
Review
AlternativeRock
Kritik: H.E.R.O. - "Ghost Of You"
Die letzten Prozent.
VON
Markus Seibel
AM 16/02/2025
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Mit der selbst erwählten Stildefinition des modernen Rock wäre ich vorsichtig: Denn H.E.R.O. besitzen nämlich eine gewisse Geschmeidigkeit, die sich für meine Begriffe eher im Pop verortet. Auch das (von Jacob Hansen gemixte) vierte Album lässt hinsichtlich Riffs und Rhythmen die Muskeln spielen – an dem ausrangierten Sound in den Songs erkennt man sofort die eindeutige Handschrift.
kommt jungs, raus aus der komfortzone
Speziell im Gesang gehen die Dänen keine Kompromisse ein und transportieren ihre Texte dem Hörer in die Gehörgänge. Im Chorus werden diese zwar mitunter episch aufgefangen, aber auch die Grooves bemühen überwiegend die knackigen Elemente.
Anno 2025 regiert die Moderne in der Produktion, die Riffs und Rhythmen sind klassisch, aber vergleichsweise harmlos im Mitklatschtempo angesiedelt. Bastille, Sherlock Brothers, Muse – all das sind Namen, die einem beim Hören von „Ghost Of You“ durchs Hirn sausen. Shaman’s Harves eher weniger. Diese Scheibe hat ihre Momente speziell dann, wenn Christophorus Stjerne das Kratzige in der Stimme durchs Mikro pustet und das Ganze schön „catchy“ klingt. Aber im Prinzip handelt es sich um eine Hochglanzproduktion ohne die ganz große Rock-Seele. So wird das nichts mit dem Umsturz.
Konzeptionell ganz klar nichts Neues – Persönliche Krisen können eben nicht komplett neu erfunden werden. Die Kunst liegt darin, kompositorisch das passende Gewand zu finden, was den Kopenhagener mit „Ghost Of You“ recht gut gelungen ist. Luft nach oben ist aber bekanntlich immer, daher gilt hier: ruhig etwas mehr Mut beim Verlassen der Komfortzone.
So können „Goddess“, „The Middle“ und Co. mit starken Leads, guten Hooks und groovenden Midtempo- wie verschiedene Synth-Klänge sicher einige Genrefans anlocken. Wer allerdings Titel erwartet, die überraschen, sollte sich anderweitig umsehen, denn H.E.R.O. machen auch auf ihrem vierten Werk in Albumlänge lediglich Dienst nach Vorschrift.
Wer auf Anhieb weiß, um wen es sich bei dem Trio handelt, sollte bei der Interpretation keine Probleme haben. Ähnlich prätentiös geht es musikalisch ab. Dass die Musik in die Schublade für Pop-Rock gesteckt werden soll, liegt vermutlich an den zahlreichen Einflüssen und Synthtönen im Niemandsland zwischen den bereits genannten Szenengrößen – deren eigene Zugehörigkeit zu dem populären Genre aber durchaus diskutabel ist.
der alternative von h.e.r.o. bleibt oft auf der strecke
Alternativ muss man aufpassen, dass man nicht direkt das komplette Album verschläft. Immerhin wird innerhalb der ersten zwei Tracks klar, dass man für eine ähnliche Atmosphäre und eine vergleichbar gleichgültige Stimme, aber dafür mehr Zeit für die Songs, sich zu entfalten, auch auf oben genannte Interpreten zurückgreifen kann, definitiv, vielleicht.
Interessant wird es aber dann, wenn in H.E.R.O. die Alternative-Einflüsse durchbrechen und sich die Riffs abseits der gewohnten Kost bedienen. Im Vergleich dazu verpuffen die Höhepunkte leider ein wenig. Selbst nach mehreren Durchläufen hatten sich nur wenige Songs nachhaltig im Kopf festgebissen. Das mag auch daran liegen, dass sich die grundlegenden Skizzen zu sehr gleichen.
Wenn sich die Dänen künftig noch mehr trauen, außerhalb der Komfortzone zu denken, könnte das Endergebnis in weitaus höheren Punkteregionen enden. Schade eigentlich – denn da wäre für „Ghost Of You“ definitiv mehr drin gewesen.
Foto: Jakob Harris / Offizielles Pressebild
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