
Review
Hardcore
Kritik: Stray From The Path - „Clockworked“
Am Zahn der Zeit.
VON
Celina Schlömer
AM 30/05/2025
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Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät? Soll das heißen, ja ihr Leut‘, Stray From The Path melden sich nach drei Jahren mit einem neuen Longplayer zurück! Die inzwischen elfte Scheibe der Band aus Long Island, USA schimpft sich „Clockworked“ und liefert zehn Tracks geballten Hardcore, Groove und politischen Zorn. Und stellt zeitgleich den letzten Output der Formation dar.
Der Release ist dabei semi-überraschend. Im Frühjahr letzten Jahres meldete sich das Quartett bereits mit niemand Geringerem als Will Putney aus dem Studio. Dieser hat nicht nur mit der Arbeit mit Knocked Loose und Bodycount, sondern auch mit der vorherigen SFTP-Platte „Euthanasia“ gezeigt, wie man metallisch-harte Klänge präzise auf den Punkt bringt. Dass der Release näher rückt, wurde dann im Februar durch die Single Auskopplung „Kubrick’s Stare“ klar. Fans konnten den Langspieler schließlich exklusiv auf dem Slam Dunk Festival vorab ergattern. Eine klassische Album-Ankündigung gab es nicht, weswegen der Release für den ein oder anderen vielleicht doch überraschend kommt, jedoch ganz im Zeichen des rebellischen Inhalts steht.
„Real fucking political“
So bewirbt die Band ihre Platte beim Verkauf auf dem Slam Dunk und behalten damit Recht. Das ganze passiert unter dem Titel und gleichzeitig Thema „Clockworked“. Das „Uhrwerk“ kann dabei unterschiedlich interpretiert werden. Man denke an Entmenschlichung, kollektive emotionale Mechanik oder ganz stumpf an Routine. Sowohl durch das Musikvideo zu „Kubrick’s Stare“ als auch dem Albumcover wird dies verbildlicht. Letzteres stellt ein Tic-Tac-Toe-Feld dar, bei welchem nur noch der letzte Zug fehlt. Es ist unklar, wer das Match gewinnt. Dieses beklemmende Gefühl der Ungewissheit fängt die Band tonal ein. Mit einem Mix aus Hardcore-Energie, bissiger Ironie und apokalyptischer Wortwahl rechnet die Band mit gesellschaftlichen Missständen ab. Die Lyrics sind direkt, unbequem und wollen aufrütteln.
Stray From The Path reißen die Zeiger auf Sturm
„Kubrick’s Stare“ dient im Kontext des Albums als dynamischer Opener, welcher sowohl thematisch als auch sound-technisch auf den Rest des Albums einstellt. Das abwechselnde links-rechts Panning der Gitarre im Intro, bleibt direkt im Ohr und stellt auch wiederkehrend im Rest des Songs Kontrast zu den sonst dröhnenden Riffs und Dijarios wütender Stimme.
„Fuck Them All To Hell” behält die Energie nicht nur bei, sondern setzt noch einen drauf. Durch lärmende Gitarren, ausgeklügelte Drum- Grooves und schräg klingende Gitarrensounds wird ein absolut apokalyptischer Sound geschaffen. Der Song lässt dabei keine Zeit zum Durchatmen und endet in Feedback und wütenden Chants.
Fans, die in der letzten Zeit in den Genuss einer Live-Show der Band gekommen sind, dürfte „Shot-Caller“ bereits ein Begriff sein. Für alle anderen: unheilvolle, kreisende Gitarrenriffs, treibende Drums und brachiale Texte fassen den Track ganz gut zusammen.
Mit „Clockworked“ wird an allen Stil-Rädchen gedreht
Stray From The Path sind dafür bekannt, die Genre-Grenzen zu sprengen. Dies manifestiert sich vor alle in Nu Metal- und Rap-Rock-Einflüssen, die immer wieder über den gesamten LP verstreut werden. Ein Beispiel dafür ist der Titeltrack „Clockworked“, auf dem Florent Salfati von Landmvrks seine Stimme leiht. Dieser ist nicht der einzige Gast der Platte. Auch Jeff Moreira von Poison the Well hat sich auf dem LP verewigt. Mit „Bodies in the dark“ liefert er dabei nicht nur Vocals, sondern hilft ebenfalls den Sound von den anderen Songs abzuheben. Der Track wirkt zwar reduzierter, nimmt jedoch nicht von der Wut und überzeugt vor allem durch seinen mystischen Klang. Der anschließende Song „Can I Have Your Autograph” erlischt jegliche Erinnerung an eine Verschnaufpause und es machen sich Rage Against The Machine-Einflüsse erkennbar.
Last but notlLeast kommt es mit “A Life in four chapters” zum Finale. Der vielleicht interessanteste Track der Platte kommt mit einer Menge Vielschichtigkeit daher und spielt mit den Erwartungen der Hörer:innen. Bei einer Laufzeit von über fünf Minuten erschleicht sich vielleicht die Vorstellung einer epischen Hymne. Doch Entwarnung: Es wird weder an Energie noch an Geschwindigkeit gespart. Wer noch nicht von der komplexen Rhythmik aus den Socken gehauen wurde, wird spätestens von der 80-Sekündigen Pause und dem anschließend mystischen Outro überrascht werden.
Stray From The Path haben mit „Clockworked“ sowohl lyrisch als auch tonal ein sehr rundes Album kreiert. Gewohnt clever, wütend und laut schaffen sie einen Longplayer, der mit seinen Vorgängern definitiv mithalten kann.
Foto: Stray From The Path / Offizielles Pressebild
Clockworked
Künstler: Stray From The Path
Erscheinungsdatum: 30.05.2025
Genre: Hardcore, Metalcore
Label: SharpTone Records
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc
- Kubrick Stare
- Fuck Them All To Hell
- Shot Caller
- Can’t Help Myself
- Clockworked (feat. Florent Salfati von Landmvrks)
- Shocker
- Bodies In The Dark (feat. Jeffrey Moreira von Poison The Well)
- Can I Have Your Autograph?
- You’re Not That Guy
- A Life In Four Chapters
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