Review

Death Metal

Kritik: Hypocrisy - "Worship"

Nach acht Jahren ohne neues Material meldet sich Peter Tägtgren endlich mit seinem Hauptprojekt Hypocrisy zurück. Der Longplayer hört auf ...

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Nach acht Jahren ohne neues Material meldet sich Peter Tägtgren endlich mit seinem Hauptprojekt Hypocrisy zurück. Der Longplayer hört auf den Titel „Worship“ und ist das 13. Album der schwedischen Formation. Darauf zu finden: Elf brandneue Tracks, die beweisen, dass handgemachter Death Metal aus dem Hause Tägtgren niemals alt wird.

Zu Beginn des Jahres ließ die Hauptgruppe von Multiinstrumentalist, Produzent und Sänger Peter Tägtgren uns wissen, dass da was neues im Anflug ist. Acht Jahre mussten die Fans der Band darauf warten. Hypocrisy veröffentlichten zuletzt 2013 “The End Of Disclosure”, danach war Tägtgren stärker in andere musikalische Projekte eingebunden wie Pain und Lindemann.

Scheinbar bot die Trennung vom Rammstein-Frontmann Till Lindemann beim gleichnamigen Nebenprojekt ihm aber den nötigen Freiraum, sich wieder alleine in seinem Studio in Pärlby einzuschließen und das zu tun, was ein Peter Tägtgren halt so tut – Arbeiten, arbeiten, arbeiten. 


Und dabei ist so einiges bei rum gekommen: Zwei neue Songs brachte Peter mit Solo-Projekt Pain an den Start, ein neues Album mit Hypocrisy, das auf den verheißungsvollen Titel “Worship” hört und am 26. November erscheint. Und wie der Artist uns im Interview verriet. arbeitete er diesmal nicht ganz alleine… Alles weitere lest ihr im Folgenden, also bleibt dran.

Swedish fucking Death Metal is back!

Mit den ersten drei Tracks steigen wir schon mal stark ins Album ein. Sanfte aber disharmonische E-Gitarrenklänge läuten den ersten Song ein. Der Titelgebende Track “Worship” erzählt uns von der Ankunft der Aliens und läutet damit auch irgendwie das neue Hypocrisy-Zeitalter ein. Tiefes Growling, düstere Gitarrenriffs, treibendes Schlagzeugspiel. Der skandinavische Death Metal-Tägtgren-Sound ist einzigartig, zeitlos, brutal. Aber absolut in den 2020ern angekommen.

Mit der bereits ausgekoppelten Nummer “Chemical Whore” trifft die Kombo den Nagel auf den Kopf: Ein schwerfälliger, aber melodischer Track mit Ohrwurmcharakter, der die gegenwärtige Problematik unseres Pillenkonsums verschwörerisch aufarbeitet. Hämmernder Sound, tiefes Growling eskalieren gemeinsam und laden zum Headbanging ein.

“Greedy Bastards” ist seinem Vorgänger ähnlich, klingt aber disharmonischer, weniger melodisch und episch, fieser. Nicht zuletzt durch mehr zusätzliche hohe Screams. Thematisch befasst es sich mit korrupten Politikern – immer ein gutes Thema für ein Album voller Verschwörungsmythen.

Wie der Vater so der Sohn – Sebastian Tägtgren

Aber ganz allein hat Genie Peter Tägtgren diesmal nicht an diesem Album gearbeitet: Bei dem Track “Dead World” und auch bei Parts aus “Brotherhood Of The Serpent” war ihm niemand Geringeres behilflich als sein Sohn Sebastian: 


“Wir hatten da 2017 ein Death Metal-Projekt was leider nie das Licht der Welt erblickte. […] Es ist schön zu sehen, wie diese Lieder das Licht der Welt erblicken und ich denke, wir haben die zwei besten Songs von diesem Musikprojekt rausgepickt. Also bin ich mir sicher, dass er happy ist.”

Und die Tracks können sich auch wirklich hören lassen. “Dead World” ist bewegender Death-Metal direct in your face und ballert ordentlich. Mit hämmerndem Tempo, Mid-Range-Growling und passend platzierten Screaming. Ein richtig gutes Stück.

