Review

Punkrock

Kritik: ZSK - "Hass↯Liebe"

Zu ihrem 25-Jährigen Bandjubiläum bringen die Berliner Szene-Rocker ZSK einen neuen Longplayer an den Start. Ihr siebtes Studioalbum trägt den ...

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Zu ihrem 25-Jährigen Bandjubiläum bringen die Berliner Szene-Rocker ZSK einen neuen Longplayer an den Start. Ihr siebtes Studioalbum trägt den ambivalenten Titel „Hass↯Liebe“ und hält der Gesellschaft mal wieder (so wie ein gutes Punk-Album das eben zu tun hat) den schockierenden Spiegel der selbstverschuldeten Alltagsdestruktion vor. Trotzdem finden wir auch einige Momente der Hoffnung.

Gerade mal gut zwei Jahre ist es her, dass die Berliner Punknasen ihr letztes und bisher erfolgreichstes Album an den Start brachten. Der Titel der Platte: „Ende der Welt“. Kein Name hätte wohl besser die Stimmung in der Gesellschaft zu Beginn des Jahres 2021 einfangen können. Doch was bleibt nach der verheerenden Corona-Pandemie übrig?

Mit „Hass↯Liebe“ treffen ZSK erneut den Zahn der Zeit und versuchen aktuelle Ereignisse wie Krieg, Klimakatastrophen und digitale Überwachung musikalisch aufzuarbeiten. Und trotzdem bleibt jede Menge Platz, um das Leben, die Liebe und gute Freunde zu feiern. Ein Album zwischen Wut und Verzweiflung, Hoffnung und Dankbarkeit.

ZSK: Am Anfang war die Wut

Überfliegt man zu Beginn erst mal die Tracklist, ist direkt erkennbar: „Hass↯Liebe“ ist nicht nur ein ambivalent-anmutender Titel, sondern er gibt auch die Zwiespältigkeit der Song-Compilation wieder: Gewohnt aufrührerische Lieder, die kritische gesellschaftliche Topics in den Vordergrund stellen, halten sich die Waage mit Spaß-Disco-Nummern und Endorphin-versprühenden Moshpit-Hymnen.

Mit “Darwin” machen ZSK gleich zu Beginn ihres Longplayers Nägel mit Köpfen. Eine glasklare und hammerharte Konfrontation mit der bitteren Wirklichkeit. Eine Welt, die sich selbst zerstört, in der Naturwissenschaftler und Evolutionstheoretiker “Darwin stolz wäre”. Charles Darwin war zwar weniger am Untergang der Menschheit interessiert als an der Beobachtung von Rankenfußkrebsen, dennoch trifft die sehr intelligente Anlehnung an seine Natürliche-Selektions-Theorie hier ins Schwarze. Dazu haben ZSK bereits im Dezember 2022 ein bildstarkes Musikvideo vorgelegt:

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An den gesellschaftskritischen Teil des Albums schließen sich die schnellspurige und super-dynamische Punk-Nummer “Beratungsresistent” an, die den in den letzten Jahren aufkeimende Querdenker-Kult anprangert, sowie die bereits erschienene, bewusstseinschärfende Anti-Kriegs-Hymne “Himmel” und das Google, Social Media und Co. shamende “HassLiebe”, in welchem digitale Überwachung, der Umgang mit sozialen Medien und die damit einhergehende Zweischneidigkeit Thema sind.

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Nehmen und Geben

Neben diesen tiefsinnigen und Botschaften-schweren Tracks finden sich auf „Hass↯Liebe“ aber auch lebensbejahende und motivierende Lieder wieder, die nicht nur “Voll-Auf-Die-Nuss” sind, sondern die Hörenden daran erinnern sollen, dass nicht alles in der Welt, in der wir leben, per se schlecht ist. So sind “Ich Liebe Dieses Leben” und “Neuanfang” Hymnen auf die Freundschaft, das Wochenende und die besonderen Momente in guter Gesellschaft, die auch sicher auf der Bühne zum Mitgröhlen und Tanzen animieren werden.

