Review

HardcoreMetalcore

Kritik: Silent Planet - "Superbloom"

Diese Ödnis ist einfach erschlagend. Der ChatGPT brüllt mit der Stimme von Garrett Russell durch die Monitore, sodass sie durch ...

VON

Diese Ödnis ist einfach erschlagend. Der ChatGPT brüllt mit der Stimme von Garrett Russell durch die Monitore, sodass sie durch den gesamten Orbit zu dringen scheint. Im Hintergrund steht ein in rosa Zwielicht getränkter Rechner eines Buster Odeholm, der – aus allen erdenklichen Himmelsrichtungen mit Industrieventilatoren gekühlt – die Spuren von Spencer Keene, Mitchell Stark, Thomas Freckleton und Alex Camarena wiedergibt. Alles taucht ein in diesen gewaltigen, vielschichtigen wie dichten Sound, bei dem irritierende Soundspuren aus allen erdenklichen Richtungen des Dunkels zu kommen scheinen. Und dazu noch diese erschlagende Hitze. Die seinerzeit eingerammte US-Flagge ist vom aufgetürmten Staub schon fast gar nicht mehr zu sehen. Wie durch den Staub getragen wirken diese tatsächlich irritierend gut produzierten Klänge eines „:Signal:“, das sich denkbar stimmig in diese unerträglich einsam wirkende Ödnis einfügt.

Doch langsam.

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FEHLENDE EMOTIONALITÄT SCHLÄGT PROFESSIONALITÄT

Die Gemeinsamkeit? Das, was Silent Planet auf „Superbloom“ zum Besten geben, wirkt mancherorts fast schon so, als hätten Menschen hiermit so gar nichts mehr zu tun. Keiner der hier vertretenen Klänge hat gleich welcher Herkunft eine irdische Entsprechung. Trotz aller unbestreitbaren Güte, Qualität und Durchschlagskraft vergessen Silent Planet mit „Superbloom“ den Menschen, den das hier irgendwie berühren, abholen oder gar mitnehmen soll.

Trotz aller Professionalität an den Instrumenten als auch an den Pulten vermag die aus Los Angeles, Kalifornien stammende Band mit „Superbloom“ parallel nicht für das zu sorgen, was Musik für jeden Einzelnen zu einem persönlichen Erlebnis und gleichzeitig so unverzichtbar macht: ein Bindeglied zwischen Musik und Seele.

„SUPERBLOOM“ STARTET ZU BEGINN RECHT HOFFNUNGSVOLL

„Lights Off The Lost Coast” entpuppt sich als Opener mitsamt wabernden Synths, die den Weg zur eigentlichen Eröffnung „Offworlder“ ebnen. Und eben diese baut die aufgebaute Spannung nicht auch nur annähernd ab, sondern hält sie, indem während des gesamten Songs in melodiöser Hinsicht lediglich um einen Tiefton herumgeprescht wird. Das ist musikalisch recht überschaubar, in Hinsicht auf seine Härte jedoch von ganz durchschlagender Natur und sorgt dafür, dass das Gesamtpaket zu Beginn in Summe emotional ebenso packend ist wie ein frisch desinfizierter Operationssaal.

„Collider“ stimmt dann jedoch geradezu euphorisch und dient als waschechter Stimmungsaufheller. Hier wird auf Strukturen gesetzt, die sich auch schon auf dem Vorgänger „Iridescent“ bewiesen haben. Eben diese bestachen durch simple Laut-Leise-Mechanismen, wobei Silent Planet schon immer reichlich Gespür für hymnisch-packende Refrains hatten. Auch „Euphoria“ setzt auf eben jene Trademarks, die Silent Planet und ihren Bombastsound in ihren besten Momenten irgendwie tatsächlich in Ansätzen greifbar machen.

„Antimatter“ hingegen wirkt wie ein Sample-versetztes Stück IT-Geschichte, der Sound hat dabei tatsächlich keinerlei reelle Entsprechung in menschlichen Sphären. Positiv hervorzuheben ist immerhin die Reichhaltigkeit an musikalischen Facetten. Von synthbeschwerten, getragenen Klängen über hochmelodische Refrains bis hin zu brachial wirkendem Bombast-Metalcore – „Superbloom“ vermag zumindest im musikalischen Sinn all das auszufüllen.

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SILENT PLANET LASSEN AUF „SUPERBLOOM“ DEN ROTEN FADEN VERMISSEN

„:Signal:“ stampft auf hektischste Art und Weise voran, watet im weiteren Verlauf knietief in Stakkato-Riffing, wirkt an sich und in seiner Art jedoch in Gänze orientierungslos. Was fehlt, ist der melodische Gegenpart zu den alles ertränkenden Samples und den bestimmenden Gitarren. Auch die im Vorfeld bereits bekannte Single „Anunnaki“ kommt gänzlich ohne einen erlösenden melodischen Refrain aus und rüttelt heftig am Geduldsfaden. „Nexus“ als Komposition wirkt in sich gänzlich übersteuert wie auch soundtechnisch über alle Maßen überfrachtet.

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DER BAND FEHLT ERSTMALS ETWAS ENTSCHEIDENDES

Zweifelsfrei sind Silent Planet musikalisch in jeder Hinsicht konkurrenzfähig zu Bands wie etwa Currents oder aber Fit For A King, in deren Fahrwasser sie zweifelsfrei auch unterwegs sind. Nur wirkt „Superbloom“ in Summe tatsächlich recht klinisch und weiß den Hörer nicht da zu packen, wo es Musik tatsächlich am leichtesten hätte.

Musikalisch wie künstlerisch gibt es hier außer der soundtechnischen Überfrachtung reineweg nichts auszusetzen, emotional fühlt man sich ob der maschinell wirkenden Erscheinungsform der Kompositionen jedoch nur in Teilen mitgenommen.

Foto: Silent Planet / Offizielles Pressebild

ALBUM
Superbloom
Künstler: Silent Planet

Erscheinungsdatum: 03.11.2023
Genre: ,
Label: Solid State Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Lights Off The Lost Coast
  2. Offworlder
  3. Collider
  4. Euphoria
  5. Dreamwalker
  6. Antimatter
  7. :Signal:
  8. Anunnaki
  9. The Overgrowth
  10. Nexus
  11. Reentry
  12. SUPERBLOOM
Silent Planet Superbloom
Silent Planet Superbloom
5.5
FAZIT
Und Du stehst hier oben, die Stiefel schon halb bedeckt vom Staub und versuchst nach all der Zeit noch immer, dieser Darbietung etwas Menschliches abgewinnen zu können. Doch es passiert nur eines, während Du das tust: Die Erde, die man in weiter Ferne im dunklen Schwarz am Rande des Helms gerade noch zu sehen vermag, die wird tatsächlich immer kleiner.