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AlternativeGrungeRock

Kritik: Pierce The Veil - "The Jaws Of Life"

Pierce The Veil waren im Zeitalter der „Warped-Tour“ nicht wegzudenken. Klassiker wie „Bulletproof Love“, „A Match Into Water“ oder „King ...

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Pierce The Veil waren im Zeitalter der „Warped-Tour“ nicht wegzudenken. Klassiker wie „Bulletproof Love“, „A Match Into Water“ oder „King For A Day“ prägten vor zehn Jahren noch die Post-Hardcore Szene. Nach der Veröffentlichung ihres letzten Albums „Misadventures“ im Jahr 2016 und dem nachfolgenden Austritt ihres langjährigen Schlagzeugers Mike Fuentes zog sich die Band aus der Öffentlichkeit zurück. Einen speziellen Grund dafür gab es allerdings nicht.

Während sich das Trio vorerst auf ihr Privatleben konzentrierte, hielten Fans an der Musik von Pierce The Veil fest. So erlangte „King For A Day“ zehn Jahre nach seiner Veröffentlichung Platz 1 in den Billboard „Hard Rock Streaming Charts“. Wie es scheint: Der perfekte Augenblick für ein großes Comeback.

Mit „The Jaws Of Life“ erreicht uns am 10. Februar 2023 das fünfte Studioalbum der einstigen Szene-Rocker. Bekannt war die Band für einen energischen, scheppernden Garagen-Rock. Kombiniert wurden diese mit poppigen Refrains, die theatralische Textzeilen in die Ohren der Hörer pflanzten. Aber wenn wir mal ehrlich sind: Nach sechs Jahren Pause wäre es doch verwunderlich, wenn Pierce The Veil uns wieder zurück ins Teenie-Alter mitnehmen. Nein, die Band ruht sich tatsächlich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit aus.

Pierce The Veil schlagen auf „The Jaws Of Life“ eine neue Richtung ein

Auf Platten von Pierce The Veil findet sich immer eine ausgewogene Mischung aus melodischen Balladen und härteren Liedern, die durch Gitarren-Riffs und Screams geprägt sind. Auch auf „The Jaws Of Life“ entdecken wir dieses Wechselspiel wieder.

„The Death Of An Executioner“ beschreibt all das, was Pierce The Veil einmal waren. Gleichzeitig zeigt uns der Einstieg, in welche Richtung sie gehen werden. In den Strophen sorgen der prägnante Bass und vereinzelte Synthesizer für eine düstere Atmosphäre, während sich im Refrain eine angestaute Energie entlädt. Wie Jaime Preciado in unserem Interview mit verriet, wird der Song aus zwei unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Aus der Sicht des Jägers und des Gejagten. Vor allem die kleinen Spielerein mit Rasseln und Trommeln, lassen einen dann doch an die vertrauten Töne aus den letzten Veröffentlichungen zurückdenken.

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Der Begriff „Mexicore“ findet gerade auf dem Eröffnungstrack ein Revival und nimmt die langjährigen Fans behutsam an die Hand. „Pass The Nirvana“ hingegen markiert als erste Single-Auskopplung vor allem eines: Ein Statement. Mit ihren starken Grunge-Einflüssen zeigt die Single, dass sich Pierce The Veil auf diesem Album von Bands wie The Smashing Pumpkins inspiriert lassen haben. Mit rotzig-frechem Gesang in den Strophen und Scream-lastigen Refrains präsentiert sich die Band von ihrer härteren Seite, verabschiedet sich aber von tragenden Melodien.

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An diesen starken und vor allem harten Einstieg, kommen die restlichen Lieder von „The Jaws Of Life“ allerdings nicht heran. Balladen wie „Emergency Contact“ und „Resilience“ laden dafür mit romantischen Textzeilen zum Träumen ein. Während Bass und E-Gitarre mit ihrem harmonischen Einklang herausstechen, sorgt vor allem Vic Fuentes‘ weinerlicher Gesang für die Authentizität der Lieder. Beide Stücke zeigen Pierce The Veils Stärke für emotionale Musik.

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…die zum Träumen einlädt

Mit ihrem fünften Longplayer kehrt das Trio dem Post-Hardcore und Pop-Punk den Rücken zu. Stattdessen hätte die Alternative-Platte ebenso Ende der 90er Jahre ihr Debüt feiern können. Die Anlehnung an das Jahrzehnt hört man besonders auf dem experimentellen Titeltrack „The Jaws Of Life“ heraus. Aber auch der freche und punkige „Damn The Man, Safe The Empire“ reiht sich in dieses neue Schema ein.

Wie Vic erklärte, steht das Album: „dafür, sich aus dem harten Griff des Lebens zu befreien und wieder das Licht zu sehen und durchzubrechen.“ Diese Bedeutung untermalt der Titeltrack mit seiner theatralischen Melodie bestens und klingt dabei gleichzeitig wie die Filmmusik eines Melodramas. „So Far So Fake“ hingegen sorgt mit seiner Simpelhaftigkeit am Ende für einen echten Ohrwurm. Der Song provoziert dank des prägnanten Bassspiels zudem einen Vergleich mit den Grunge-Legenden von Nirvana. Der verspielte Schluss „Fractures“ schafft mit seiner verträumten, poppigen Art Licht am Horizont und lässt die düstere Atmosphäre, die durch Disharmonieren über die Zeit aufgebaut wurde, verfliegen.

Von schnellen, wilden und chaotischen Liedern müssen wir uns auf „The Jaws Of Life“ verabschieden. Stattdessen werden Bass, Drums und Gitarre geschickt mit Synths, elektonischen Elementen oder charakteristischen Kastagnetten und Rasseln ergänzt und somit erfrischend in den Vordergrund gestellt. Pierce The Veil haben sich weiterentwickelt und ein düsteres, ruhiges Album kreiert, welches eher zum Träumen als zum Headbangen einlädt.

Foto: Pierce The Veil / Offizielles Pressebild

ALBUM
The Jaws Of Life
Künstler: Pierce the Veil

Erscheinungsdatum: 10.02.2023
Genre: , ,
Label: Fearless Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Death Of An Executioner
  2. Pass The Nirvana
  3. Even When I’m Not With You
  4. Emergency Contact
  5. Flawless Execution
  6. The Jaws Of Life
  7. Damn The Man, Save The Empire
  8. Resilience
  9. Irrational Fears (Interlude)
  10. Shared Trauma
  11. So Fake So Fake
  12. 12 Fractures (feat. chloe moriondo)
Pierce The Veil The Jaws Of Life
Pierce The Veil The Jaws Of Life
6.5
FAZIT
Pierce The Veil haben ihren Sound auf „The Jaws Of Life“ weiterentwickelt und sich in ein neues Genre gewagt. Damit sorgen sie für erfrischende Abwechslung. In eine Schublade kann man das Album schwer stecken, denn es bietet sowohl härtere „Core“-Tracks als auch elektronische R’n’B-Balladen. Der Großteil des Albums wird allerdings durch Indie-, Alternative- und Grunge-Einflüsse geprägt. Die kreativen Lieder sind durch starke Textzeilen und Spezialeffekte geprägt. Auch wenn sie dabei alles andere als generisch klingen, fehlt es im Ganzen dennoch an Dynamik. Ein Funken mehr Action hätte dem Album gerade im Mittelteil zu mehr Ausgewogenheit verholfen.