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Melodic HardcorePunkrock

Kritik: Strike Anywhere - "Nightmares Of The West" (EP)

Ganze elf Jahre sind ins Land gezogen, seitdem ihr letztes Album „Iron Front“ veröffentlicht wurde. Nun gibt es etwas Neues ...

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Ganze elf Jahre sind ins Land gezogen, seitdem ihr letztes Album „Iron Front“ veröffentlicht wurde. Nun gibt es etwas Neues auf die Ohren, denn Strike Anywhere veröffentlichen ihre neue EP „Nightmares Of The West“. Das Ganze ist die erste Veröffentlichung unter Pure Noise Records.

Nachdem wir uns mit Frontmann Thomas Barnett im Interview schon unterhalten durften, haben wir uns die sieben neuen Tracks mal ganz genau angehört.

Es muss sich innerhalb der letzten Dekade einiges an Frust und Wut in den Köpfen der Band angestaut haben, denn „Nightmares Of The West“ bietet einen allumfassenden Rundumschlag gegen all die Themen, die besonders von politischer Seite schieflaufen.

Strike Anywhere machen auf „Nightmares Of The West“ einmal mehr ihren Standpunkt klar

Die Platte beginnt mit dem Song “Documentary”. Dieser zeigt, dass die Gruppe auch nach einer Historie von über 20 Jahren ihr Punk-Handwerk nicht verlernt haben, denn der Song ist vor allem eins: Schnell.

Mit treibendem Schlagzeugbeat und unterstützt von Groupshouts formuliert die Band eingängig ihre Haltung gegenüber der Flüchtlingspolitik und ruft darüber hinaus dazu auf, sich gegen aktuelle Ereignisse zu wehren und außerhalb nationaler Grenzen zu denken.

Die Zeile „We deserve to fight for everyone“, ist an dieser Stelle eine zentrale Position. Generell ist zu sagen, dass der Fokus der EP deutlich auf den Vocals und deren Inhalten liegt, denn von rein musikalischer Seite wirkt „Nightmares Of The West“ klar punkig, allerdings auch recht unspektakulär, sodass die Musik eher einen begleitenden Charakter zu den Texten aufweist und Stimmungen transportiert.

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So auch im zweiten Song „Dress The Wounds“. Dieser weist ein ähnliches Tempo auf wie sein Vorgänger. Dabei erinnern die Gitarren, gepaart mit den eingängigen Drums, an frühe Songs von Rise Against oder Anti-Flag. Der eher melodische Zwischenteil des Songs lockert sowohl die sonst eher ernste und zeitweise verbissene Stimmung auf, offenbart darüber hinaus allerdings auch den repetitiven Charakter des Tracks, besonders von lyrischer Seite.

Inhaltlich behandelt die Band ganz aktuelle Thematiken, wie beispielsweise Polizeigewalt. Auch hierauf ging Thomas in unserem Interview ein und zeigte sich äußerst froh über den Ruck, der aktuell durch die Gesellschaft geht und über die Bereitschaft, Dinge zu verändern.

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„The Bells“ schlägt hingegen deutlich melancholischere Töne an, die ein Stück weit in Wehmut münden. Diese Stimmung wird besonders durch die offen gespielten Akkorde der Gitarren hervorgerufen.

Zusätzlich ist festzuhalten, dass es diverse Tempowechsel innerhalb des Songs gibt, wodurch ein eingängiger und persönlicher Drive entsteht, der authentisch wirkt. Inhaltlich rechnet Sänger Barnett mit den aktuellen Stadtentwicklungen seiner Heimatstadt Richmond, Virginia ab. Hierbei spielen besonders Themen wie Gentrifizierung und die Verdrängung von sozialen Gruppen eine wichtige Rolle, was als politisches Versagen und eine Folge der kapitalistischen Gesellschaft dargestellt wird.

Einer der drei Songs, die bereits vor dem Release der EP veröffentlicht wurden, ist „Frontier Glitch“.

Es handelt sich hierbei um einen Song, der das Tempo erneut spürbar anzieht und auf seine eingängige, roughe Art und Weise besonders wütend wirkt. Dieser Eindruck wird durch den verwendeten Blast Beat zusätzlich verstärkt.

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Ähnlich wie beim Song „Opener“ fehlt auch diesem Stück in gewisser Weise das besondere Momentum bzw. das Highlight, das die Abwechslung in den Track bringt.

In „Imperium Of Waste“ gelingt es der Band hingegen abwechslungsreicher aufzutreten. Der Song besitzt, hervorgerufen durch den langsameren Beat und die verwendeten Bachground-Gesänge, eine melancholischere Note. Dies wird von lyrischer Seite durch die zahlreichen Fragen, welche direkt gestellt werden, komplettiert. In diesem Song wird die Frage aufgeworfen, was es für einen Lebenssinn hat, wenn man lediglich funktioniert und sich in gewisser Weise von Politik und Ökonomie steuern lässt.

Den Schluss der EP, die mit sieben Songs eigentlich eine Form zwischen EP und Album einnimmt, steht das Stück „We Make The Road By Walking“. Damit bieten Strike Anywhere ein fulminantes, schnelles und kraftvolles Finale. Darüber hinaus zeigt der Song in herausragender Form auch von lyrischer Seite aus, wie schnörkellos das Songwriting der Band ist und dass die Message deutlich in den Vordergrund gerückt werden soll.

Dabei wird sichtlich auf verschachtelte Metaphern oder Soli verzichtet. Darüber hinaus spendet der Song Hoffnung und Motivation, unterstützt dabei alle die, die für ihre Meinungen und Rechte einstehen, oder um es mit den Worten der Band zu sagen: „Protest to survive; It’s not over; it’s all of us“.

Bild: Josh Casino / Offizielles Pressebild

ALBUM
Nightmares Of The West (EP)
Künstler: Strike Anywhere

Erscheinungsdatum: 17.07.2020
Genre: ,
Label: Pure Noise Records
Medium: CD

Tracklist:
  1. Documentary
  2. Dress The Wounds
  3. The Bells
  4. Frontier Glitch
  5. Imperium Of Waste
  6. Opener
  7. We Make The Road By Walking
Strike Anywhere Nightmares Of The West
Strike Anywhere Nightmares Of The West
8
FAZIT
Mit den ersten Klängen seit über zehn Jahren haben Strike Anywhere ein Ventil gefunden und können die Wut kanalisieren, die sich in der Vergangenheit aufgebaut hat. „Nightmares Of The West“ gibt nicht vor, ein musikalisches Meisterwerk zu sein, sondern muss im Gesamtkontext betrachtet werden. Der roughe Sound der EP unterstützt den DIY-Charakter der Band und wirkt authentisch.

Darüber hinaus zieht sich das schnörkellose Songwriting von der Songstruktur bis hin zu den Texten wie ein roter Faden durch das Album. Die Lyrics sprechen darüber unterschiedlichste global-relevante Themen an und legen den Finger in die Wunde. „Nightmares Of The West“ will wachrütteln und zur Aktivität auffordern; dadurch werden zwar zu Teilen Songvariabilitäten vernachlässigt, die Message kommt allerdings an.