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AlternativeRock

Kritik: Highly Suspect - "The Midnight Demon Club"

Wer sind eigentlich die großen Stars des modernen Alternative Rocks? Wer steht an der Stelle, wo in den 2000ern noch ...

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Wer sind eigentlich die großen Stars des modernen Alternative Rocks? Wer steht an der Stelle, wo in den 2000ern noch Acts wie Billy Talent, Thirty Seconds to Mars oder die Foo Fighters standen? Zum Einen gäbe es da sicherlich Nothing But Thieves; im Hintergrund bahnt sich aber hoffentlich auch endlich der Aufstieg von talentierten Bands wie Boston Manor an. Irgendwo dazwischen finden sich wahrscheinlich die aus Massachusetts stammenden Highly Suspect wieder, die mit ihrem frischen Sound seit nunmehr sieben Jahren die Szene aufwühlen. Gefühlt schweben sie dabei aber immer noch etwas unter dem Radar.

Mit ihrem Doppelpack aus “Mr. Asylum” (2015) und “The Boy Who Died Wolf” (2016) konnten die US-Amerikaner erste Erfolge erzielen. Hits wie “Lydia” oder “My Name Is Human” – die ihren eigenwilligen Mix aus Alternative, Grunge und Hip-Hop sehr gut einfangen – erreichten in den USA sogar Gold-Status. Mit ihrem 2019er-Album “MCID” folgte dann der Wandel hin zu einem experimentelleren Sound, der sich teils gänzlich dem Hip-Hop hingibt. Auch auf Album Nummer 4 wagen Highly Suspect wieder viel und schaffen es zudem auch, das Energielevel wieder höher zu legen. Wo genau man “The Midnight Demon Club” am Ende verorten kann, lässt sich allerdings schwierig festhalten.

Highly Suspect probieren viel aus

Mit “The Sound” startet das Album zunächst grungy und deckt in kürzester Zeit alles ab, was die Band ausmacht. Mit einem großen Chorus, starken Backings und viel Fläche knüpfen Highly Suspect hier fast schon ein Stück weit an den Sound ihres zweiten Albums an. “Natural Born Killer” hat damit definitiv weniger zu tun und erinnert beinahe an einen waschechten Imagine Dragons-Song. Auch wenn man hier natürlich zwangsmäßig das Gefühl haben muss, dass die Band versucht hat, einen radiotauglichen Hit abzuliefern: Dank einer fetten Produktion und einem catchigen Chorus-Riff dürfte der Song wahrscheinlich nur absolute Hasser dieses Sounds abschrecken.

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Gleich nach diesem Einstieg wird eigentlich direkt klar, dass Highly Suspect auf ihrer neuen Platte viel Abwechslung bieten wollen. Auf der einen Seite bekommt man dadurch eine ganze Menge an Songs geliefert, die alle ihre eigenen Qualitäten besitzen. Während das groovige “Ice Cold” mit einem gesunden Foals-Vibe überzeugt, besticht die Ballade “Wild Eyed Son” durch elegant eingesetzte Streicher und der Titeltrack durch ein fantastisches Gitarrensolo. Auf der anderen Seite wirkt die Platte ein wenig undefiniert und scheint an vielen Stellen einfach überladen mit Ideen zu sein, die auch im Mix nicht immer richtig sitzen.

Viel Licht, viel Schatten

Gerade ihre Experimente mit Synth- und Vocalsounds gehen oftmals nach hinten los und hinterlassen auf der Platte die ein oder andere chaotische Stelle. Vor allem in “Caught On Fire” und “Need To Say” kommt der Gesang so stark effektiert daher, dass es den Hörgenuss trotz der gut geschriebenen Refrains sehr schmälert. In “Love Like This” sind es vor allem die Synths, die für Matsch sorgen. Auch im eigentlich recht vibigen “New California” lenkt der an sich gut klingende 80s-Synthsound gelegentlich vom Hauptgeschehen ab. Wirklich problematisch wird es aber dann schlussendlich doch bei der wechselhaften Qualität der Songs an sich.

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Eins der größten Sorgenkinder bildet dabei die Vorab-Single “Pink Lullabye”, die gleich als Sinnbild für die Vollgestopftheit der Platte herhalten kann. Denn wo Sirenensounds, Gelächter und nervtötend-aufdringliches Gebrüll aufeinandertreffen, kann wirklich nichts Gutes entstehen. Härte ist an dieser Stelle definitiv nicht alles. Das ist jedoch nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns noch im Cringe-Highlight “Cool Kids” erwartet. Als wären die platte Hook und die nervigen Dissonanzen nicht schon genug, kommt Sänger Johnny Stevens noch mit einer Motivational Speech um die Ecke, bei der sich die Nackenhaare aufstellen.

Ein paar Schritte zu viel?

Glücklicherweise fangen sich Highly Suspect gegen Ende noch und können vor allem mit dem epischen Closer “Evangeline” ein letztes Ausrufezeichen setzen. Es ist definitiv nicht alles schlecht an “The Midnight Demon Club”. Leider dreht sich das Trio am Ende selbst einen Strick daraus, auf Biegen und Brechen zu den Innovativsten und Frischesten im Genre gehören zu wollen. Zwei Songs weniger, ein paar Sounds weniger, etwas mehr Definition im Mix – und schon hätte das Ganze vielleicht anders ausgesehen. So schießen die US-Amerikaner mit Album Nummer 4 aber leider letztendlich übers Ziel hinaus.

Foto: Jimmy Fontaine / Offizielles Pressebild

ALBUM
The Midnight Demon Club
Künstler: Highly Suspect

Erscheinungsdatum: 09.09.2022
Genre:
Label: Roadrunner Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. The Sound
  2. Natural Born Killer
  3. Ice Cold
  4. Midnight Demon Club
  5. Caught On Fire
  6. Wild Eyed Son
  7. Pink Lullabye
  8. New California
  9. Need To Say
  10. Cool Kids
  11. Love Like This
  12. Evangeline
Highly Suspect
Highly Suspect
5.5
FAZIT
Mit ihrem vierten Album “The Midnight Demon Club” liefern Highly Suspect ein grundlegend solides Album ab, mit dem sie ihren Status als wichtige Vertreter des modernen Alternative Rocks verfestigen wollen. Leider übernehmen sie sich dabei ein ganzes Stück und schwanken in der Songwriting- und Produktionsqualität. Schlussendlich hat die Platte Probleme dabei, ein klares Statement zu repräsentieren und wirkt trotz vieler starker Momente ein wenig überladen und undefiniert.