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AlternativeRock

Kritik: Marathonmann - "Maniac"

Hieß ihr vor zwei Jahren erschienenes Unplugged-Album noch „Alles auf Null“, so lautet das Motto bei Marathonmann jetzt Alles Neu. ...

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Hieß ihr vor zwei Jahren erschienenes Unplugged-Album noch „Alles auf Null“, so lautet das Motto bei Marathonmann jetzt Alles Neu. Zumindest dem ersten Anschein nach. Denn für ihr neues und insgesamt schon fünftes Studioalbum „Maniac“ hat sich die Band optisch, aber auch in Sachen Sound in ein neues oder zumindest stark verändertes Gewand geschmissen. Weniger Punkrock, weniger Post-Hardcore. Stattdessen soll es bei den Münchenern jetzt eine Art Renaissance des 80er-Synthiepops geben. Ob das gut geht? Schauen wir uns „Maniac“ doch einmal genauer an.

Marathonmann – Alles anders?

„Maniac“ heißt dann auch gleich der Opener, der recht schnell klar werden lässt, dass nicht alles, aber zumindest einiges bei Marathonmann auf Links gedreht wurde. Die Stimme von Sänger Michi Lettner ist immer noch unverkennbar, aber sie kommt nun deutlich glatter daher. Und auch die Gitarren sind nicht verschwunden, sie müssen sich die Aufmerksamkeit unserer Ohren nur mit einer ganzen Synthie-Wand teilen. Ob das markante „Das ist Wahnsinn“, das Michi Lettner in „Maniac“ gleich mehrfach von sich gibt, auch diesen Veränderungen gewidmet ist?

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Jedenfalls braucht es doch einige Songs, bis man sich an die teils massiven Veränderungen, die „Maniac“ im Vergleich zu früheren Marathonmann-Werken mit sich bringt, gewöhnt hat. Gleichwohl bleibt eines festzuhalten. „Maniac“ ist kein plötzlicher Bruch mit allem, was die Band bisher gemacht hat. Schaut man sich die Entwicklung des Sounds in den letzten Jahren an, so ist das neue Album vielmehr ein konsequenter, wenngleich auch radikaler Schritt in dieser Entwicklung. Radikal, weil beispielsweise das Saxophon in „Auryn“ dann doch überraschend daherkommt.

Die gewohnten Songs in neuem Gewand

Und auch ein Song wie „Diamant“ mit seinen einprägsamen Keyboard-Melodien hätte schon auf jedem Schützenfest in den 80ern funktioniert. Wären da nicht die nach wie vor Marathonmann-typischen Texte und Songstrukturen. So führt uns „Maniac“ vor Augen, wie ähnlich sich Pop, Punkrock, Post-Hardcore und was auch immer letztlich sind. Ist die mantraartige Fokussierung auf ein bestimmtes Genre also Schall und Rauch? Marathomann lassen jedenfalls Vertrautes in einem neuen Gewand erscheinen. Der brecht’sche Verfremdungseffekt lässt grüßen.

Features als nötige i-Tüpfelchen

Doch neben dem großen Ganzen sollen natürlich auch die einzelnen Songs nicht völlig außer Acht gelassen werden. Und da gehört zur Wahrheit, dass neben den bereits erwähnten, äußert eingängigen Songs auch einige Tracks dabei sind, denen der notwendige Spannungsbogen fehlt und die so ohne große Höhepunkte vorbeiziehen. Während der neue Sound zu Beginn des Albums noch aufregend ist, wirken die Synthie-Flächen spätestens ab Mitte des Album irgendwann eher ermüdend als aufputschend. Vielleicht wäre hier oder da auch weniger mehr gewesen.

Zum Glück gibt es dann aber doch noch das ein oder andere Highlight. So verhilft Lana von KOCHKRAFT DURCH KMA dem Song „Alone In The Dark“ dazu, etwas Besonderes zu werden. Auf „Tie Fighter“ ist es dann der Gastauftritt von Maffai, der den Song gegenüber den anderen auf „Maniac“ hervorhebt.

Ein starkes Finale

Es sollte allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass es Marathonmann gerade im letzten Albumdrittel auch noch einmal gelingt, ohne fremde Hilfe Songs abzuliefern, die das Zeug haben, sich schnell im Gehörgang einzunisten. „Haze“ ist der typische ruhige Marathonmann-Song, der das Zeug mitbringt, live zu einer besonders stimmungsvollen Nummer zu werden. Vor einigen Jahren hätte selbstverständlich noch eine clean gespielte Gitarre Sänger Michi begleitet. Ob man der Gitarre nun hinterhertrauert oder sich auf den neuen Sound einlässt? Auch das ist wie immer Geschmacksache. Über jeden Zweifel erhaben dürfte aber „Out Run“, das als Schlusslicht des Albums noch einmal richtig Fahrt aufnimmt. Wer sich also von zu viel Synthie-Pop hatte einlullen lassen, wird spätestens hier aufwachen.

Und dann? Dann sollte man „Maniac“ einfach noch ein paar Runden durchhören, bevor man sich ein Urteil bildet. Ja, es ist anders und ja, es muss nicht alles gefallen. Aber Marathonmann haben sich schon allein dafür Respekt verdient, dass sie diesen Schritt gegangen sind. Immer nur dasselbe machen ist bekanntlich auch langweilig. Und guten Songs ist es ohnehin egal, ob sie auf der Gitarre oder dem Synthesizer gespielt werden.

Foto: Marathonmann / Offizielles Pressebild

ALBUM
Maniac
Künstler: Marathonmann

Erscheinungsdatum: 19.05.2023
Genre: ,
Label: Redfield Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Maniac
  2. Feuer
  3. Auryn
  4. Diamant
  5. 1985
  6. Einraumleben
  7. Du bist die Nacht
  8. Clock Tower
  9. Alone in the Dark (mit Lana von KOCHKRAFT DURCH KMA)
  10. Tie Fighter (mit Mike von MAFFAI)
  11. Haze
  12. Almanach
  13. The Void
  14. Out Run
Marathonmann
Marathonmann
7
FAZIT
„Maniac“ – Wahnsinnig ist vor allem der Schritt, den Marathonmann auf Album Nr. 5 gehen. Vom gitarrenlastigen Post-Hardcore früherer Tage ist jedenfalls wenig geblieben. Das mag man bedauern. Doch allein das Wagnis, sich nicht auf den Lorbeeren vergangener Zeiten auszuruhen, sondern das Rad weiterzudrehen, macht Marathonmann nach wie vor zu einer äußerst interessanten Band. Und „Maniac“ zu einem äußerst interessanten Album. Einfach mal ausprobieren und auf sich wirken lassen.