Review

HardcoreMetalcore

Kritik: Gideon - More Power. More Pain.

Gideon waren erst Anfang des Jahres als Support auf der Tour von The Amity Affliction bei uns zu Gast. Seinerzeit ...

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Gideon waren erst Anfang des Jahres als Support auf der Tour von The Amity Affliction bei uns zu Gast. Seinerzeit hat uns die Band mit dem Song „MORE POWER. MORE PAIN.“ schon den ersten Vorboten ihres gleichnamigen Albums, das jetzt via Rude Records/EVR erschienen ist, präsentiert. Die Reaktion des Publikums auf den ersten Song des neuen Albums waren in jedem Fall äußerst wohlwollend. Ob das an den unbestrittenen Live-Qualitäten der Band um Sänger Daniel McWhorter liegt? Wir werden sehen.

Drückende Rhythmik statt bpm-Rekorde

Die Band aus Alabama startet mit der ihr seit der Bandgründung vor 15 Jahren innewohnenden Energie. Typischerweise geht es aber bei Gideon weniger um möglichst viele bpm als um die schwere und drückende Rhythmik, die vom Gesang perfekt in Szene gesetzt wird. Was direkt positiv auffällt: Die Band schafft es auf MORE POWER.MORE PAIN. einen Sound zu kreieren, der zwar ausreichend brachial ist und die für diese Musik notwendige Dynamik mitbringt, aber dennoch ein überraschend authentisches Live-Gefühl vermittelt. Angesichts des Trends, den Studiosound immer klinischer zu gestalten, sind Gideon hier ein gutes Gegengewicht.

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Gideon: Durch Corona ausgebremst

Apropos Gewicht: Offensichtlich hat sich einiges angestaut bei der Band, die den touring cycle für das 2019er-Album Out Of Control pandemie-bedingt abrupt abbrechen musste. Und weil Gideon zu den Bands gehört, die einerseits groß genug sind, um von der Musik leben zu können und andererseits zu klein sind, um eine lange Zeit ohne Shows auszukommen, hätte die Pandemie auch das Ende der Band bedeuten können. Hat sie aber nicht – und wenn man sich MORE POWER.MORE PAIN. zu Gemüte führt, kann man nur froh darüber sein.

Gideon sind in den letzten Jahren zwar älter, aber keineswegs müde oder gar altersmilde geworden. So sieht es die Band auch selbst. Schlagzeuger Jake Smelley betont, dass MORE POWER.MORE PAIN ein Album für die Falschverstandenen, die Träumer und die Gebrochenen sei. Und zu denen gehört nach seiner Ansicht auch die Band selbst. Man habe hart dafür gekämpft, dort zu sein, wo man sich jetzt mit Album Nr.6 befände.

MORE POWER. MORE PAIN. Antipathie und Wut

Nun ja, das mag für die ein oder den anderen vermutlich etwas zu viel Pathos, etwas zu viel hardcore attitude sein. Aber Gideon bringen diese Antipathie und Wut auf MORE POWER. MORE PAIN. auch musikalisch so überzeugend und authentisch rüber, dass es einem leicht fällt, der Band die bedeutungsschweren Worte abzunehmen. Viel wichtiger als die großen Worte sind aber immer noch die Töne. Das sieht auch die Band so und serviert uns auf MORE POWER. MORE PAIN. gleich 14 neue Songs.

Tatsächlich muss man zu Beginn des Albums Angst haben, dass es ein wenig zu eintönig zugehen wird. Diese Angst wird einem aber nach wenigen Songs genommen. So ist schon der bereits erwähnte Titeltrack dank seiner Eingängigkeit ein absolutes Highlight des Albums. Wahrscheinlich noch ein weniger eingängiger und wuchtiger ist sogar der folgenden Track „Take Off“. Und auch ein Song wie „If You Love Me, Let Me Go“ kann dann durch die überraschende, aber passende Melodiegitarre Eindruck schinden. In Sachen Gitarrenarbeit kann auch „I Will Carry You“ kurz vor Ende noch einmal überzeugen.

Es sind eben diese mehr oder wenige kleinen Akzente, die Gideon auf MORE POWER. MORE PAIN. immer wieder setzen und so das Album zu keinem Zeitpunkt übertrieben eintönig werden lässt. Während man in der erste Albumhälfte also die eher klassischen, nur so vor Wut schäumenden Tracks findet, geht es in der zweiten Hälfte etwas experimentierfreudiger zu. Letzteres natürlich auch überschaubarem Niveau, aber doch so, dass MORE POWER. MORE PAIN. sich nicht nur dazu eignet, Druck abzulassen, sondern auch dazu, sich musikalisch interessanten Hardcore zu Gemüte zu führen.

Foto: Alex Bemis / Offizielles Pressebild

ALBUM
MORE POWER. MORE PAIN.
Künstler: Gideon

Erscheinungsdatum: 17.03.2023
Genre: , ,
Label: Rude Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Hell For A Man
  2. Locked Out For Heaven
  3. Push It Back
  4. Too Much Is Never Enough
  5. MORE POWER. MORE PAIN.
  6. Take Off
  7. Damned If I Do (Damned If I Don’t)
  8. If You Love Me, Let Me Go
  9. Off The Rails
  10. The Final Nail
  11. Midnight Nails
  12. I Will Carry You
  13. Back 2 Basics
  14. Let Er Fly
Gideon MORE POWER. MORE PAIN.
Gideon MORE POWER. MORE PAIN.
7
FAZIT
All das, was sich im Laufe der letzten Jahre bei Gideon angestaut hat, packt die Band auf "More Power. More Pain". Der Titel erscheint also durchaus passend. Gideon verwandeln ihren Schmerz und ihre Wut vor allem in jede Menge Energie. Dass dabei viel Erwartbares herauskommt – kein Problem. Das Leben steckt ohnehin schon voller Überraschungen.