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Kritik: Higher Power - "27 Miles Underwater"

Drei Jahre ist es nun her, dass Higher Power mit ihrem Debütalbum „Soul Structure“ die Musiklandschaft aufmischten. Die britische Band ...

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Drei Jahre ist es nun her, dass Higher Power mit ihrem Debütalbum „Soul Structure“ die Musiklandschaft aufmischten. Die britische Band aus Leeds sagte mal in einem Interview, ihre Musik besitze einen „sound no one else was trying“. Nun folgt mit „27 Miles Underwater“ der zweite Longplayer und die Musik wirkt ein bisschen so, wie man sich gefühlt hat, als man in die Pubertät kam: Man weiß nicht so richtig, wo hin mit sich.

Was nicht an den Tracks per se liegt, sondern eher an der Gesamtheit. Während „Soul Structure“ schon recht wild durch die Genrelandschaft sprang, setzen Higher Power hier nochmal einen drauf. Das hier wird nun auch keine Rezension, bei der jeder Song einzeln betrachtet und auseinandergenommen wird, denn das würde der Platte gar nicht gerecht werden. Aber fangen wir doch mal von vorne an…

Higher Power spielen auf „27 Miles Underwater“ mit verschiedenen Stilen

Als erste Single-Auskopplung bekamen wir im Frühherbst vergangenen Jahres den Eröffnungstrack „Seamless“ um die Ohren gehauen. Keine schlechte Wahl für die erste Auskopplung aus dem neuen Album, denn der Track wirkt in gewisser Weise wie eine „Weiterentwicklung“ des ersten Albums. In diesem Song hören wir die Hardcore-Wurzeln und den leichten Einschlag des Grunge, mit dem die Band um Sänger Jimmy Wizard (heißt der Mann eigentlich wirklich so?!) auch schon auf der ersten Platte spielten.

Der Track ist eigentlich bezeichnend für die Stimmung auf dem ganzen Album: Hat man sich gerade an den einen Sound gewöhnt, sieht man sich eine Sekunde später schon mit der nächsten Richtung konfrontiert. Während „Seamless“ in den Strophen nämlich ordentlich nach vorne geht, wird beim Refrain mal kurz die Handbremse angezogen. Wäre es jetzt glatt, wären wir schön um die Ecke gedriftet und plötzlich in eine ganz andere Richtung weitergefahren.

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Die Richtung behalten wir dann auch gleich bei, denn dem doch recht Hardcore-lastigen Song wie „Seamless“ oder dem artverwandt-punkigen „Passenger“ stehen dann auf der anderen Straßenseite Tracks wie „Shedding Skin“, „Low Season“ sowie „King Of My Domain“ gegenüber. Hier backen sich Higher Power einen leckeren Crossover-Kuchen mit Elementen aus (Nu-)Metal und Hip-Hop/Rap.

Immer wieder bezeichnend für Parallelen zum Crossover der späten 1990er und frühen 2000er ist der Gesang von Jimmy Wizard. Melancholisch und rau gibt er die Lyrics zum Teil im Stil von Deftones-Frontmann Chino Moreno wieder. Nicht nur das tut sein Übriges, sich hier ein bisschen in die Zeit des (kommerziellen) Crossover-Booms zurückversetzt zu fühlen.

Auch etwas ruhiger können die Jungs aus Leeds aber, wie zum Beispiel auf „In The Meantime“ oder dem melodischen „Rewire 101“.

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Unterm Strich ist das „Problem“ auf „27 Miles Underwater“ aber das altbekannte: Zu viele Köche verderben den Brei. Das hat nichts damit zu tun, dass die Bandmitglieder an sich „zu viele“ sind, denn sie machen alle ihr Ding und das auch sehr gut aufeinander abgestimmt. Wenn man sich jedoch von einem auf den nächsten Song jedes Mal wieder mit einer neuen Musikrichtung anfreunden soll, dann wird es anstrengend; man verliert den Faden und somit die Lust.

Aus diesem Grund soll und darf man die elf Tracks des Longplayers nicht im Einzelnen und getrennt voneinander betrachten. In sich wirkt es, als wollten Higher Power eine kleine Revolte lostreten. Nicht im politischen oder gesellschaftlichen Sinn (wobei die Texte hieran natürlich angelehnt sind), sondern eher in musikalischer Weise.

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Und das macht die Jungs und auch das ganze Album auch wieder sympathisch. „Druff g‘schisse“, sagt man in Hessen und damit sind an dieser Stelle Genregrenzen gemeint. Seit der Release von „27 Miles Underwater“ stehen Higher Power bei Roadrunner Records unter Vertrag und die scheinen den Jungs bisher recht freie Hand zu lassen.

Es wäre fatal, würden sie das nicht ausnutzen. Wieso in eine Nische stecken lassen? Es gibt immerhin genug Bands, die sich ein und demselben Genre verschrieben haben und das bereits seit Jahren. Ein bisschen mehr klare Linie wäre für den Endverbraucher, also uns als Hörer, jedoch in gewissen Teilen sicherlich schon ganz gut.

 

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L.A. BABYYYYY! SHOUT OUT TO @frankmaddocks CREATOR OF THIS AND OUR ARTWORK FOR ‘27 MILES UNDER WATER’

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Foto: Higher Power / YouTube: „Low Season [OFFICIAL VIDEO]“

ALBUM
27 Miles Underwater
Künstler: Higher Power

Erscheinungsdatum: 24.01.2020
Genre: ,
Label: Roadrunner Records
Medium: CD, Vinyl

Tracklist:
  1. Seamless
  2. Shedding Skin
  3. Lost in Static
  4. Rewire (101)
  5. Low Season
  6. Passenger
  7. King of My Domain
  8. In the Meantime
  9. Staring at the Sun
  10. Self-Rendered: Lost
  11. Drag the Line
Higher Power 27 Miles Underwater
Higher Power 27 Miles Underwater
7
FAZIT
Higher Power haben sich auf ihrem neuen Album „27 Miles Underwater“ weiterentwickelt, sind damit allerdings NICHT beständiger geworden. Ganz im Gegenteil. Wer das Debüt „Soul Structure“ schon als „wild“ bezeichnete, der wird nach dieser Platte wohl den verrücktesten Ritt seines Lebens durch die Genres dieser Metal- und Rockgesellschaft erlebt haben. Die Briten haben den Sound ihres ersten Albums genommen und ihn in noch viel mehr Richtungen ausgeweitet. „Vielschichtig“ ist schon kaum mehr ein Ausdruck dafür.

Hardcore, Metal, Crossover, Hip-Hop, Hardrock, Grunge. Auf „27 Miles Underwater“ kommt alles zusammen, was aus den 90er Jahren geblieben ist. Der markante Gesang von Frontmann Jimmy Wizard tut hierbei sein Übriges. In Gänze würden den Songs der Abzug einiger Richtungen gut tun, um einen roten Faden zu finden. Irgendwie machen Higher Power aber auch einfach ihr Ding und das auf so eine sympathische Art und Weise, dass man das alles gar nicht schlecht finden kann. Ein bisschen bleibt zu hoffen, dass sie auf dem nächsten Album ihren Weg gefestigt haben.