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Review

Alternative Post-Hardcore Rock

Kritik: Militarie Gun- "God Save The Gun"

Eine stimmige Forsetzung.

VON

Dass Militarie Gun auch (oder vielleicht sogar vor allem) während Krisenzeiten zu kreativer Hochform auflaufen, haben sie schon mit ihrem Debütalbum während der Pandemie bewiesen. Mit „God Save The Gun“ serviert die Band nun endlich den heiß ersehnten Nachfolger und beleuchtet Themen wie Depressionen, Ängste und Süchte aus noch dunkleren, intimeren Winkeln.

Anmerkung der Redaktion: Solltest du selbst das Gefühl haben, dass du dich in einer belastenden Situation befindest, dann kontaktiere bitte umgehend die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhältst du anonym Hilfe von Beratern, die mit dir Auswege aus schwierigen Situationen finden und eine tolle Stütze sein können. Danke, dass du es versuchst!

Genre-technisch bleibt es weiterhin vage. Wer die Band plump in die Hardcore-Schublade stecken möchte, macht es sich nicht nur leicht, sondern leugnet auch alle ausgefuchsten Sound-Einflüsse, die Militarie Gun zu Militarie Gun machen. Von Skate-Punk-Feeling in der dynamischen Break-Up-Single „Throw Me Away“ bis hin zu Surf-Punk-Vibes eingebettet in verzerrten Bässen und Gimmicks wie Cowbells in „Maybe I’ll Burn My Life Down“ – an Überraschungen mangelt es keinesfalls.

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Militarie Gun zwischen Blasphemie und inneren Dämonen

Anders als Albumtitel und -Cover vermuten lassen, ist „God save the Gun“ nicht (nur) edgy und provokant, sondern vor allem tiefgründig und persönlich. Inhaltlich setzt sich Sänger Ian Shelton unter anderem erneut mit Themen wie Depressionen, Ängsten und Alkoholsucht auseinander. Der Clou an der Sache: Shelton bemerkte erst nach Fertigstellung der ersten Platte, dass er seinem eigenen Rat folgen sollte. Während er nämlich in „Life Under The Gun“ vor allem seine Kindheit und die Struggles seiner Vertrauenspersonen reflektierte, ist er in „God Save The Gun“ nun selbst Protagonist, was die Platte noch persönlicher macht.

Gerade Themen rund um mentale Gesundheit sind in der Hardcore- und Emo-Szene keine Seltenheit. Shelton hat es sich allerdings zur Aufgabe gemacht, diese Themen unverblümt aufzuarbeiten und ein Zeichen gegen die Romantisierung von Depressionen in Songtexten zu setzen. Am deutlichsten zu hören, gibt es das in „I Won’t Murder Your Friend“. Hier positioniert er sich ganz klar weg von einer klassischen Opferrolle und macht auf die Auswirkungen einer suizidalen Person auf ihr Umfeld aufmerksam.

Dass es in „God Save the Gun” nur so vor religiösen Innuendos wimmelt, ist unbestreitbar. Dennoch steht dabei nicht die kritische Auseinandersetzung mit Religion selbst im Vordergrund. Vielmehr wird sie als Metapher für oder gegen Verantwortungsgefühl, Fremdbestimmung und Scheinheiligkeit genutzt. So ist auf dem Albumcover Shelton als Messias dargestellt, was ironisch ist, da er theoretisch selbst auf die Hilfe eines solchen angewiesen wäre. Die Band zeigt sich damit sowohl sympathisch selbst-ironisch als auch konsum-und kapitalismus-kritisch. Hörbar gemacht wird dies in Tracks wie „God Owes Me Money“ oder auch dem Title-Track „God Saves The Gun“.

Fetter Sound mit kurzen Verschnaufpausen

Wer eher wert auf Sound statt Text legt, wird hier sicherlich ebenfalls fündig. Die Platte ist ein ausgewogener Mix aus höchst energetischen Tracks, preschenden E-Gitarren, epischen Soli sowie reduzierten Stellen mit orchestralen Momenten, die ins Herz treffen. Es darf sowohl gemoshed als auch geweint werden. Manchmal vielleicht sogar beides gleichzeitig.

Die erste Pause von punkigen Vocals und schreddernden Gitarren gibt es mit „Daydream“. Statt fettem Gitarren-Sound und schnellen Drums, gibt es plötzlich Akustikgitarre und sanfte Vocals. Zwar setzten im Laufe des Songs auch Streicher und Drums ein, diese rahmen die ruhige Stimmung des Songs jedoch eher und sorgen für eine passende Spannungskurve. Zeilen wie „Daydream, maybe you show up and i fall apart“ schlagen die Brücke zwischen Lyrik und Sound.

Nach der kurzen Verschnaufpause wird die Energie allerdings wieder komplett aufgedreht. Interessant ist, dass die meisten Tracks dabei total simpel gestaltet sind, aber nicht zuletzt durch die wirklich großartige Arbeit von Produzent Riley MacIntyre total fett klingen.

Das große (kleine) „Aber“

Ab dem bereits erwähnten Track „I Won’t Murder your Friend“ kippt die Stimmung des Albums. Die folgenden Tracks, inklusive des sphärischen Interludes „Isaac’s Song“ klingen deutlich melancholischer als der Rest der Platte. Das macht durchaus Sinn, da eine Erholung nach dem erschütterndem „I Won’t Murder Your Friend“ vermutlich auch eher geschmackslos wäre. Dennoch wäre es dramaturgisch dann vielleicht interessanter gewesen, den Track als „Finale“ zu behandeln, da der Titletrack sound-technisch leider etwas untergeht.

Als zweites Manko muss außerdem die sehr repetitive Songstruktur erwähnt werden. Insbesondere der Aufbau der Bridges/Break-Downs ist dabei leider ziemlich vorhersehbar gestaltet. Da es der Band in anderen Bereichen jedoch nicht an Kreativität mangelt, könnte etwas mehr Experimentierfreude die Platte noch großartiger machen.

Alles in Allem schaffen Militarie Gun mit „God Save The Gun“ einen sehr gelungenen Nachfolger ihres Debüts, welcher trotz kleiner Abstriche sowohl thematisch als auch Sound-technisch konsequent, tiefgründig und stimmig ist.

Foto: Nolan Knight / Offizielles Pressebild

ALBUM
God Save The Gun
Künstler: Militarie Gun

Erscheinungsdatum: 17.10.2025
Genre: , ,
Label: Loma Vista Recordings
Medium: Streaming, CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Pt II
  2. B A D I D E A
  3. Fill Me With Paint
  4. Throw Me Away
  5. God Owes Me Money
  6. Daydream
  7. Maybe I’ll Burn My Life Down
  8. Kick
  9. Laugh At Me
  10. Wake Up And Smile
  11. I Won’t Murder Your Friend
  12. Isaac’s Song
  13. Thought You Were Waving
  14. God Save The Gun
Militarie Gun God Save The Gun
Militarie Gun God Save The Gun
8
FAZIT
Ein so gelungenes Debüt aufs Parkett zu legen, schaffen wohl nur die wenigsten Bands. Das kann natürlich ordentlich Druck hinsichtlich weiterer Releases machen. Das Quintett aus LA lässt sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und legt mit ihrem Nachfolger "God Save The Gun" noch einen obendrauf. Sowohl lyrisch als auch klanglich wird es tiefgründig. Dabei gibt es intime Texte im gewohnten Genre-Wirr-Warr irgendwo zwischen (Post)-Hardcore und Alternative Rock. Fans dürfen sich freuen.