die unbeschwert-geschmeidige Goldkehle Michael Murphys. Außerdem gesellen sich zu ihrem Grundstock solider Post-Hardcore- und Rock-Kompositionen regelmäßig anderweitige Einflüsse aus den Electro-, Pop- oder Rap-Bereichen hinzu. Beim genaueren Hinhören lässt sich sogar eine Aufteilung der Songs vermuten:
Während in der ersten Hälfte des Albums härtere Töne angeschlagen werden, werden diese ab der Mitte durch den präsenten EDM-Einfluss deutlich entschärft. Richtig spannend wird es dann im letzten Drittel, wenn sich diese zwei Stränge stärker aufeinander zubewegen und die Musiker dadurch ihr Full-Length-Werk mit einer finalen Signatur versehen.
Der Anspruch: Sanfter und zugleich härter als je zuvor
Um ihre Fans aus dem fünfjährigen Dornröschenschlaf zu reißen, steigen die Jungs erwartungsgemäß taff in das neue Album ein: „Give ‘Em Hell“ macht nach dem Intro nicht nur auf dem Langspieler den Anfang, sondern auch in Sachen Single-Releases und das zurecht. Written By Wolves haben nicht verlernt, sich Gehör zu verschafften: „If they won’t listen, we’ll just have to scream louder!“
Leere Worte sucht man hier vergebens, denn Murphy hält beinahe Post-Hardcore-gemäß Wort in seinen Screams, während die Basedrum des Schlagzeugers Karl Woodmans uns den Boden unter den Füßen wegreißt.
Auch die nächsten vier Titel reihen sich in die Riege der „Wir wuchten uns zurück ins Rampenlicht“-Mentalität ein. „Misery“ kommt mit Symphonic-Anleihen daher, realisiert durch epische Chorarrangements. Nach dem achtsekündigen, dystopischen Interlude „Dark Places“ geht es mit „Burn“ weiter, in der uns Gitarrist Davie Wong ein paar Headbanger-Riffs spendiert. Bis hierhin zeichnet sich die Platte vor allem darin aus, dass sich Murphys samtig-weichen Wattebäuschchengesänge in der rockdurchtränkten Manier der Band entfalten können, ohne selbst die gutturalen Akzente dabei nicht zu vernachlässigen.
Ein Konzept, zwei Zentren: „The Lighthouse“
Nach der Halbzeit dann der Seitenwechsel: Written By Wolves schenken uns mit Songs wie „Please, Just Breathe“, „Write The Ending“ und dem Titeltrack „The Lighthouse“ jede Menge Momente der Entschleunigung. Luftige EDMs und pochende, elektrisierende Synths bestimmen ab jetzt das hörbare Bild des Konzeptalbums: In schweren Zeiten kann ein Wegweiser, der die Menschen zurück in sichere Bahnen lenkt, von allergrößter Bedeutung sein. Den Leuchtturm als Sinnbild einer solchen „Navigationshilfe“ zu wählen, kommt nicht von ungefähr.
In „Please, Just Breathe“ rekonstruiert Murphy den Abschied seines verstorbenen Vaters. Im Kampf gegen die Zeit bangt er, das Sterbebett noch rechtzeitig erreichen zu können – eine emotionsgeladene Single mit einem ergreifenden Gitarrensolo, die sich völlig unerwartet zum LP-Highlight mausert. In die gleiche bedächtige Kerbe schlägt der Titeltrack „The Lighthouse“, eine EDM-Ballade, die allerdings einen vernehmbaren Höhenflug vermissen lässt.
„Write The Ending“ ist sozusagen der Elektro-Pop-Underdog der Platte. Der Output ist vielschichtig und – wie die anderen Tracks der Scheibe – ein Glanzerzeugnis aus dem Produzentenhause Gladius James, dem Bruder des Gitarristen Davie Wong. Dieser hatte in der Vergangenheit eine steile Karriere als Produzent von Popgrößen wie Justin Bieber, Demi Lovato und Fifth Harmony hingelegt. Eine Expertise, auf die WBW nicht verzichten wollten und auf die sie innerhalb der Collab nicht stolzer sein könnten. Umso enttäuschender fällt dann in diesem Song die Realisierung durch klatschbar-eintönige Pop-Rhythmen aus, die man sich in diesem Einzelfall hätte sparen können. Weniger wäre hier – und wir reden von melodischen Elektro-Rock-Parts, die einen dezenten Hauch von Nothing But Thieves transportieren – deutlich mehr gewesen.
Schließlich schaffen Written By Wolves es in „Memory“ und „Altar“, durch das Zutun ihres Perkussionisten und Keyboarder, dem Anästhesisten und selbsternannten „Rock Doc“ Oli Lyons, ihren erhofften Spagat zwischen „Softness“ und „Heavyness“ in zwei tanzbaren und zum Mitsingen einladenden, EDM-lastigen Modern Rock-Songs – oder wie sie es eben nennen – innerhalb der Sphären des Progressive Cinematic Rock, zu vereinen.
Foto: Samantha Davies / Offizielles Pressebild
Written By Wolves News
The Lighthouse
Künstler: Written By Wolves
Erscheinungsdatum: 26.07.2024
Genre: Alternative, Rock
Label:
Medium: CD, Vinyl, etc
- ADRIFT
- GIVE 'EM HELL
- MISERY
- DARK PLACES
- BURN
- PLEASE, JUST BREATHE
- WRITE THE ENDING
- A LIGHT IN THE DARKNESS
- GODDESS
- THE LIGHTHOUSE
- TAKE ME HOME
- MEMORY
- ALTAR
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