Das ganz einfach gestaltete “Glück” handelt von Dankbarkeit und so stellt sich zur Mitte des Albums hin heraus, dass es ZSK wohl weniger darum geht, die ganze Welt zu retten, als darauf aufmerksam zu machen, die kleinen Dinge im Leben wertzuschätzen und/oder zu verändern. Schöne Botschaft, aber stellenweise vielleicht auch einfach etwas zu locker, leicht und einfach gedacht.

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Ein Beispiel dafür ist auch der Track “Scheißtyp”, im Duett mit der Karlsruher Pop-Punk-Sängerin Romana Aufinger (Attic Stories), in dem es einfach nur um dumme, anstrengende Personen im persönlichen Umfeld geht, denen man ab und an mal den Mund verbieten will. Keine anspruchsvolle Welthymne, aber ein poppiger Gute-Laune-Song, zu dem man ruhig mal seinen Gefühlen verbal freien Lauf lassen kann. So ähnlich funktioniert auch “Hipster” (haben wir diese Begrifflichkeit nicht schon 2016 abgelegt?) in dem die Verachtung… nein, sorry… Enttäuschung über Schreibmaschinen-tippende Birkenstockträger besungen wird (Punkverrat?!).

Mit “Stärker Wie Die Angst” können die Rocker beweisen, wie sich „erwachsen gewordener“ Punk anhört: Nicht immer nur (Kritik auf)nehmen, sondern auch mal Hoffnung geben. Wobei sich die Refrain-Lyrics vielleicht eher für den Titel “Neuanfang” geeignet hätten (“Wir setzen alle Brücken hinter uns in Brand und schauen uns in der Ferne die Flammen an”).

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Die Platte schließt mit der ganz ungewohnt ruhig-verspielten Weltschmerz-Ballade “Und Ich Höre Dich Atmen”. Das zarte, fast schon romantische Stück im Akustik Gewand tröstet dann nochmal vom Schmerz und Leid, das uns zuvor von ZSK lyrisch aufgebürdet wurde.

ZSK – Hass↯Liebe: Keine schwarz↯weiß-Malerei

Gezügelter und positiver als gewohnt präsentieren sich die “Antifascista”-Interpreten auf ihrem neuen Longplayer. Auf „Hass↯Liebe“ wird nicht alles schwarz-weiß gemalt, nicht alles kurz und klein geschlagen. Man könnte behaupten, ZSK sind mit diesem Album erwachsen geworden und schließen so an die zukunftsorientierte Richtung ihres letzten Longplayers an. Wobei es sicherlich auf dieser Platte einigen Hardcore-Fans der ersten Stunde an klaren Punk-Apellen fehlen dürfte.

Das Berliner Vierergespann schließt musikalisch an alte Klänge an, wirklich viel hervorzuheben gibt es nicht. Die voran treibenden Drums und griffigen Gitarrenklänge sorgen eher für eine Untermalung der wichtigen Botschaften, um die es ja auch gerade im Punk irgendwo geht. Trotzdem ist im Vergleich zu den musikalischen Anfängen der Band eine klare Orientierung am Pop erkennbar, die gerade in “Scheißtyp” ihren Höhepunkt findet.

Foto: Carsten Janke / Offizielles Pressebild

ALBUM
Hass↯Liebe
Künstler: ZSK

Erscheinungsdatum: 10.02.2023
Genre:
Label: Drakkar Entertainment
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Dawin
  2. Ich liebe dieses Leben
  3. Neuanfang
  4. Scheißtyp
  5. Glück
  6. Hipster
  7. Beratungsresistent
  8. Stärker als die Angst
  9. Himmel
  10. HassLiebe
  11. Ich höre dich atmen
ZSK Hass↯Liebe
ZSK Hass↯Liebe
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FAZIT
ZSK spiegeln einerseits mit "Hass↯Liebe" ziemlich eindrücklich die jetzige Weltlage, legen aber andererseits Wert darauf, kein reines Anti-Album zu produzieren und damit weiter Hass und Spaltung zu schüren, sondern wollen auch mit hoffnungsvollen und Spaß machenden Tracks etwas Liebe in die Welt tragen. Ein zwiespältiges Konzept-Album, das mit deftigen Tracks wie “Himmel”, “Darwin” und “HassLiebe” überzeugt, das an anderer Stelle dann aber doch etwas zu “einfach ge(m/d)acht” klingt.