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Review

Pop-Punk

Kritik: Yellowcard - „Better Days“

Comeback-Album mit klaren Highlights – und ebenso deutlichen Schwächen.

VON

„Wir haben Yellowcard 2017 in den Ruhestand geschickt“, erinnern sich Frontmann Ryan Key und Violinist Sean Mackin in unserem Interview zur Yellowcard-Comeback-Platte „Better Days“. Und das (vorläufige) Band-Ende fühlte sich damals ehrlich und authentisch an, nicht nach einem kalkulierten „Danke für eure Aufmerksamkeit und euer Geld, aber wir kommen eh wieder“-Abschied.

Doch die Geschichte der Band war nicht auserzählt. Das 20-jährige Jubiläum des Durchbruch- und mittlerweile Kult-Albums „Ocean Avenue“ brachte die Band 2022 auf dem Riot Fest in Chicago wieder zusammen – und plötzlich realisierten die Musiker: „Hey, die Leute haben Yellowcard ja vermisst. Und wir haben wieder Spaß daran, zusammen Musik zu machen!“

Das Ergebnis: Nach der „Childhood Eyes“-EP (2023) als Vorgeschmack gibt es nun das erste „richtige“ Yellowcard-Album seit fast zehn Jahren. Die Rückkehr kommt zum perfekten Zeitpunkt: 2000er-Nostalgie und Pop-Punk-Renaissance katapultierten die Band mit den Vorabsingles „honestly i“ und „Better Days“ zurück in die Charts, zurück ins Radio, zurück in die Köpfe der breiten Öffentlichkeit.

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Und als wäre ein Yellowcard-Comeback nicht nostalgisch genug, hat sich die Band mit Blink-182-Drummer Travis Barker auch noch äußerst namhafte Unterstützung ans Produktionspult sowie ans Schlagzeug geholt. Dazu geben sich Avril Lavigne und Matt Skiba (Alkaline Trio) als Featuregäste die Ehre. Macht euch also schon mal bereit für wohlig-warme Nostalgiegefühle.

Die große Frage: Kann „Better Days“ auch abseits von reiner Nostalgie überzeugen?

„Better Days“ startet fulminant

„Habe ich gerade Travis Barker gesagt, wie er Drums spielen soll?“, fragte Yellowcard-Gitarrist Ryan Mendez lachend seine Bandkollegen im Studio, nachdem er dem momentan vielleicht weltbekanntesten Schlagzeuger einen Tipp gegeben hatte, den Barker auch direkt umsetzte.

Allzu viel Einfluss auf den Drum-Sound scheint die Band darüber hinaus aber nicht gehabt zu haben – oder gar nicht haben wollen. Denn schon in den ersten Takten vom Opener „Better Days“ wird klar, wer hier die Sticks in der Hand hatte und an den Produktionsreglern drehte.

Hallige, präzise, treibende und prominent nach vorn gemischte Drums stecken – wie bei so vielen Barker-Produktionen – den rhythmischen Rahmen ab. Die Gitarren riffen dazu rein, Ryan Keys Stimme erhebt sich darüber. Der Song bleibt im Midtempo, öffnet sich in der Hook aber weit und setzt sich sofort im Ohr fest. Sean Mackins Violine setzt im Finale eine wehmütige Signatur unter den Song.

Ein gelungener Start ins Comeback-Album – auch wenn die etwas zu glatte, zu poppige Produktion ein wenig Reibung und Energie herausnimmt.

Etwas, das das folgende „Take What You Want“ besser macht. Die klassische Pop-Punk-Nummer geht sofort nach vorn. Die Strophen treiben, „Whoa-Oh“-Chöre brennen sich ein und ein kurzes Interlude, in dem Violine und Drums einen kleinen Call-and-Response hinlegen, macht den knackigen Zweieinhalbminüter komplexer, als es die Laufzeit erwarten lässt.

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„Love Letters Lost“: Matt Skiba schaut zum Höhepunkt vorbei

Und das Album wächst weiter – „Love Letters Lost“ mit Matt Skiba markiert den Höhepunkt von „Better Days“. Emotional, aber gleichzeitig extrem energetisch, nach vorn gerichtet und mit einer der besten Hooks, die Yellowcard seit „When You’re Thorugh Thinking, Say Yes“ (2011) geschrieben haben.

Schon ohne Feature wäre es ein starker Song, doch Skiba gibt ihm noch die entscheidende Farbe mit: Seine leicht rauere Stimmfarbe setzt ein willkommenes Gegengewicht zu Keys klaren Vocals. Dazu treiben die Drums den Song spürbar nach vorne, ohne ihn zu überfrachten – diese Balance fehlte beim Titelsong noch ein wenig.

Auch „honestly i“ bricht im Anschluss die bisher hohe Qualität nicht. Gitarre, Violine, Drums, Vocals – alles fällt hier genau richtig ineinander. Barker peitscht den Song brutal nach vorne, Keys Stimme klingt direkter und weniger glattpoliert als im Titelsong, die Hook öffnet sich weit und bleibt wieder sofort hängen.

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Songwriting und Energielevel könnten direkt aus 2003 stammen, während die Produktion ganz klar nach 2025 schreit – und beides geht hier so gut zusammen wie auf keinem der anderen Songs. Dass Yellowcard auch im Hier und Jetzt noch relevant sein können und das Zusammenspiel der Bandmitglieder untereinander sitzt wie ein frisch geöltes Uhrwerk, zeigt „honestly i“ deutlich.