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In “We’re The Walking Dead” geht es um die desaströse Natur des Menschen und die Zerstörung der Umwelt. Menschliche Abgründe begeistern Tägtgren:

„The Walking Dead“ beschäftigt sich mit der Umwelt und dass wir nur auf den sauren Regen warten müssen, der bald über uns hereinbricht. Wir sind einfach viel zu gut darin, alles um uns herum zu zerstören. Die menschliche Natur ist desaströs. Ich habe viele Texte, die sich damit beschäftigen.”

Der Track zeichnet sofort Bilder im Kopf. Die Musik klingt sowohl hoffnungsvoll-dramatisch als auch destruktiv. “We’re The Walking Dead” hat ein slowes Tempo was ihm zu seiner Epik verhilft.

Von Aliens und Pharma-Verschwörungen

“Children Of The Gray” zeigt wieder neue Variationen von Tägtgrens Scream-Range auf. Er selbst sagt zur Thematik “It is exactly what it is about.” Der Track erschien bereits vor mehreren Wochen mit einem schönen kleinen animierten Video, dass wir euch folgend zum reinschauen bereit gestellt haben:

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“Another Day” ist ein echter Haudrauf-Track für Morgenmuffel und Leute die zweimal hintereinander geblitzt werden. Kurz und prägnant fluchen wir hier einmal auf alles, was uns der Tag so bringt.

“They will arrive” startet schon mal mit einer spannenden gutturalen Geräuschkulisse zu Beginn und einem sehr abgerundet klingenden redundanten orchestrierenden Moment. Allerdings hört man auch hier wieder – Tägtgren hat in seinen 20 Jahren Musikmachen zwar schon einiges an Gesangstyles gelernt – aber an die richtig langen monotonen Schreie traut er sich nicht heran.

“Bug In The Net” beschäftigt sich mit der Entführung des Hill-Ehepaars anno 1961. Sie beschrieben wohl selbst, sie haben sich wie “die Fliegen im Netz gefühlt”. Tägtgren beschäftigt sich gerne und häufig mit Verschwörungen und extraterrestrischen Thematiken, weshalb Hypocrisy sich auch einen Namen als “Alien-Band” gemacht hat. Ihr vielleicht bekanntester Hit ist “Roswell’47” der sich mit einem berühmten UFO-Absturz befasst.

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So funktioniert das Album auch wieder als thematisches Gesamtkunstwerk – die zunehmend bedrohlichen Schattenseiten der Menschheit und die erlösende Übernahme der Welt durch außerirdisches Leben. Unabhängig davon ist “Bug In The Net” aber auch musikalisch ein episch-dynamisch-melodischer Brecher und vielleicht mit “Chemical Whore” und “Dead World” einer der besten Tracks der Platte. “Goods Of The Underground” bildet den doomig-deathigen Abschluss eines erfolgreichen Albums.

Foto: Hypocrisy / Offizielles Pressebild

ALBUM
Worship
Künstler: Hypocrisy

Erscheinungsdatum: 26.11.2021
Genre:
Label: Nuclear Blast Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Worship
  2. Chemical Whore
  3. Greedy Bastards
  4. Dead World
  5. We're the Walking Dead
  6. Brotherhood of the Serpent
  7. Children Of The Gray
  8. Another Day
  9. They Will Arrive
  10. Bug in the Net
  11. Gods of the Underground
Hypocrisy Worship
Hypocrisy Worship
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FAZIT
The UFO has landed! Die tiefen Growls sind zurück und der Tägtgren-Clan holt Hypocrisy erfolgreich ins nächste Jahrzehnt. Ein echtes Death Metal-Brett. Jeder Track steht thematisch sowohl lyrisch als auch musikalisch für sich. Eine gewisse Abwechslung ist durch verschiedene Gesangstyle, Tempi und E-Gitarreneinsätze vorhanden. Düster und verschwörerisch bildet es durch seine Epik und Dramatik ein Gesamtkunstwerk, das funktioniert und sowohl Spaß macht, als auch andächtig ist.