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AlternativeMetalcore

Kritik: Wage War - "The Stripped Sessions"

Bereits die Stripped Version zum Wage War-Klassiker „Johnny Cash“ war ein Erfolg, der sich auf Spotify allein mit über 15 ...

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Bereits die Stripped Version zum Wage War-Klassiker „Johnny Cash“ war ein Erfolg, der sich auf Spotify allein mit über 15 Millionen Streams bezahlt machte. Auch das vom „Deadweight“-Album stammende „Gravity“ erschien als Stripped Version, wie „Grave“, das mit dem Release von „Pressure“ vorerst in gewohnter Härte erklang. Auch Ende 2021 koppelte die Band ihre Single „Circle The Drain“ als „Stripped“ Version aus. Ganz neu ist die Idee nun also nicht.

Dass man sich dazu entscheidet, ein ganzes Album mit reduzierten Varianten ihrer Diskographie zu produzieren, scheint also die logische Konsequenz zu sein. Dabei schaffen es auch die Stripped Versionen von „Johnny Cash“, „Grave“ und „Gravity“ auf das Album, das darüber hinaus sechs weitere Songs der Band neu kleidet, sowie eine weitere Hommage an Johnny Cash bietet. Doch was haben „The Stripped Sessions“ on top zu bieten?

Im Experimentierfeld?

 

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„Prison“ beginnt mit einem Folk Rock-Vibe und überzeugt davon, dass auch die Stimme der beiden Wage War-Sänger perfekt in diesen Sound, der mit Americana-Elementen angereichert ist, passt. Dabei liegt der Fokus nicht zu sehr auf den Akustikgitarren, sondern dem Gesang, der stets klar und verständlich ist. Dank rhythmischer Komponente, die in Form eines Cajons perkussiv unterstützt, fehlt es nicht an Beats, die den Stripped-Versionen eine gesunde Portion Groove mitgeben.

Gegebenenfalls hätte man die Palette an Percussion noch etwas erweitern können, fühlen sich die Beats auf Dauer doch sehr ähnlich an. Dennoch gelingt es mit den Songs, unterschiedliche Vibes zu vermitteln, die zum Beispiel durch die Verwendung von Klavierklängen in „Slowburn“ für ein klangliches Spektrum sorgen.

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„Godspeed“ ist ein Beispiel dafür, dass nicht jeder Song in seiner Stripped Version vollständig überzeugen kann. Wären es nicht die Vocals, die den Song über weite Strecken tragen, wäre es in dieser Version relativ unspektakulär geworden. Viel zu sehr folgt sie dem Schema anderer Tracks auf dem Album.

Es gelingt Wage War zwar, ihre Riffs auf eine Akustikgitarre zu übertragen, doch dauert es bis zum Breakdown, bis sich ein Momentum ergibt. Dieses Momentum baut auf orchestrale Synthesizer und ausschmückende Elemente, die dem Track etwas mehr Couleur geben, als der zugegeben etwas schnöde Beginn.

Stripped =/= Acoustic

Auch „Me Against Myself“ fällt kaum auf, sondern bedient sich ähnlichen „Oh Oh“-Vokalisen, die es bereits am Anfang des Albums zu hören gab. „Hurt“ hingegen steht die stellenweise Reduktion der Instrumente, die mit zweistimmigem Gesang eine noch emotionalere Komponente im Songmaterial wecken, als das Original.

Es sind aber auch E-Gitarrenlayer, die sich in den Sound schleichen und ihm so mehr Wärme geben. Dieses Schichten von Klängen lässt „Hurt“ am wenigsten, wie eine Neuinterpretation wirken, sondern viel mehr als könnte die Ballade stets so geschrieben worden sein.

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Auch in der enthaltenen Version von „Circle The Drain“ folgen Wage War diesem Prinzip, meistern aber nicht dieses besondere Momentum, das sich auf „Hurt“ breit machte. Auch mit „Never Said Goodbye“ bringen Wage War nicht noch mehr Farbe mit in das reduzierte Porträt ihrer selbst.

Einzig der „Folsom Prison Blues“ sticht noch heraus. Es handelt sich um ein Cover des Johnny Cash-Originals und zeigt die Band in einem Sound zwischen Country und Blues, was mit der Verwendung eines Banjos einen Anstrich mit sich bringt, den man sich auf dem ganzen Album hätte wünschen können.

Am Ende brechen Wage War gar aus dem Käfig der Percussion und haben kurzzeitig ein Schlagzeug im klanglichen Gesangsbild von „Folsom Prison Blues“, das die „Stripped Sessions“ abschließt.

Wage War mit neuer Zielgruppe?

Glaubt man dem Erfolg der „Johnny Cash“-Version und die Anhänger der anderen beiden Acoustic Songs, könnten Wage War mit ihrem neuen Album nun einen ganz neuen Markt bespielen, auf Acoustic Tour gehen und ihre zweite Facette der Welt als Gegenpol zu ihrem harten Metalcore-Sound offenbaren. Das dies gut gelingt, liegt nicht zuletzt daran, dass Wage War gute Songwriter sind und starke Sänger vorweisen können. So ist es keine allzu große Kunst, aus guten Songs auch gute Acoustic-Versionen zu zaubern.

Trotzdem bleibt zu beanstanden, dass die Magie, die ein einzelner Song in dieser Ausfertigung hat, etwas verloren geht. Viel zu sehr erzählt sich die Herangehensweise auf den „Stripped Sessions“ aus, was an zu ähnlichen Umsetzungen liegen mag.

Mit Blick auf Bands wie I, The Mighty, die ihre Songs auf ihrer „Oil In Water“ EP noch vielfältiger offenbarten, bleiben Wage War etwas unter ihren Möglichkeiten. Wer mit den Liedern der Band aber ohnehin schon vertraut ist und sich immer gewünscht hat, ein volles Album in dieser Ausfertigung zu hören, wird mit einem breiten Grinsen belohnt werden.

Foto: Wage War / Offizielles Pressebild von Fearless Records

ALBUM
The Stripped Sessions
Künstler: Wage War

Erscheinungsdatum: 02.12.2022
Genre: ,
Label: Fearless Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Prison (Stripped)
  2. Slowburn (Stripped)
  3. Godspeed (Stripped)
  4. Me Against Myself (Stripped)
  5. Hurt (Stripped)
  6. Circle The Drain (Stripped)
  7. Never Said Goodbye (Stripped)
  8. Gravity (Stripped)
  9. Grave (Stripped)
  10. Johnny Cash (Stripped)
  11. Folsom Prison Blues (Johnny Cash Cover)
Wage War The Stripped Sessions
Wage War The Stripped Sessions
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FAZIT
Die meisten „Strips“ sind relativ schnell auserzählt, was unter anderem daran liegt, dass Wage War lieber mit RGB-Farben malen, als sich exotischer Klänge zu bedienen. Etwas schade, hätte der Mut zum Experiment die „Stripped Sessions“ doch um ein Vielfaches aufwerten können. Dabei ist dieses Album keineswegs schlecht, nur einfach nicht so besonders, wie man es sich hätte wünschen können.

„The Stripped Sessions“ ist keine Lagerfeuermusik. Vielmehr ist es ein stellenweise ausproduziertes Album, das auf Akustikgitarren, Klargesang und Percussion zurückgreift, anstatt auf Verstärker, Shouts und Drums. Vielleicht wäre der Erfolgsfaktor der „Stripped“ Versionen größer gewesen, wäre es bloß eine EP geworden.