Schade! Ein völlig verschenkter Fan-Traum

Was wäre das für eine Story, wenn sich die bisherige Qualität der Songs auf „Better Days“ weiter so durchziehen und Yellowcard mit ihrem Comeback ein „All Killer, No Filler“-Album abgeliefert hätten. Und „You Broke Me Too“ mit keiner Geringeren als Pop-Punk-Queen Avril Lavigne klingt auf dem Papier ja auch nach einer absoluten Traumkombination!

Zustande gekommen sei das Feature, weil sich der Song für die Band einfach nach einer Avril-Ballade angehört habe. Und damit liegen sie auch komplett richtig – nur leider trifft es eher den unauffälligen Teil ihres Balladen-Kanons.

Die Stimmen von Key und Lavigne harmonieren zwar gut, doch die Melodie bleibt zu monoton, die Dramatik weiß nie wirklich mitzureißen. Der Song hätte sich wunderbar irgendwo im hinteren Drittel auf einem der unspektakuläreren Avril-Alben wie „Head Above Water“ (2019) eingeordnet – auf dem Comeback-Album von Yellowcard wirkt die Chance verschenkt.

Der Tiefpunkt von „Better Days“

Der problematischste Moment der Platte gehört jedoch dem folgenden „City of Angels“. Drei Minuten elektronische Beats, LoFi-Anleihen, oberflächlicher Herzschmerz – aber nichts, das hängen bleibt. Der Song dümpelt vor sich hin und nimmt nach „You Broke Me Too“ noch einmal mehr von der Energie raus, die die ersten vier Tracks so gelungen aufgebaut hatten. Im Flow der Platte ist das ein ziemlicher Dämpfer.

„Bedroom Posters“ holt die Platte danach wieder zurück in vertrautes Terrain, auch wenn es dafür mit der Nostalgie-Keule schwingt und auf große, aber simple Chor-Chants baut. Inhaltlich wird es mit Zeilen wie „Tear down my bedroom posters (whoa-oh, whoa-oh) / Don’t say those days are over (whoa-oh, whoa-oh)“ plump-retrospektiv, dafür sitzt aber die Hook. Und wenn der Song vor dem letzten Drittel mit zurückgenommenem Marschrhythmus von Barkers Drums, melancholischer Violine und sich wiederholendem „Tear it all down when I’m gone“ Luft holt, dann ist das die perfekte Vorbereitung für ein kraftvolles Finale.

Kein Karriere-Highlight, aber ein bewusster Throwback-Track, der den Nostalgie-Knopf drückt und das Publikum, das seit zehn Jahren auf ein Yellowcard-Album gewartet hat, zuverlässig abholt.

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Noch ein Aufbäumen – und dann langsames Verglühen

Mit „Skin Scraped“ ziehen Yellowcard noch einmal an. Der Song baut Spannung über Tempowechsel auf, Strophen halten zurück, der Refrain bricht sich Bahn – am Ende steht fast ekstatische Dringlichkeit. Hier zeigt sich, wie effektiv die Band noch immer ist, wenn sie ihre Songs dramaturgisch auflädt. Für die zweite Albumhälfte ist das der klare Höhepunkt.

„Barely Alive“ beginnt dagegen eher unscheinbar, entwickelt sich aber im letzten Drittel zu einer soliden Ballade, die durch einen Rhythmuswechsel, Barkers Drums und die Violine noch einmal etwas Fahrt aufnimmt.

Das ist auch bitter nötig, denn mit „Big Blue Eyes“ liefern Yellowcard den maximal entspannten Rausschmeißer. Akustische Gitarre, Ryan Key fast im intimen Lagerfeuer-Modus, später ergänzt durch zerbrechliche Violine – eine schmachtende Ballade, die das Album versöhnlich ausklingen lässt, als ruhiges Ausatmen Sinn ergibt, auf der Stelle wieder vergessen ist.

Foto: Joe Brady / Offizielles Pressebild

ALBUM
Better Days
Künstler: Yellowcard

Erscheinungsdatum: 10.10.2025
Genre: ,
Label: Better Noise Music
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Better Days
  2. Take What You Want
  3. Love Letters Lost (feat. Matt Skiba of Alkaline Trio)
  4. honestly, i
  5. You Broke Me Too (feat. Avril Lavigne)
  6. City of Angels
  7. Bedroom Posters
  8. Skin Scraped
  9. Barely Alive
  10. Big Blue Eyes
6.5
FAZIT
„Better Days“ ist ein solides Comeback-Album mit klaren Stärken und deutlichen Schwächen. Vor allem die erste Albumhälfte reißt mit Highlights wie „Love Letters Lost“, „honestly i“ und „Take What You Want“ sofort mit. Auf der anderen Seite stehen aber Enttäuschungen wie das halbgare Avril-Feature und der Totalausfall „City of Angels“. Travis Barkers Produktion verleiht der Platte moderne Energie, sorgt für Druck und Klarheit, macht sie aber stellenweise auch etwas glatt und steril. Die zehn neuen Songs zeigen, dass Yellowcard auch 2025 noch relevant sein können – ein bisschen zu wolkenverhangen sind die „Better Days“ aber leider noch.